Stöger & Häupl über Raunzer, Wiener und Grüne
Ehre, wem Ehre gebührt. Michael Häupl lud in der vergangenen Woche die Austria in würdigem Rahmen zur Feier ins Rathaus. Der KURIER nutzte die Gelegenheit und zog sich nach der Meisterfeier und vor dem Cupfinale mit dem Wiener Bürgermeister und Austria-Trainer Peter Stöger für einen Plausch unter Experten zurück.
KURIER: Wie fühlte es sich an, als Austria-Fan und Wiener Bürgermeister mit der Austria auf dem Rathausplatz zu feiern?
Michael Häupl: Super fühlt sich das an. Vor allem, wenn ich es vergleiche mit dem Titel von 2006. Diesmal ist die Stimmung ganz anders. Damals hat jeder gewusst, dass die Mannschaft zerfallen würde, weil sich Frank Stronach zurückzieht.
Wie ist es zu wissen, dass der oberste Austrianer gleichzeitig der Chef von Wien ist?
Peter Stöger: Das ist sehr gut zu wissen. Es ist dann umso schöner, dass man in diesem Rahmen mit den Fans und dem Bürgermeister feiern kann. Nicht der Bürgermeister will sich feiern lassen, nicht wir, es geht um unsere Anhänger.
Was gefällt Ihnen an Peter Stöger?
Michael Häupl: Seine Motivationskraft. Er war schon ein toller Spieler. Ich erinnere mich an ein Derby im Hanappi-Stadion, wo die Austria 5:1 gewonnen und er dabei drei Treffer erzielt hat. Er ist jemand, der junge Spieler dazu bringt, dass sie sich ausschließlich darauf fokussieren, dass es am Ende ein gemeinsames Ziel gibt. Daher verstehe ich nicht ganz, wenn ihn Leute als künftigen Teamchef sehen. Er muss täglich mit den Spielern arbeiten, nicht nur sporadisch. Als ich aktiv Fußball gespielt habe, hätte ich gerne einen Trainer wie ihn gehabt.
Was wäre dann aus Ihnen geworden?
Michael Häupl: Dasselbe wie jetzt wahrscheinlich. Ich kenne meine Grenzen. Ich war kein schlechter Fußballer, aber so gut dann auch wieder nicht.
Was gefällt Ihnen an Bürgermeister Häupl?
Peter Stöger: Dass er authentisch ist. Ich kenne ihn als Politiker, dann bei Festivitäten, ab und zu laufen wir uns privat über den Weg – er ist immer gleich. Ich finde, dass dies eine extreme Auszeichnung ist für einen Politiker. Denn manchmal hat man bei Politikern ja das Gefühl, das müssen sie jetzt so sagen. Bei ihm ist das nicht so. Er sagt, was er sich denkt. Politisch wie privat. Daher denke ich, dass wir gut zusammenpassen, weil man auf einer sachlichen Ebene reden kann. Dass er zudem Austria-Fan ist, soll auch kein Schaden sein.
Wäre die Politik etwas für Sie?
Peter Stöger: Einige Leute haben mir schon gesagt, dass ich in diesem Bereich gut rüberkommen würde. Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. So wie ich bin, so bin ich halt. Wenn mir etwas nicht passt, dann sage ich es. Ich entwickle gerne etwas. Umgekehrt kann ich auch beinhart sein und die Konsequenzen ziehen, wenn etwas oder jemand gegen das Ziel, die Idee, die Gruppe arbeitet. Bei der Austria geht es nicht um die Fußballer allein, die Austria ist ein Unternehmen, da geht es um viel mehr. Ich glaube, ich würde in der Politik nicht sofort ausrutschen.
Wären Sie gerne Trainer?
Michael Häupl: Ich habe früher von Trainern einiges mitbekommen. Ehrlich, ich glaube nicht, dass es der Beruf wäre, den ich ausüben möchte. Wir alle leben ja von unserem Beruf. Das wär’s glaube ich nicht. Nicht, weil mir das Motivieren nicht Spaß macht, denn das muss ich in der Politik auch. Aber ich kann mich im Sport nicht genug quälen. Heute mache ich zwar Sport, aber nur, um meine Gesundheit zu sichern.
Könnten Sie mit einer Grünen zusammenarbeiten wie der Bürgermeister?
Peter Stöger: Politisch? Die Frage stellt sich ja nicht. Sportlich braucht die Austria Rapid. Der Fußball lebt davon. Man muss die Dinge immer richtig einschätzen. Ich bin ein offener Mensch, ich habe keine Berührungsängste mit anderen Kulturen, mit anderen Religionen, solange das alles im Rahmen ist. Dann ist die Farbe ganz egal. Lustig ist, dass diejenigen, die in den Sportvereinen mitarbeiten, oft gar nicht mitbekommen, dass sie integrative Arbeit leisten.
Wien ist in weltweiten Rankings seit Jahren vorne dabei. Was schätzen Sie an der Arbeit des Bürgermeisters?
Peter Stöger: Ich bin ein Wiener. Ich komme aus Favoriten, ich liebe diesen Bezirk, weil er alles gibt.
Gibt’s schon das Parkpickerl?
Peter Stöger: Noch nicht, ich hoffe, es kommt auch nicht. Oder, Herr Bürgermeister (lacht)? Spaß beiseite, selbst das wäre kein Problem, wenn es sinnvoll eingesetzt wird. Was gibt es in Wien? Sicherheit, Gesundheit, beides vorhanden.
Bildung. Wien ist grün, also ich meine Grünflächen. Ich wohne am Wienerberg, die Gegend ist multikulti, und ich gehe dort nicht raus aus dem Bezirk. Ich war viel unterwegs durch den Fußball. Oft denke ich mir, wenn ich zurückkomme: Warum raunzen wir immer wieder? Für mein Wien stehe ich grad’.
Die Radwege wurden grün gestrichen, jetzt gibt es schwarze Streifen darauf. Werden die vielleicht violett überstrichen?
Michael Häupl: Wir haben schon Luxus-Probleme.
Inwiefern?
Michael Häupl: Wenn ich mir Fußball-Städte wie Sevilla oder Barcelona anschaue – dort gibt es 40 bis 50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit, 25 Prozent allgemeine Arbeitslosigkeit. In Wien haben wir neun bzw. vier Prozent. Ich lebe schon ein wenig im Vergleich. Ein nicht unerheblicher Teil der Wiener weiß gar nicht, wie gut es ihnen geht. Im Vergleich zu anderen Städten sind unsere Probleme marginal. Ich freue mich über das Bekenntnis vom Peter zu Wien. Ich wohne in Ottakring. Wenn jemand heute noch behauptet, das Brunnenviertel ist ein Slum, dann soll er sich Brillen kaufen.
Was würden Sie sich vom Bürgermeister wünschen?
Peter Stöger: Ich weiß ja nicht, was er alles erfüllen kann. Wir hätten in unserem Bereich der Austria schon ein paar Ideen, mit denen man etwas verbessern kann. Ansonsten soll es mir in Wien nie schlechter gehen.
Ihr Wunsch an Peter Stöger? Champions League?
Michael Häupl: Ich bin Realist, darum geht es doch nicht. Wichtig ist es, die Rahmenbedingungen für die Zukunft zu schaffen. Er soll Austria-Trainer bleiben.