Sport/Wintersport

"Miller steht auf einer Stufe mit Maier"

Siegen US-Ski-Rennläufer unter Ausschluss der amerikanischen Öffentlichkeit?

Patrick Riml, der im Moment erfolgreichste österreichische Trainer-Legionär, meldete sich aus den USA am KURIER-Telefon.

KURIER: Sie sind Ötztaler. Trotzdem haben Sie unmittelbar nach dem Söldener Weltcup-Auftakt Sölden verlassen. Warum?
Patrick Riml: Meine Familie wohnt in Calgary. Wir haben dort ein Haus gebaut. Und meine Frau ist Kanadierin.

Aber Ihr neuer Arbeitsplatz befindet sich in den USA.
Im Bundesstaat Utah, in Park City. Dort, wo 2002 die olympischen Torläufe stattgefunden haben. Dort hat der US-Skiverband seinen Sitz. Dort wartet eine Menge Arbeit auf mich.

... die für Sie als neuen US-Alpindirektor sensationell begonnen hat. Auf ihrem Haus-Gletscher, dem Rettenbachferner, wurde zwei Mal die US-Hymne gespielt. Wurden die Riesenslalom-Siege von Lindsey Vonn und Ted Ligety in den USA registriert?
Ja. Sehr sogar.

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Diese Erkenntnis steht aber im krassen Widerspruch zu bisherigen Beobachtungen. Sie selbst erklärten erst kürzlich im Fernsehen, dass für den Nordamerikaner nur Olympia zählt, viele sportinteressierte Menschen in den USA gar nicht wüssten, dass es den Ski-Weltcup gibt.
Zahlreiche eMails beweisen mir seit Sölden das Gegenteil. Ich habe mittlerweile den Pressespiegel erhalten. Ob New York Times, Chicago Tribune oder Denver Post - die große Zeitungen haben Vonn und Ligety mit großen Berichten gewürdigt.

Hat Sie der US-Triumph in Sölden überrascht?
Mit Lindseys Sieg konnten wir nicht rechnen, nachdem sie eine Woche zuvor auf dieser Piste schwer gestürzt war. Außerdem hatte sie zuvor noch nie einen Riesenslalom gewonnen. Ted war schon im letzten Winter im Riesenslalom meist eine Klasse für sich. Der neunte Platz von Bode Miller trotz schweren Fehlers ist fast untergegangen. Bode traue ich diesmal viel zu.

Miller ist unter Rennläufern, Journalisten und Funktionären, die ihn besser kennen, nicht annähernd so beliebt wie unter jugendlichen Fans. Vorübergehend hatte er sich sogar schon vom US-Team abgenabelt. Wie kommen Sie mit ihm zurecht?
Bei Ausnahmesportlern muss man andere Maßstäbe anlegen. Das war bei Hermann Maier nicht anders. Für mich steht Miller auf einer Stufe mit Maier.

Miller wird seit letztem Winter von ihrer Tiroler Heimatgemeinde gesponsert. Inzwischen wurde Sölden Europa-Zentrale des gesamten US-Teams. Dass Sölden so ein splendider Gastgeber der amerikanischen Konkurrenz ist, nennt ÖSV-Präsident Schröcksnadel ein ,Foul am österreichischen Skisport'. Legen Sie als US-Sportchef Schienbeinschützer an?
Nein. Schröcksnadel soll nicht vergessen, wie sehr Sölden auch den österreichischen Nachwuchs unterstützt - angefangen mit Gratis-Liftpässen. In vielen anderen Skigebieten müssen Rennläufer zahlen.

Gegen die Materialreform der FIS haben Ligety und Miller besonders protestiert. Wie beurteilen Sie als deren Vorgesetzter die Rückkehr zu längeren, schmäleren Skiern?
Man sollte die Rennläufer das künftige Material testen lassen, ehe es Vorschriften gibt. Dazu wird es in Alta Badia kurz vor Weihnachten kommen. Unsere Läufer werden dabei sein.

Und Sie als Alpinchef pendeln weiter zwischen Nordamerika und Europa?
Nein. Ich komme heuer nicht mehr nach Europa. Ich werde während der Europa-Rennen um zwei Uhr früh aufstehen und mir Levi, Val d'Isère, Gröden, Courchevel, Alta Badia und Lienz am Computer ansehen.

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