Sport/Wintersport

ÖSV-Duo verspielt Doppelführung

Um 5.30 Uhr früh rumpelten die ersten Schneepflüge und -fräsen durch Val d’Isère. Um 7 Uhr wurden die ersten Lawinen gesprengt. Da waren die Helfer an der Face de Bellevarde bereits seit Stunden am Werk, um die Spuren des Schneesturms vom Vortag zu beseitigen. Es sollte gelingen – pünktlich um 14 Uhr wurde am Samstag der zweite Slalom der Saison gestartet. Zwar auf leicht verkürzter Strecke, doch die Freude überwog, dass überhaupt gefahren werden konnte.

Nicht zuletzt bei den französischen Gastgebern, die den ersten "echten" Weltcupsieg von Local Hero Alexis Pinturault aus Courchevel bejubeln konnten – der 21-Jährige, den nicht nur Ted Ligety als "eines der größten Talente im alpinen Skirennlauf" bezeichnet, katapultierte sich mit Bestzeit im zweiten Durchgang von sechsten Platz nach ganz oben. Zwar hatte er bereits im Februar das City-Event in Moskau gewonnen, doch dieser Erfolg in Val d’Isère war doch noch einmal deutlich höher einzuschätzen für den Sohn eines französischen Hotelbesitzers und einer Norwegerin. "Das ist etwas ganz Besonderes, im Ziel war ich den Tränen nahe, es waren riesige Emotionen."

Fast noch größer war seine Freude freilich darüber, "dass mich jetzt endlich keiner mehr nach meinem linken Knöchel fragt". Dort hatte er sich im Juli beim Tennisspielen einen Bänderriss zugezogen, drei Monate Pause waren die Folge. Just zu jener Zeit, da eigentlich die wichtige Sommervorbereitung ansteht. Diese fiel ziemlich mickrig aus, dass er nun trotzdem gewonnen hat, "das war überraschend".

Die große Frage wird aber jene nach der Strategie für die nächsten Monate sein. "Wir hatten ursprünglich vor, so viele Rennen in so vielen Disziplinen wie möglich zu fahren", sagte Pinturault. Dann kam die Verletzung, "dass es so schnell wieder bergauf gegangen ist, ist toll, aber wir müssen trotzdem vorsichtig bleiben."

Odyssee

Marcel Hirscher, der Führende nach dem ersten Lauf, muss hingegen noch etwas auf seinen 13. Weltcupsieg warten. Zwar war der 23-jährige Weltcup-Titelverteidiger bei Halbzeit noch vor Manfred Pranger in Führung gelegen,  im dichten Schneegestöber aber verlor er 1,3 Sekunden auf Pinturault und wurde am Ende Dritter hinter Felix Neureuther. "Ich bin sehr froh über diesen dritten Platz", sagte der Salzburger, "ich bin gefahren, was ich kann, ich hab’ alles riskiert, aber ich hab’ viele schwere Fehler gemacht. Normalerweise kriegst’ so g’scheit eine drüber. Trotzdem: Ich bin jetzt im vierten Technik-Rennen en suite auf dem Stockerl, das ist ein perfekter Start für mich."Vielleicht auch eine Folge der turbulenten Anreise am Freitag, die  Hirscher als letzten der österreichischen Slalom-Starter am Ort des Geschehens eintreffen ließ? "Die war nicht das Problem", sagte der Annaberg-Lungötzer, dennoch sei an dieser Stelle das Tohuwabohu noch einmal erwähnt: Schneefall hatte den an sich nicht blöden Plan des ÖSV zunichte gemacht, seinen Skistars die lange Anreise mit einem Privatjet von Salzburg nach Genf zu verkürzen. Schneefall in Genf, Flughafen geschlossen - also ging es retour nach Zürich und mit dem Zug nach Genf, wo die Chauffeure warteten.Danach ging die Odyssee freilich erst so richtig los, Staus hatten sich wegen der heftigen Schneefälle gebildet, erst gegen kurz vor 22 Uhr traf Hirscher am Ziel ein. "14 Stunden unterwegs, da könnt’ man auch nach Finnland fahren", sagte Hirscher, der acht Stunden im Auto unterwegs war. Auto, Flugzeug, Zug, wieder Auto, "hätten wir ein Ruderboot gehabt, hätten wir so ziemlich alle Verkehrsmittel genutzt."

Nachwuchs macht Freude

Wie Hirscher konnte auch Manfred Pranger seine Platzierung aus dem ersten Durchgang (Zweiter war der Tiroler Weltmeister von Val d’Isère 2009) halten, er wurde Sechster, Mario Matt Achter. Und Wolfgang Hörl verblüffte: Der 29-Jährige aus Saalfelden düste von Platz 26 auf den neunten Rang vor, besser war er erst einmal – im Jänner als Achter des Slaloms von Kitzbühel. "Speziell im unteren Teil war es ein Wahnsinnslauf, ich hab’  die Tore irrsinnig gut getroffen." Einen Grund für seinen Aufschwung sah Hörl darin, "dass ich endlich Stabilität im Training reingebracht hab, und ich bin gut auf harten Pisten, das ist mir  im zweiten Lauf zugute gekommen."Für positive Nachrichten aus dem Nachwuchs sorgte der 20-jährige Tiroler Manuel Feller, der den ersten Durchgang an 16. Stelle beendete. "Da war ich selbst ein bisserl überrascht, dass ich trotz Fehlern so weit vorne war", sagte der Fieberbrunner, "aber ohne Fehler bist du hier nicht schnell." Am Ende wurde es Rang 23 in seinem zweiten Weltcuprennen (in Levi hatte er sich nicht für den zweiten Durchgang qualifizieren können); ein Zeichen dafür, dass sich im Windschatten der älteren Arrivierten im ÖSV-Slalom-Team etwas tut.Und am Sonntag tut sich in Val d’Isère ein Riesenslalom: 9.30 Uhr und 12.30 Uhr (live ORFeins, SF2, Eurosport) sind die Startzeiten, zur Jagd auf Dominator Ted Ligety aus den USA blasen natürlich auch Marcel Hirscher und Alexis Pinturault. Damit sie dies tun können, dafür schufteten die Einheimischen auch am Samstagabend noch kräftig. Oder wie sagte doch gleich Marcel Hirscher: "Ich hab’ einen riesigen Respekt vor den Leuten hier, wie die zusammenstehen und was die für uns leisten. Denn normalerweise glaubt man nicht, dass nach eineinhalb Metern Neuschnee überhaupt ein Rennen gefahren werden kann."

(aus Val d’Isère) 

Endstand:
1. Alexis Pinturault FRA 1:36,55
2. Felix Neureuther GER 1:37,05
3. Marcel Hirscher AUT 1:37,12
4. Andre Myhrer SWE 1:37,61
5. Jens Byggmark SWE 1:37,64
6. Manfred Pranger AUT 1:37,65
7. Cristian Deville ITA 1:37,87
8. Mario Matt AUT 1:38,06
9. Wolfgang Hörl AUT 1:38,10
10. Fritz Dopfer GER 1:38,11
11. Manfred Mölgg ITA 1:38,16
12. Ted Ligety USA 1:38,18
13. Mattias Hargin SWE 1:38,21
14. Reinfried Herbst AUT 1:38,24
15. David Chodounsky USA 1:38,28
16. Adam Zampa SVK 1:38,36
. Ivica Kostelic CRO 1:38,36
18. Markus Vogel SUI 1:38,42
19. Mitja Valencic SLO 1:38,44
20. Patrick Thaler ITA 1.38,47
21. Giuliano Razzoli ITA 1:38,52
22. Axel Bäck SWE 1:38,54
23. Manuel Feller AUT 1:38,56
24. Roberto Nani ITA 1:38,70
25. Steve Missillier FRA 1:38,73
26. Benjamin Raich AUT 1:38,99
27. Thomas Mermillod Blondin FRA 1:39,05
28. Reto Schmidiger SUI 1:40,89
Out:
. Stefano Gross ITA  
. Naoki Yuasa JPN  

 

Stand nach dem 1. Durchgang
 1.  Marcel Hirscher (AUT)                 48,49  Sek.
 2.  Manfred Pranger (AUT)                0,23
 3.  Felix Neureuther (GER)               0,27
 4.  Stefano Gross (ITA)                  0,44
 5.  Cristian Deville (ITA)               0,66
 6.  Alexis Pinturault (FRA)              0,73
 7.  Ivica Kostelic (CRO)                  1,00
 8.  Mattias Hargin (SWE)                  1,12
 9.  Mario Matt (AUT)                     1,33
10.  Benjamin Raich (AUT)                  1,34
11.  Fritz Dopfer (GER)                    1,37
12.  Andre Myhrer (SWE)                    1,40
13.  Jens Byggmark (SWE)                  1,43
14.  Mitja Valencic (SLO)                 1,46
15.  Steve Missillier (FRA)               1,58
16.  Manuel Feller (AUT)                   1,72
17.  Reinfried Herbst (AUT)                1,82
    Weiter:    
26.  Wolfgang Hörl (AUT)                   50,60 +2,11
    U.a. nicht für 2. Lauf qualifiziert:  
50.  Rainer Schönfelder (AUT)              51,58 +3,09

Ausgeschieden, u.a.: Marc Digruber (AUT), Will Brandenburg (USA), Leif Kristian Haugen (NOR)

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