Sport/Fußball

Vor der EM-Auslosung: Auf die Plätze, fertig, Farce

Das Projekt einer Europameisterschaft in ganz Europa mag politisch seinen Reiz haben. Wahrscheinlich war es auch voraussehend weise vom damaligen UEFA-Präsidenten Michel Platini, weil es zum Zeitpunkt der Entscheidung mit der Türkei nur einen ernsthaften Bewerber gegeben hat. Hatte die WM in Russland einen schalen Beigeschmack ob des Konflikts mit der Ukraine, so wäre eine EM in einem fast offen kriegführenden Land nicht bloß schal, sondern hätte einen richtig bitteren Beigeschmack.

Zwei Eier gelegt

Also erfand man eine EM in ganz Europa anlässlich des 60-jährigen Geburtstag der EM. Politisch, wie gesagt, hui. Aber sportlich gibt es doch ein bisschen Pfui. Das zeigt sich bei der Auslosung der Gruppen am Samstag. Denn die UEFA hat sich mit dem versprochenen Heimvorteil für zwölf Veranstalterländer eingeengt. Und sie hat sich mit der Nations League zum ungünstigsten Zeitpunkt ein Ei gelegt. Weil die letzten vier Teilnehmer erst Ende März feststehen, weil dabei drei Veranstalterländer das 24-Nationen-Feld komplett machen.

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Am Samstag beginnt um 18 Uhr im ROMEXPO in Bukarest, was die UEFA Auslosung nennt. Zumindest bleibt sie einzigartig. Denn die Ergebnisse der Qualifikation und die Auslosung des Play-offs (16 Länder spielen Ende März aufgrund der Ergebnisse der Nations League um die letzten vier Plätze) haben eine Wiederholung verhindert. Zumindest wissen Österreich und 19 andere Länder schon am Samstag, wo sie im Juni und Juli spielen werden.

Einzigartig wird die Auslosung aber auch, weil es so wenig Zufall wie noch nie geben wird. Denn was ist das für eine Auslosung? 24 Mannschaften spielen mit, sieben davon sind Gastgeber. Und jeder Gastgeber hat seine Gruppenzuteilung bereits, damit es auch Heimspiele werden.

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Bevor auch nur ein einziges Los gezogen ist, sind nur noch 17 Lose in der Trommel. Und nicht einmal das: Es gibt auch politische Rücksichtnahmen bezüglich Kosovo und Ukraine. Die Ukraine befindet sich im politischen Konflikt mit Russland, aus Sicherheitsgründen dürfen die beiden Mannschaften zumindest in der Gruppenphase nicht gegeneinander spielen. Also ist Gruppe B tabu für die Ukraine.

Da aus dem ersten Lostopf die vier Gastgeber aber schon verteilt sind, muss die Ukraine in die Gruppe C zu den Niederlanden. Das führt zum nächsten Pflicht-Los. Denn Belgien, das mit diesem Konflikt nichts zu tun hat, muss daher in Gruppe B. Dort stehen nun mit Russland, Dänemark und Belgien drei von vier Mannschaften fest, der erste Lostopf ist schon leer – und das alles vor Beginn der sogenannten Auslosung.

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Immerhin neun Mannschaften aus den Töpfen 2 und 3 sind wirklich frei verfügbar. Österreich ist einer dieser Vogelfreien und kann in fünf von sechs Gruppen landen (außer Gruppe B).

Richtig lustig wird es in Topf 4. Dort liegen neben Finnland und Wales vier leere Loskugeln für die Gewinner der Play-offs. In diesen spielen mit Ungarn, Irland, Schottland, Rumänien vier Veranstalterländer mit. Und – man ahnt es schon – die sind wegen ihres möglichen Heimrechts natürlich längst bestimmten Gruppen zugeteilt.

Das hat wieder Folgen für andere Mannschaften. Finnland und Wales können somit nur noch in zwei der sechs Gruppen landen und bei dieser „Auslosung“ die größte logistische Niete ziehen. Einer der beiden muss in die Gruppe A und damit 3.100 Kilometer weit zwischen Rom und Baku pendeln. Und Gruppe B steht bis auf Wales oder Finnland fest.

Hammer- und Glückslos

Die Bilanz dieser Lehrstunde: Neun Teams wissen längst, wo sie spielen werden, zwei weitere sind nah dran. Wer in den vier Play-offs spielt, kennt sein mögliches Ziel in der Gruppeneinteilung auch. Für Zufall, Glück oder Pech wird nicht viel Raum sein – bei dieser „Auslosung“.

  • Die Hammergruppe:

Italien
Frankreich
Österreich
Wales

  • Die schlechte Gruppe

Ukraine
Niederlande
Österreich
Kosovo

Für Österreich heißt das: Die Ukraine als Glückslos aus Topf 1 gibt es nur mit den Niederlanden, dem Hammer-Los aus Topf 2. Vierter Gegner wäre wohl Rumänien (beim Scheitern vielleicht Kosovo).

Ein mögliches Hammer-Los könnte so ausschauen: Italien, Frankreich und Wales mit den Spielorten Rom und Baku. Abgesehen von den Spielorten wäre Italien, Polen und Finnland vielleicht ein Glückslos. Ein Hammer wäre wohl auch eine Gruppe mit England, Weltmeister Frankreich und Schottland.

Glück hätte man mit München und Budapest als Spielort sowie mit Deutschland, der Schweiz und dem Kosovo oder Ungarn als Gegner.