Sport/Wintersport

"Eine coole Socke": Wie ÖSV-Ass Pertl sein WM-Debüt versilberte

Als sich Cheftrainer Andreas Puelacher in der Pause zwischen den zwei Durchgängen mit Adrian Pertl austauschte, war ihm schnell klar, dass er sich keine Sorgen machen braucht, dass der unerfahrene Kärntner der großen Aufgabe möglicherweise nicht gewachsen sein würde.

Erstmals ging der WM-Debütant als Führender in einen zweiten Durchgang, obendrein beim wichtigsten Slalom des Winters. Doch den 24-Jährigen schien das nicht sonderlich zu berühren.

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Coole Socke

„Er ist oben am Start auf einer Bank gelegen, als würde ihn das Ganze nichts angehen“, erzählt Puelacher. „Ich habe ihn gefragt: ,Und, Adi, alles klar?‘“ Adrian Pertls Antwort war unmissverständlich. „Er hat nur Ja, Ja gesagt. Das waren seine Emotionen. Der ist so eine coole Socke.“

Wer bisher gedacht hat, Marco Schwarz wäre im österreichischen Ski-Team die Abgeklärtheit und Coolness in Person, der hat Adrian Pertl noch nicht erlebt. „Der ist fast noch ruhiger als ich“, meint Marco Schwarz über den neuen Vizeweltmeister.

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Letzte Hoffnung

Aber cool und ruhig und unaufgeregt muss man auch sein, wenn man so eine Herausforderung zu meistern hat, vor der am Schlusstag der WM in Cortina plötzlich Adrian Pertl stand. Er war ja nicht nur erstmals in seiner Karriere der Halbzeitleader, mit einem Schlag war er auch zum letzten österreichischen Hoffnungsträger auf eine Slalom-Medaille geworden.

Wenige Läufer vor ihm war der zweifache Saisonsieger Marco Schwarz auf dem Weg zu einer Medaille das erste Mal in diesem Winter in einem Slalom nicht ins Ziel gekommen, in einem Kurs, den ÖSV-Trainer Marko Pfeifer ausgeflaggt hatte, und nun musste es der Neuling aus Ebene Reichenau richten.

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Reife Leistung

„Ich habe leider gesehen, wie der Marco ausgeschieden ist“, erzählte Adrian Pertl. Und natürlich ist dann auch bei ihm das Kopfkino losgegangen, je näher es zum Start ging. „Oben hat man ja doch viel Zeit. Mir sind sehr viele Sachen durch den Kopf gegangen. Da fängt man dann zu überlegen an, wo man Fehler machen kann. Das war wirklich nicht ohne.“

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Auf der Piste war beim 24-Jährigen dann aber nicht der Hauch von Anspannung zu spüren. Während etliche andere Außenseiter, die nach dem ersten Lauf in aussichtsreicher Position lagen, Opfer ihrer Nerven wurden, flitzte Adrian Pertl souverän und schnell durch die Tore, als wäre es die einfachste Sache der Welt. Nur der Norweger Sebastian Foss-Solevåg war um 21 Hundertstelsekunden schneller als der Juniorenweltmeister des Jahres 2017. „Ich habe gewusst, dass ich nichts zu verlieren habe. Und so bin ich auch zwei Mal gefahren“, sagte Pertl.

Dabei war lange unklar, ob der Kärntner überhaupt für den WM-Slalom nominiert wird. Mit Fabio Gstrein stand in Cortina noch ein anderer Läufer mit großem Potenzial in den Startlöchern. Den Ausschlag gab am Ende die bessere, weil niedrigere Startnummer des neuen Vizeweltmeisters, wie Chefcoach Andreas Puelacher bestätigte.

Rasanter Aufstieg

Der Aufstieg des Kärntners ist bemerkenswert: Noch vor 14 Monaten war dieser Adrian Pertl nur echten Ski-Insidern ein Begriff. Er startete damals bei FIS-Rennen und im Europacup, ehe er im Jänner 2020 auf dem Ganslernhang plötzlich ins Rampenlicht fuhr. Mit Startnummer 73 (!) und Laufbestzeit im zweiten Durchgang wurde Pertl sensationell Achter, wenige Wochen später stand er in Chamonix das erste Mal auf dem Podest.

Ein Jahr später darf er sich Vizeweltmeister nennen. „Das ist fast ein bisschen viel auf einmal“, gab Pertl zu. „Unglaublich, dass das so aufgeht. Ich hätte nie gedacht, dass ich mit einer Medaille heimfahre.“

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Hut ab

Am Beispiel von Adrian Pertl zeigt sich auch die mannschaftliche Stärke des ÖSV-Slalomteams. Obwohl Marco Schwarz nicht ins Ziel kam und Michael Matt und Manuel Feller unter ihren Möglichkeiten blieben, gab es die fünfte Medaille für Österreichs Herren bei dieser WM.

Und ein Sonderlob von Kombi-Weltmeister Marco Schwarz an Adrian Pertl: „Bei seiner ersten WM als Führender oben zu stehen und das so cool runterzufahren, ich kann nur den Hut ziehen.“