Sport

Rohregger steigt nach zehn Jahren vom Rad

Sisyphos hätte wohl seine Freude an Thomas Rohregger. Zwar musste der Tiroler nicht immer wieder den gleichen Stein einen Berg hinaufrollen, um kurz vor dem Ziel wieder am Anfang zu stehen, aber die letzten Jahre in der Karriere des Kramsachers weisen doch gewisse Parallelen auf: War Rohregger fit, warf ihn eine Verletzung aus der Bahn, zudem war er oft krank, die Folgen von Antibiotika zehrten an seinen Kräften. Und wenn er dann wieder leistungsmäßig auf der Höhe war ...

„Das Glück war nicht immer auf meiner Seite“, sagt der 30-Jährige. Die unfreiwilligen Nachdenkphasen sorgten dafür, dass er andere Dinge in seinen Fokus rückte. In Sachen Bildung hat er das schon vor langer Zeit getan: Der Student des Wirtschaftsrechts hatte die zweite Karriere stets im Sinn, denn im Radsport so reich zu werden, dass nach der Zeit im Sattel das Ersparte zum Leben reicht, das erschien Rohregger, dem Realisten, nie realistisch.

Immerhin: „Ein kleines Polster hab’ ich“, und das hilft dem Studenten, sich auf die nächsten Aufgaben zu konzentrieren; ebenso die Initiative „Sport mit Perspektive“ des Sportministeriums. Für die Schaffung solcher Angebote hatte er sich lange starkgemacht, schließlich stehen weite Teile der österreichischen Sportlandschaft vor dem gleichen Problem.

Eine andere Idee hat hingegen noch keine Umsetzung gefunden – jene des Scholarship, wie es an US-Privat-Universitäten angeboten wird, die ideale Kombination von Sport und Ausbildung. „Aber die haben auch ganz andere finanzielle Möglichkeiten als die Unis in Österreich“, weiß Rohregger.

Spurensuche

Zehn Jahre Radsport haben Spuren hinterlassen. „Zum Glück keine bleibenden körperlichen. Schwer verletzt war ich nie.“ Wobei sich die Frage stellt, wo „schwer“ beginnt. Denn als sein „emotionales Highlight“ nennt der begeisterte Skitourengeher die Zielankunft der Tour de France 2010 auf den Pariser Champs-Élysées – „mit zwei gebrochenen Rippen“.

„Ein prägendes Erlebnis“ war aber auch der Todessturz seines belgischen Teamkollegen Wouter Weylandt auf der dritten Etappe des Giro d’Italia 2011. „Wir sind Menschen mit Emotionen, keine Roboter“, erkannte Rohregger damals, das Team Leopard-Trek zog sich vom Giro zurück. Die Rückkehr in den Sattel? Schwierig.

Am Dienstag verabschiedete der Student Thomas Rohregger den Radfahrer. Obwohl der ein Vertragsangebot hatte. Doch der Fokus, der liegt nun woanders.

Geboren: 23. Dezember 1982 in Innsbruck

Wohnort: Kramsach

Größe/Gewicht: 1,76 m/63 kg

Familienstand: ledig

Teams (als Profi): Elk-Haus-Simplon (2006-2008), Milram (2009/10), Leopard-Trek (2011), RadioShack-Nissan (2012/13)

Größte Erfolge:

Gesamtsieg Österreich-Rundfahrt 2008, Etappensieg Vuelta a Espana Team-Zeitfahren (2011/mit Leopard), Etappensieg Kitzbüheler Horn und Gesamt-Zweiter Österreich-Rundfahrt 2007; Etappen-Zweiter Polen-Rundfahrt 2013 (Dolomiten-Etappe); Gesamt-Vierter Giro del Trentino 2007

Teilnahme an allen drei großen Landesrundfahrten (Tour de France 2011, Giro d'Italia 2009-2012, Vuelta a Espana 2009, 2011)