Heiliger Rasen, königliche Box und tonnenweise Erdbeeren
Von Christoph Geiler
Wimbledon. Kein Ort übt auf Tennisspieler so eine Faszination aus wie der All England Lawn Tennis and Croquet Club, in dem am Montag offiziell der Aufschlag zu den 130. Championships erfolgt. Das Ambiente ist historisch, der Rasen heilig und das Publikum royal. Das macht Wimbledon so besonders.
Das Flair
Wer nach Wimbledon kommt, der riecht nicht nur den Rasen, er spürt auch allerorts die Tradition. Das älteste und prestigeträchtigste aller vier Grand-Slam-Turniere ist zugleich auch jenes im exklusivsten Ambiente. Otto Normaltennisspieler haben im 1868 gegründeten All England Lawn Tennis and Croquet Club nichts verloren. Nur 375 Mitglieder dürfen die Anlage benutzen; um Mitglied zu werden, braucht man die Bürgschaft von vier Mitgliedern, von denen mindestens zwei den Bewerber schon seit mindestens drei Jahren kennen müssen.
Der Rasen
"Gärtner" ist ein Schimpfwort für die Männer mit den grünen Daumen, die sich in Wimbledon das ganze Jahr um die Spielwiese kümmern. Die 16 hauptamtlichen Rasenpfleger tragen den Titel Groundsmen, und ihre Arbeit wird gerne unterschätzt. Die Rasenhalme, die täglich auf acht Millimeter gestutzt werden, teils sogar mit der Nagelschere, haben viele Feinde: den Regen, Füchse, Tauben. "Ich bin bei vielen Spielen, aber ich schaue dabei nicht, wer den Punkt macht. Mich interessiert der Platz, ich beobachte, wie die Bälle abspringen", sagt Neil Stubley, der Chef der Greenkeeper.
Das Publikum
Die Royal Box in Wimbledon ist wohl die angesagteste Adresse im Tennis. 74 Plätze hat diese Ehrenloge, die den Mitgliedern der Königsfamilie, Politikern und Prominenten vorbehalten ist. Die Queen war in ihrem Leben bisher vier Mal Zaungast in Wimbledon, in den letzten Jahren ließ sich Prinz William regelmäßig dort blicken. Bis 2003 war es erwünscht, dass die Spieler vor den Mitgliedern der Königsfamilie eine Verbeugung (Herren) bzw. einen Hofknicks (Damen) machen.
Der Dresscode
Wer’s in Wimbledon zu bunt treibt, der bekommt einen Rüffel. Die Kleidervorschriften sind beinahe noch strenger als beim Wiener Opernball. Zumindest 90 Prozent des Outfits müssen in Weiß gehalten sein. Dabei kennen die strengen Hüter von Sitte und Kleiderordnung auch bei prominenten Namen kein Pardon. Als Roger Federer vor drei Jahren den Rasen in Tennisschuhen mit knalloranger Sohle betrat, musste er zum Rapport.