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Illegale Einmischung: Untersuchungen gegen den Verbandspräsidenten

 Nach Bekanntwerden von Vorwürfen der Beeinflussung eines Formel-1-Rennens gegen Weltverbandschef Mohammed Ben Sulayem hat die FIA Untersuchungen seiner Ethikkommission bestätigt. Dem Internationalen Automobilverband liege ein Bericht vor, der detaillierte Anschuldigungen gegen Mitglieder seiner Führungsgremien enthalte. Die FIA-Ethiker würden diese Vorwürfe nun prüfen, "wie es in diesen Fällen üblich ist, damit ein ordnungsgemäßes Verfahren genauestens eingehalten wird".

Zuvor hatte die BBC unter Berufung auf einen Informanten berichtet, dass auf Veranlassung Ben Sulayems beim Grand Prix in Saudi-Arabien im Vorjahr eine Zeitstrafe gegen Aston-Martin-Fahrer Fernando Alonso zurückgenommen worden sei. Daher konnte der Spanier seinen dritten Platz entgegen der ursprünglichen Entscheidung der Rennkommissare doch behalten. Warum Ben Sulayem sich eingemischt haben sollte, blieb zunächst unklar.

Die FIA zeigte sich in einem weiteren Statement an die Nachrichtenagentur AP betrübt und besorgt, dass die heikle Angelegenheit "ohne vorherige Genehmigung" den Medien zugespielt worden sei. Ben Sulayem selbst äußerte sich bisher nicht.

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Der Wirbel um den obersten Regelwächter trifft die Formel 1 zur Unzeit. Schon das Auftaktrennen in Bahrain in der Vorwoche geriet zur Nebensache, weil der Skandal um Red-Bull-Teamchef Christian Horner eskalierte. Der Brite war gerade in einer internen Untersuchung vom Vorwurf unangemessenen Verhaltens gegenüber einer Mitarbeiterin freigesprochen worden, da brachten ihn anonyme Mails mit angeblichen Details der Affäre erneut schwer in Bedrängnis.

Auf dem Stadtkurs in Jeddah dürfte nun neben Horner auch Ben Sulayem unangenehme Fragen beantworten müssen. Hat er tatsächlich veranlasst, dass eine Zeitstrafe gegen Alonso zurückgenommen wurde? Und hat er den FIA-Kontrolleuren in Las Vegas wirklich nahegelegt, der Strecke auch ohne echten Grund die Zulassung zu verweigern?

Fall zwei würde Ben Sulayems ohnehin gestörtes Verhältnis zur Formel-1-Spitze noch mehr belasten. Den Grand Prix in Las Vegas haben sich die Rechte-Inhaber von Liberty Media viele Millionen Dollar für Grundstücke und Infrastruktur kosten lassen, ein Rennverbot beim Debüt im Vorjahr wäre ein Desaster gewesen. Dazu sei es nicht gekommen, weil die FIA-Prüfer keine triftigen Gründe auftreiben konnten, erklärte der Informant der BBC.

Sulayem intervenierte auch für das US-Projekt

Warum Ben Sulayem sich jeweils eingemischt haben soll, blieb zunächst unklar. Sicher ist, dass der frühere Rallye-Pilot schon mehrfach ins Geschäft der Formel 1 eingriff. So drängte der FIA-Chef auf die Aufnahme weiterer Teams, etwa des US-Projekts Andretti, was die etablierten Rennställe vehement ablehnen. Weil Ben Sulayem zudem öffentlich den hohen Marktwert der Rennserie anzweifelte, wiesen ihn Juristen der Formel 1 darauf hin, dass dies nicht zu seinen Aufgaben gehöre.

Jetzt soll auch das Spesenkonto überprüft werden

Als Indiz des lodernden Machtkampfs wurden auch die FIA-Ermittlungen gegen Mercedes-Teamchef Toto Wolff und seine bei der F1 Academy beschäftigte Frau Susie wegen Geheimnisverrats im Dezember gewertet. Nur zwei Tage später musste der Weltverband die Sache wieder einstellen, nachdem alle anderen Teams protestiert hatten.

Auch Vorwürfen wegen früherer abschätziger Äußerungen gegenüber Frauen sah sich Ben Sulayem schon ausgesetzt, wies diese aber zurück. Im Zuge der jüngsten Untersuchungen soll nun angeblich auch der Umgang des FIA-Chefs mit seinem Spesenkonto geprüft werden. Mit einem Ergebnis der Untersuchung sei in vier bis sechs Wochen zu rechnen, heißt es. Ben Sulayems Amtszeit läuft noch bis ins kommende Jahr. Allerdings dürften die Formel-1-Bosse ein Interesse an einem Wechsel an der Verbandsspitze haben und die Arbeit der FIA-Ethiker aufmerksam beobachten.