Sport/Wintersport

Die Auswirkungen des Corona-Clusters im ÖSV-Springerteam

Wären sie doch alle besser zu Hause geblieben und nicht zu diesem verflixten Weltcup nach Willingen gefahren, werden sich jetzt einige vielleicht denken. Dann wäre das alles womöglich nicht passiert. Dann gäbe es am Samstag im Olympia-Bewerb auf der Normalschanze eine Topfavoritin namens Sara Marita Kramer; dann würde auch Jacqueline Seifriedsberger längst in China sein und mit ihr Cheftrainer Harald Rodlauer und die vertraute Physiotherapeutin der ÖSV-Springerinnen.

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Innerhalb von 24 Stunden hat das Coronavirus das halbe Frauen-Skisprungteam ausgeschaltet. Und vieles deutet darauf hin, dass das Unheil am Wochenende in Willingen seinen Lauf nahm, wo wenige Tage vor Olympia noch drei Weltcupbewerbe auf dem Programm standen.

Richtige Entscheidung

Ob es klüger gewesen wäre, auf diesen Weltcup zu verzichten, wie es etwa die drei ÖSV-Olympiaspringer Jan Hörl, Daniel Tschofenig und Manuel Fettner gemacht haben?

Mario Stecher, der Nordische Direktor beim ÖSV, hält nichts von solchen Gedankenspielen. Er verweist auf die vielen Corona-Tests, die rund um einen Wettkampf gemacht werden, auf die Blase, in der sich Sportler und Trainer im Weltcup befinden, nicht zuletzt auf die große Disziplin aller Beteiligten. „Für mich war dieser Weg sicherer. Dort ist man besser geschützt, als daheim, wo es Kontakte zu Angehörigen gibt“, erklärte Stecher am Mittwoch.

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Das ist aber nur ein Aspekt. Im Kampf um den Sieg im Gesamtweltcup hätte Sara Marita Kramer – Ansteckungsgefahr hin, Olympia her – die Bewerbe in Willingen ohnehin nicht auslassen können. Und nicht zuletzt geht es natürlich auch um Existenzen: Der Weltcupkalender der Skispringerinnen ist dünn, vor Willingen gab es ein Jännerloch mit drei Wochenenden ohne Bewerb.

Neue Ausgangslage

Nein, es war deshalb kein Fehler, die Springerinnen nach Willingen zu schicken, betont Mario Stecher noch einmal. „Wir leben leider in einer problematischen Zeit. Dass es jetzt so reinprasselt, ist natürlich bitter.“ Für Kramer und Seifriedsberger wurden die Olympia-Neulinge Lisa Eder und Sophie Sorschag nachnominiert. „Wir sind immer noch gut aufgestellt“, versichert Stecher.

Der Eisenerzer hat keine Angst, dass es zu weiteren Fällen innerhalb der Mannschaft kommen könnte. Die Tests von Eva Pinkelnig, die ebenfalls in Willingen im Einsatz war, sich aber von den Teamkolleginnen isolierte, waren bislang allesamt negativ. Trotzdem wird ihr vorsichtshalber an der Schanze eine eigene Kabine zum Umziehen zur Verfügung gestellt.

Auch Stefan Kraft und Daniel Huber, die in Willingen an der Seite von Kramer und Pinkelnig im Mixed-Team sprangen, sind gesund. "Gefährlich sind wegen der Übetragung die ersten 48 Stunden. Ich glaube, dass wir jetzt sicher sind", sagt Stecher.

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Die Ausgangslage hat sich aber schlagartig verändert: In Abwesenheit der sechsfachen Saisonsiegerin Sara Marita Kramer wäre eine Einzelmedaille eine Sensation. Daniela Iraschko-Stolz stand zwar beim Weltcupauftakt in Russland als Dritte auf dem Stockerl, die 38-Jährige war zuletzt aber verletzt und ist seit einem Monat nicht mehr gesprungen. Auch im Mixed-Teambewerb verringern sich ohne Kramer die Chancen der Österreicher drastisch.

Da müsste eine ÖSV-Springerin schon durchstarten wie seinerzeit Thomas Diethart bei der Tournee. Der Sensationssieger von 2014 muss nach dem Ausfall von Harald Rodlauer in die Cheftrainerrolle schlüpfen. Erst vor einem Monat ist Diethart kurzfristig als Betreuer zum ÖSV-Team gestoßen. Auch diese Personalie hatte mit Corona zu tun.

Sein Vorgänger wollte sich nicht impfen lassen.