Modric und Messi: Wenn die Kleinsten die Größten sind
Von Wolfgang Winheim
Konträr zum Trend, wonach Spieler über 30 und unter 1,80 gern aussortiert werden, sind mit Lionel Messi, 35, und Luka Modric, 37, die Kleinsten und Ältesten die Größten. Und konträr zu Umfragen vor dem Turnierstart, denen zufolge 70 Prozent der Sportfreunde die Wüsten-WM durch Nichtschauen boykottieren werden, dürfen WM-Sender über Topquoten jubeln.
845.000 ServusTV-Konsumenten sahen – Streaming gar nicht miteinberechnet – wie sich die Kroaten nach 147 Kilometer Laufleistung im Elferschießen Freitagnachmittag gegen Brasilien durchsetzten. Gar 1,19 Millionen waren Stunden später via ORF Augenzeugen, als Argentinien den Elferkrimi gegen die Niederlande für sich entschied. Womit es im Semifinale zum Duell der Superoldies kommt: Messi vs. Modric.
Zu Zeiten, als Luka Modric in Zadar auf die Welt kam, wurde Rapid-Trainer Otto Baric und dem ihm folgenden Vlatko Markovic von uns in Wien noch nicht recht zugehört, wenn sie sich die Sorgen wegen Konflikten zwischen Serben und Kroaten machten. Damals spielten diese noch gemeinsam im Team für Jugoslawien, das man „Europas Brasilianer“ nannte. Jetzt haben die besten Kicker von nur 4,06 Millionen Kroaten die Vertreter von 215 Millionen entzaubert.
Kroatiens Liga liegt im Europa- Ranking hinter der österreichischen. Verglichen mit dem Stadion von Zagreb ist das 91 Jahre alte Happel-Stadion mondän. Aber die Kroaten haben großartige Fußballschulen. Vor allem aber haben sie Sport in ihrer DNA. In jeder Ballsportart sind sie präsent. Selbst im Skirennlauf konnten sie „Berge versetzen“, obwohl sie mit solchen nicht gerade gesegnet sind. Janica und Ivica Kostelic gewannen den Weltcup.
Das fast schon zeitlos aktuelle Paradebeispiel, wie Talent gepaart mit Disziplin zu Erfolg führen kann, ist Luka Modric. David Alabas Klubkollege bei Real Madrid war heuer schon in der Champions League dem Alter davon und zur Hochform aufgelaufen. Modric ist zuzutrauen, dass unter seiner Regie wie schon 2018 der Einzug ins WM-Finale gelingt. Obwohl der noch um vier Zentimeter kleinere Messi bei den Argentiniern aufspielt. Ohne ihn säßen sie schon im Flugzeug Richtung Buenos Aires. Auch wenn das einzige noch im Bewerb befindliche südamerikanische Team nicht so bieder ist, wie vom verhaltensoriginellen Fußball-Intellektuellen Alfred Tatar als Sky-Analytiker vor dem Viertelfinale behauptet: „Messi ausgenommen sehe ich bei Argentinien nur Hundskicker.“ Das ist so, als würde der argentinische TV-Reporter bei der Ski-WM sagen, dass Österreicher mit Ausnahme von Marcel Hirscher nur g’radausfahren können.