Sport

"Joey Kelly war unsere Inspiration"

Laufen? Mit Laufen hatten Anna und Lisa Hahner lange Zeit gar nichts am Hut. Die heute 24-jährigen deutschen Zwillingsschwestern betrieben lieber Jiu Jitsu und spielten Tischtennis.

Doch dann kam Joey Kelly. Der frühere Musiker der Kelly Family, der zum Extremsportler wurde, hielt 2007 in Fulda einen Motivationsvortrag über die Freude am Laufen – und die damals 17-jährigen Mädchen waren tief beeindruckt. "Wir waren nach Kellys Vortrag total geflasht", erzählt Anna Hahner, die am Sonntag zu den Top-Läuferinnen beim Vienna City Marathon gehört. "Joey Kelly war unsere Inspiration. Da wir keine Laufschuhe gehabt haben, haben wir am nächsten Tag unsere Tischtennis-Schuhe geschnürt und sind laufen gegangen." Es folgte der erste Volkslauf, der erste Halbmarathon – und zugleich der erste Sieg Seite an Seite. "Erst dann ist ein Trainer auf uns zugegangen und wir haben begonnen, strukturierter zu trainieren."

Die Schwestern wechselten auf die Marathon-Strecke, das Limit für die Olympischen Spiele 2012 verpassten sie knapp. Mit einer Bestzeit von 2:27:55 (Anna) und 2:30:17 (Lisa) zählen sie mittlerweile zur europäischen Spitze. Zum Vergleich: Der österreichische Damen-Rekord von Andrea Mayr liegt bei 2:30:43.

"Unser erster Trainer hat uns immer auf die Bahn geschickt, aber der Marathon hat uns von Anfang an fasziniert", sagt Lisa, die sich auf den Hannover-Marathon in zwei Wochen vorbereitet und deshalb am Sonntag ihre Schwester vom Fahrrad aus betreuen wird. Motivation und Inspiration für ihre Leidenschaft erhalten sie bei ihrem Training in den Bergen von Kenia. Dort, wo Laufen gelebt wird, wo jede Trainingseinheit mit den anderen Spitzenläufern zu einem Ausscheidungsrennen wird.

Blick von oben

In Wien sind die Schwestern zum ersten Mal, die Strecke über die 42,195 Kilometer kennt Anna dennoch genau: "Ich habe mir das ausführlich auf Google Maps angeschaut. Als ich heute in der Früh zum Stadtpark gelaufen bin, habe ich alles sofort wiedererkannt." Kurz vor dem Rennen holt sie sich dann die letzten Tipps von ihrem Vorbild, ihrem Vertrauten – von Joey Kelly. "Der Kontakt zu ihm ist nie abgerissen. Wir telefonieren vor jedem wichtigen Lauf."

Die größten Konkurrentinnen für die Deutsche kommen aus Japan und Kenia. Mai Ito (29) führt das Damen-Feld mit einer Bestleistung von 2:25:26 an. Auch Caroline Chepkwony (28) glaubt an den Sieg. Sie ist im März in Rom-Ostia den Halbmarathon aus dem Training heraus in schnellen 1:08:47 gelaufen.