Mikaela Shiffrin steht in Aspen im Rampenlicht
Von Christoph Geiler
Wer einmal eine richtige und unmissverständliche Kampfansage an die Konkurrenz erleben möchte, der muss nur Mikaela Shiffrin genauer auf die Lippen schauen.
Wenn sie grimmig dreinschaut und den Mund nicht mehr aufkriegt, dann hat das nichts zu sagen und fällt in die Kategorie "falscher Alarm". Aber wehe, Mikaela Shiffrin strahlt über das ganze Gesicht und steht mit einem Grinsen am Start. Dann ist mit der 20-Jährigen wahrlich nicht zu spaßen. "Nur wenn ich es genieße, bin ich auch wirklich schnell. Ich fahre am liebsten mit einem Lächeln im Gesicht", sagt Shiffrin, die in ihrer jungen Karriere praktisch mit einem Dauergrinsen unterwegs ist. Wer darf sich in diesem Alter auch schon Olympiasiegerin, Doppelweltmeisterin (jeweils im Slalom) und dreifache Slalom-Gesamtweltcupsiegerin nennen?
Im Fokus
Es verwundert deshalb nicht, dass der Jungstar nun beim Heimweltcup in Aspen, wo am Freitag ein Riesentorlauf auf dem Programm steht (18 und 21 Uhr MEZ, live ORFeins) im Mittelpunkt steht und selbst der großen Lindsey Vonn bei ihrer Rückkehr die Show stiehlt.
Zumal Shiffrin, die beim ersten Riesentorlauf in Sölden Zweite wurde, nach der Knieverletzung von Anna Fenninger und der Auszeit von Tina Maze nun zu den heißesten Anwärterinnen auf die große Kristallkugel zählt. Zwar übt sich die Amerikanerin bereits seit geraumer Zeit im Tiefstapeln und schiebt die Favoritenrolle von sich, doch man nimmt es Shiffrin mittlerweile nicht mehr ab, wenn sie sagt: "Der Gesamtweltcup ist derzeit mehr ein Traum. Ich fokussiere mich auf den Gewinn der kleinen Kugeln im Slalom und Riesentorlauf."
Im Trend
Kommende Woche wird sich Shiffrin freilich auch im Super-G von Lake Louise versuchen, und wenn man den Beobachtern des US-Skiteams Glauben schenken darf, dann schlummert in der 20-Jährigen auch in den Speed-Bewerben großes Potenzial. "Mit Super-G und den Kombis kann ich sicher einige Hundert Punkte mehr machen", rechnet sich auch Shiffrin selbst einiges aus.
Trotzdem übt sich der erfolgsverwöhnte Jungstar in Vorsicht und Demut. "Ich darf nie vergessen, dass da draußen auch so viele junge und sogar noch jüngere und sauschnelle Mädchen sind, die vor allem mich schlagen wollen. Ich tu’ deshalb weiter so, als ob ich zurückliegen würde und aufholen müsste."
Im Aufschwung
Aufholbedarf – das haben derzeit die österreichischen Damen, die beim Saison-Auftakt in Sölden hinter den Erwartungen blieben und mit Eva-Maria Brem (Achte) nur eine Läuferin in die Top 15 brachten. "Ich habe im Training wichtige Schritte gemacht", versichert Brem, die mit einem positiven Gefühl nach Aspen gereist ist. Vor einem Jahr feierte die 27-Jährige auf diesem Hang ihren bisher einzigen Sieg.
ÖSV-Damen-Chef Jürgen Kriechbaum ist sich darüber im Klaren, dass nach dem Ausfall von Fenninger der ganze Druck auf Brem lastet. "Wenn ein, zwei Spitzenläuferinnen von uns einen schlechten Tag haben, stehen wir derzeit wahrscheinlich mit wenig Punkten da."
Im Hintertreffen
Solche Probleme kennen sie bei den ÖSV-Abfahrern nicht. Keine andere Nation ist mit so vielen Läufern in den Top 30 vertreten, doch die Vorfreude auf die ersten Speedrennen in Lake Louise (Samstag und Sonntag) ist noch nicht allzu groß: Im zweiten Training war der Norweger Kjetil Jansrud der Schnellste, zwar konnten Max Franz (Dritter) und Matthias Mayer (Vierter) mithalten – doch der Rest kam erneut nicht auf Touren, so war Patrick Schweiger als 21. der Drittbeste im rot-weiß-roten Bunde.
Auch so kann eine Kampfansage aussehen.