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Alonso nach "Meisterstück" voller Zuversicht

Seine Zuversicht war selten so groß. Ferrari-Superstar Fernando Alonso hat Titelverteidiger Sebastian Vettel mit seinem überzeugenden Heimsieg am Wochenende in der Formel-1-WM den Kampf angesagt. Der Spanier verfügt über das konkurrenzfähigste Auto, seit er 2010 zum italienischen Traditionsteam gewechselt ist. Dabei hat er auch in zwei der vergangenen drei Jahre bis zum letzten Rennen um den Titel gekämpft.

"Wir waren 2010 und 2012 sehr knapp dran. Wir haben ein Paket, mit dem wir Weltmeister werden können. Aber wir dürfen jetzt nicht stehen bleiben. Hoffentlich war das keine Eintagsfliege", betonte Alonso. Vor allem im Qualifying sieht er Handlungsbedarf, musste er sich doch in der Heimat von Startplatz fünf nach vorne pressen. Gefeiert wurde der Lokalmatador vor allem für ein gewagtes Manöver in Kurve drei. "Montmelo tanzt im Rhythmus von Alonso", titelte die Zeitung El Pais am Montag.

Der Stolzfaktor

Der Asturier hat dem wirtschaftlich angeschlagen Land ein wenig Stolz zurückgegeben. "Es ist schön, ganz Spanien diesen Sieg geschenkt zu haben - besonders, wenn das Land in so einer Krise steckt", versicherte Alonso. Die Jugendarbeitslosigkeit beträgt mehr als 50 Prozent. "Gerade in so einer Situation nimmt er eine wichtige Rolle als jemand ein, zu dem man aufschauen kann", erklärte der ehemalige Ferrari-Pilot Gerhard Berger. "Und er wird ihr auch gerecht."

Immer wieder die Reifen

17 Punkte fehlen dem 31-Jährigen auf WM-Leader Vettel. Das Duell wird auch von den schnell abbauenden Reifen mitentschieden. "Das ist sehr schade, weil es ist ein verfälschtes Bild", meinte Berger. "Niemand kann das fahren, was er kann. Das tut auf Dauer auch dem Image von Pirelli nicht gut." Der italienische Reifenhersteller hat daher für Silverstone Ende Juni bereits weitere Nachbesserungen angekündigt.

Durch die unkontrollierbaren Pneus ist der Europa-Auftakt in Barcelona auch nicht der Gradmesser, als der er in der Königsklasse sonst für den Rest des Jahres gilt. "In dieses Saison ist es anders. In zwei Wochen in Monaco kann es schon wieder ganz anders ausschauen", erinnerte Red Bulls Motorsportchef Helmut Marko, der zudem beruhigte: "Bisher waren wir auf allen Strecken schnell." Vettel war in fünf Rennen nie schlechter als Vierter.

Die Roten waren in Alonsos Heimat aber unantastbar. Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali warnte dennoch vor übergroßer Euphorie: "Wir müssen mit beiden Beinen auf dem Boden bleiben. Wir dürfen in der Entwicklung bis Ungarn, bis zur Sommerpause, nicht nachlassen." Im Mittelpunkt stehe es, das Auto in der Quali schneller zu machen. "Wir sind nicht die schnellsten auf einer Runde", gestand Alonso. Für Monaco - dort gibt es kaum Überholmöglichkeiten - sieht er daher Mercedes als Favorit.

Weckruf

Die Silberpfeile dominierten auch in Spanien das Qualifying und okkupierten gemeinsam die erste Startreihe, erlebten im Rennen aber eine bittere Enttäuschung. "Das war vielleicht ein Weckruf", sagte Motorsportchef Toto Wolff nach den Plätzen sechs und zwölf für Nico Rosberg und Lewis Hamilton. "Wir haben ein richtig schnelles Auto, aber der Reifen hält nicht aus, was wir ihm abverlangen." Daran will man weiter hart arbeiten. Wolff: "Man muss die ganzen Prozesse überdenken."

Still und leise, wie es eben seine Art ist, hat sich Kimi Räikkönen in der Formel-1-WM immer mehr zum Geheimfavoriten gemausert. Nach drei zweiten Plätzen in Serie liegt der 33-jährige Finne als erster Verfolger nur noch vier Punkte hinter Spitzenreiter Sebastian Vettel. Mit einem Sieg beim Klassiker in zwei Wochen in Monaco würde Räikkönen die WM-Führung übernehmen.

Der "Iceman" will seinen jüngsten Lauf nicht überbewerten, war er mit Platz zwei am Wochenende in Montmelo bei Barcelona doch nicht einmal zufrieden. "Wir sind nur hier, um zu gewinnen. Wir sind nicht glücklich, wenn wir nicht gewinnen", betonte der Weltmeister von 2007. "Es ist enttäuschend, Zweiter zu werden, aber manchmal muss man das nehmen, was man bekommt." Gute Punkte für die WM.

Konstanz

Räikkönens Trumpf ist nicht nur sein reifenschonender Lotus, sondern auch seine Konstanz. Seit seinem Comeback nach zweijähriger Auszeit vor 14 Monaten ist er nicht ein einziges Mal ausgefallen. Zuletzt landete der Routinier 22-mal in Folge in den Punkterängen. Räikkönen: "Man muss die schlechten Tage minimieren, dann hat man am Ende gute Chancen, um die WM zu kämpfen."

Bereits im Comeback-Jahr hatte es zum dritten Endrang in der Fahrerwertung gereicht. Dennoch spricht die Formel 1 auch in dieser Saison bereits vom großen Zweikampf zwischen Weltmeister Sebastian Vettel (Red Bull) und Spanien-Sieger Fernando Alonso (Ferrari). "Lotus hat nicht die volle finanzielle Kraft, in allen Entwicklungsstufen mitzugehen", begründete etwa Ex-Pilot Gerhard Berger.

Begehrt

Tatsächlich gefährdet der enge Budgetrahmen auch Räikkönens Zukunft beim Nachfolge-Rennstall von Renault. Der Finne soll zwar über ein vergleichsweise geringes Fixgehalt von lediglich drei Millionen Euro verfügen, dazu aber eine satte Punkteprämie kassieren. Sein Vertrag läuft mit Saisonende aus - und Räikkönen ist längst wieder einer der begehrtesten Fahrer der Formel 1.

Lotus baut auf die Loyalität des Finnen und trotz des Abgangs von Technikchef James Allison auf die eigene Performance. "Solange wir ihm ein konkurrenzfähiges Auto geben, wird er bei uns bleiben", versicherte Teambesitzer Gerard Lopez. Auch die Red-Bull-Führung hat zuletzt Interesse an Räikkönen durchklingen lassen. Die größten Chancen auf die Nachfolge des Australiers Mark Webber werden aber immer noch dessen Landsmann Daniel Ricciardo (Toro Rosso) eingeräumt.

"Keine Eile"

Räikkönen selbst macht sich über seine Zukunft noch keine großen Gedanken. "Ich habe keine Eile", betonte der 20-fache GP-Sieger. Wenn er keine Lust mehr verspüre, könne er der Formel 1 auch wieder den Rücken kehren, gab er in Montmelo zu bedenken. Ob er einen Zeithorizont für seine Entscheidung nennen könne? "Spätestens nächstes Jahr wisst ihr Bescheid."

Der "Iceman" ist offensichtlich bereit, lange um einen neuen Vertrag zu pokern. Als Weltmeister würde sich sein Marktwert erheblich erhöhen.

Auch Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz hat sich nach dem zur "Reifen-Schlacht" ausgearteten Grand Prix von Spanien kritisch geäußert. "Das hat nichts mehr mit Automobilrennsport zu tun. Das ist nur noch ein Wettbewerb, wer das bessere Reifenmanagement hat", sagte der 69-jährige Besitzer des Weltmeisterteams in einem Interview der Kleinen Zeitung.

Der enorme Reifenverschleiß habe zur Folge, dass die Piloten nicht mehr ans Limit gehen könnten. "Wir können unter diesen Umständen das Potenzial unseres Autos und unserer Fahrer nicht mehr nutzen. Es gibt keine ordentliche Qualifikation um die Pole Position mehr, weil sich alle Fahrer nur mehr frische Reifen fürs Rennen aufheben wollen. Würden wir unser Potenzial ausschöpfen wollen, müssten wir je nach Strecke acht bis zehn Mal Reifen wechseln", betonte Mateschitz in den Salzburger Nachrichten.