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Alexander Wurz: "Die Formel 1 tut sich etwas schwer"

Alexander Wurz ist einer der einflussreichsten Menschen der Formel 1. Der 42-jährige Niederösterreicher, der 69 Grands Prix bestritt und drei Mal auf das Podest stieg, ist Vorsitzender der Fahrergewerkschaft, Berater von Williams, Sicherheitsbeauftragter des Weltverbandes und Co-Kommentator im ORF.

KURIER: Bietet die Formel 1 den besten Motorsport?

Alexander Wurz: Die Formel 1 ist auf jeden Fall die Königsklasse im Motorsport. Denn nach wie vor finden sich hier die besten Fahrer und die besten Ingenieure. Jedoch muss ich zugeben, dass sich der Sport im Augenblick etwas schwer tut.

Das zeigt sich auch an den Zuschauerzahlen. Machen Sie sich Sorgen, da andere Sportarten oder sogar andere Rennserien Zuwächse vermelden?

Bei dem Punkt muss man genauer hinsehen. Die Entscheider der Formel 1 haben in den letzten beiden Jahren ein rigoroses Geschäftsmodell verfolgt, in einigen Ländern ist man vom öffentlichen Fernsehen auf Pay-TV umgestiegen. Dadurch sind die globalen Zuseherzahlen trotz guter Geschäftszahlen gesunken. In Ländern, in denen sich die TV-Verträge nicht verändert haben, sind die Einschaltquoten gleich geblieben und da und dort sogar leicht angestiegen.

Vermarkter Bernie Ecclestone setzt alle Kraft in den Verkauf der Fernsehrechte. Ist das noch zeitgemäß?

Bisher hat es ja super funktioniert, auch jetzt sind die Umsatzzahlen und Geschäftsberichte gut. Aber ich bin stark der Meinung, dass das Geschäftsmodell angepasst werden muss, um auch in Zukunft globales Wachstum zu erreichen.

Einem Piloten hat die Formel 1 verboten, offizielles Videomaterial auf seinem Social-Media-Kanal zu veröffentlichen. Wird so die Chance verspielt, ein neues Publikum zu erreichen?

Absolut. Das ist ein gutes Beispiel, wo man das Modell der Formel 1 dringend anpassen muss. Denn eines ist unaufhaltbar: die Technologie. Die Wege, auf denen man neue Fans erreichen kann, haben sich geändert. Sie warten nicht auf uns vor dem Fernseher.

Was könnte sich die Formel 1 von Le Mans oder dem US-Rennsport abschauen?

Obwohl ich Fan von Le Mans bin, schauen sich diese Rennserien immer noch mehr von der Formel 1 ab als umgekehrt. Aber Le Mans als Einzelprodukt ist extrem gut, weil es eine authentische Angelegenheit ist und eine ganz klare Botschaft vermittelt: Mann und Maschine gegen 24 Stunden. Bei der Formel 1 fehlt ein wenig diese Klarheit. Einige reden nur von Show, andere von Sport.

Im Langstreckensport kämpfen Teams mit unterschiedlichen Antriebskonzepten um den Sieg. Wäre dies auch ein möglicher Weg für die Formel 1?

Das fände ich sehr spannend. Machbar ist es aber nur, wenn es eine klare Budget-Obergrenze für alle gibt. Ohne eine Einschränkung der Budgets würde ein Freistellen der Technologie die Kosten noch einmal dramatisch erhöhen und den Abstand der reichen zu den Budget-schwachen Rennställen weiter vergrößern.