Schlierenzauer wurde zum Pechvogel
Das Glück ist ein Vogerl. Im Fall von Gregor Schlierenzauer ein ordentlicher Pechvogel. Freitag und Samstag war er zur Untätigkeit verurteilt gewesen. Sonntag war ihm ein Mal der Wind nicht hold, ein ander Mal beendete ein Reißverschluss den emotionalen Höhenflug des Tourneesiegers.
"Viele sagen, dass ich beim Fliegen der große Favorit bin. Ich weiß, dass ich im Flug einer der Besten bin, aber das ist keine Garantie auf den Sieg", hatte er vor dem schlussendlich verkorksten Wochenende in Bad Mitterndorf gemeint. "Es ist auch für mich nicht so, dass ich mir einfach den Sieg abholen kann", hatte er hinzugefügt.
Abwind
Und die Ereignisse am Sonntag gaben ihm Recht. Dabei hätte er wie alle anderen Athleten die Chance gehabt, gleich zwei Siege an einem Tag einzuheimsen. Der erste Bewerb wurde mit nur einem Flug entschieden, bei schlechten Bedingungen musste er aber bei 184,5 Metern landen und wurde Siebenter.
Mit etwas Wut im Bauch ging er nur zwei Stunden später in den zweiten Bewerb. Da machte er eine Ankündigung wahr. Kurz nach der Ankunft im Teamhotel am Donnerstag hatte er bei einem Journalisten einen ÖFB-Block erkannt. "Willst wissen, wie wir spielen?", hatte er gefragt. "Offensiv oder defensiv?", war die Gegenfrage gewesen. "Auf Angriff", hatte der 22-Jährige mit einem breiten Lächeln verkündet.
Schlierenzauer griff also an und lag mit 201,5 Metern hinter dem Japaner Ito auf Rang zwei. Damit war für den Überflieger sein 39. Weltcupsieg in Griffweite. Doch kurz bevor er so richtig anpacken konnte, riss ihn ein kaputter Reißverschluss aus allen Siegesträumen.
"Ich haben meinen Sprunganzug geschlossen und gleich gemerkt, dass sich da etwas gelöst hat", erklärte er. Sein Hochgefühl ging nahtlos über in Frust. Hektisch versuchten die Betreuer mit Sicherheitsnadeln das Malheur beim Anzug zu beheben, klebten eine Länge Tapeband darüber. Schlierenzauer ließ sich dadurch nicht aus der Konzentration bringen, flog 186 Meter und damit an die Spitze des Klassements. Er griff sich im Auslauf an die geflickte Brust, das Tape hatte sich im Flug gelöst, und verschwand sofort in den Container der Materialkontrolle. Währenddessen schaffte es Daiki Ito nicht, den Tiroler zu überholen.
Nur kurz prangte der Name Schlierenzauer auf der Spitze des Endklassements. Hans Gratzer, Österreicher und oberster Kontrolleur, funkte an die Jury: Der Anzug von Schlierenzauer ist regelwidrig, der Athlet sei also zu disqualifizieren. "Das ist eben so, das muss ich akzeptieren", erklärte Schlierenzauer.
Jeder Sprunganzug muss der FIS vorgelegt werden, diese werden auf Luftdurchlässigkeit untersucht und plombiert. Die Anzüge dürfen nicht verändert werden. Und man darf schon gar nicht mit offenem Reißverschluss springen, um einen Balloneffekt und damit Auftrieb zu erreichen.
Abgehakt
"Ein Materialfehler kann passieren", erklärte Schlierenzauer recht locker. Etwas Zähneknirschen hört man am Zusatz heraus: "Er passiert aber sehr selten." Der Anzug kostete ihn auch die Weltcup-Führung, erstmals seit zwei Jahren hätte er das gelbe Trikot überziehen können. Stattdessen musste Schlierenzauer einen Schlussstrich unter den "worst case" ziehen. "Blöd gelaufen, abhaken, weiter machen", sagte er.
Skifliegen am Kulm, Endstand 2. Bewerb
1. | Anders Bardal | NOR | 197,5/183,5 | 364,9 |
2. | Daiki Ito | JPN | 209,0/171,5 | 363,3 |
3. | Kamil Stoch | POL | 191,5/181,5 | 358,2 |
4. | Thomas Morgenstern | AUT | 184,5/180,0 | 349,4 |
5. | Robert Kranjec | SLO | 194,0/166,5 | 348,6 |
6. | Roman Koudelka | CZE | 191,0/186,5 | 347,8 |
7. | Taku Takeuchi | JPN | 191,5/173,5 | 345,2 |
8. | Simon Ammann | SUI | 195,5/171,0 | 345,0 |
9. | Severin Freund | GER | 192,5/173,5 | 342,8 |
10. | Richard Freitag | GER | 201,5/174,0 | 340,5 |
11. | Rune Velta | NOR | 183,0/172,5 | 338,3 |
12. | Johan Remen Evensen | NOR | 208,5/160,5 | 336,3 |
13. | Peter Prevc | SLO | 190,0/170,5 | 335,0 |
14. | Martin Koch | AUT | 205,5/156,5 | 327,9 |
15. | Vegard-Haukö Sklett | NOR | 193,5/154,5 | 325,2 |
16. | Michael Neumayer | GER | 177,5/171,5 | 320,5 |
17. | Maximilian Mechler | GER | 181,5/160,5 | 311,6 |
18. | Wolfgang Loitzl | AUT | 184,5/158,5 | 308,4 |
19. | David Zauner | AUT | 197,5/149,0 | 306,2 |
20. | Andreas Wank | GER | 200,0/151,0 | 302,6 |
21. | Kenneth Gangnes | NOR | 180,0/150,5 | 297,1 |
22. | Piotr Zyla | POL | 182,0/152,0 | 294,5 |
23. | Jure Sinkovec | SLO | 187,5/142,5 | 292,7 |
24. | Anssi Koivuranta | FIN | 182,5/154,0 | 291,8 |
25. | Atle Pedersen Rönsen | NOR | 185,5/140,0 | 290,7 |
26. | Andreas Kofler | AUT | 174,5/154,5 | 287,3 |
27. | Maciej Kot | POL | 176,0/138,0 | 278,9 |
28. | Dimitri Wassiliew | RUS | 175,0/137,0 | 269,0 |
29. | Janne Happonen | FIN | 179,5/107,0 | 240,4 |
Gregor Schlierenzauer (AUT) 201,5m/186m, 381,3 Punkte wurde wegen eines nicht regelkonformen Anzugs im 2. Durchgang disqualifiziert.
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