Sport/Fußball

Lionel Messis Probleme mit dem Finanzamt

Ausgerechnet Lionel Messi. Dieses schmächtige Bürschchen, das aussieht, als könne es keiner Fliege etwas zu leide tun; jener junge Mann, der in der Vergangenheit auf dem Spielfeld zwar mit genialen Ideen in Erscheinung getreten ist, aber nie mit gerissenen Aktionen oder hinterhältigen Fouls; der scheue, introvertierte Superstar ohne Allüren, der noch nie durch Skandale oder Affären negativ aufgefallen wäre und der über sich selbst sagt, dass ihn nichts interessiere: außer Fußballspielen. Ausgerechnet dieser Vorzeigeprofi, den sie gerne Fußballgott und Messias nennen, soll ein großer Steuersünder sein?

Steuer-Tiki-Taka

4,1 Millionen Euro, so will es die Sonderstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte ausgerechnet haben, sollen Lionel Messi und sein Vater und Berater Jorge Horacio zwischen 2007 und 2009 hinterzogen haben. Mit einem Netz von Scheinfirmen und über Steueroasen, so der Vorwurf, habe der Ballzauberer bei der Abtretung seiner Werberechte den Fiskus ausgetrickst. Die erste Spur des Geldes führt an einen bekannten Ort, in das Schweizer Steuer-Dorado Zug, in dem unter anderem auch ein Briefkasten nach Frank Stronach benannt ist. Über eine Adresse in der Poststraße 6 soll das finanzielle Tiki-Taka abgewickelt worden sein, vermuten mittlerweile die spanischen Steuerexperten. „Das Finanzamt nimmt Messi in Manndeckung“, titelte das Sportblatt Marca.

Beckham-Gesetz

Schon mahnt der spanische Sportminister José Ignacio Wert vor einer Vorverurteilung des besten Fußballers der Welt. Möglicherweise auch aus Angst, dass die Steuerfahnder mit ihrem neuen, strengen Kurs die Stars ins Ausland vertreiben. Dennoch: „Die Gesetze sind für alle gleich, auch für die Nummer 1.“

Die harte Linie der spanischen Finanz kommt nicht von ungefähr. In der Wirtschaftskrise , die das Land fest im Griff hat – die Jugendarbeitslosigkeit liegt derzeit bei 56 Prozent – ist der Staat auf der Suche nach Geldquellen im Sport gelandet. Zuvor hatten sich die spanischen Finanzämter jahrelang durch Milde ausgezeichnet und die Fußballer in Steuerangelegenheiten mit Samthandschuhen angegriffen. Das sogenannte „Beckham-Gesetz“ gewährte ausländischen Kickern in Spanien einen Steuerrabatt. Und auch über die Steuerschulden der Profivereine, die mittlerweile 700 Millionen Euro betragen sollen, schauten die Beamten in der Vergangenheit großzügig hinweg. Jetzt wird der Strafraum zusehends in die Strafräume verlagert.

Fehlkalkulation

Lionel Messi ist aber beileibe nicht der erste Spitzensportler, der ins Visier der Steuerfahnder gerät. Der Portugiese Luis Figo musste 2,5 Millionen an das Finanzamt nachzahlen, der spanische Tennisstar Arantxa Sánchez-Vicario wurde zu einer Zahlung in Höhe von 3,5 Millionen Euro verdonnert, und der ehemalige Barcelona-Stürmer Samuel Eto'o (Kamerun) soll dem spanischen Fiskus noch heute einige Millionen schuldig sein. Messi, dem bei einer Verurteilung nicht nur eine horrende Pönale (8 bis 24 Mio. Euro) sondern auch noch eine Haftstrafe (2 bis 6 Jahre) drohen, befindet sich also in prominenter Gesellschaft.

Der spanische Wirtschaftsprofessor Josep María Gay de Liébana glaubt derweil, dass sich Messis Steuerberater in der aktuellen spanischen Krisenlage verkalkuliert haben könnten. „Die Finanzbehörden haben ihre Normen und ihr Vorgehen vielleicht schneller geändert als die Messi-Berater ihre Steuer-Strategie“, meint der Experte auf dem Gebiet der Fußball-Finanzen. Sein Vorschlag an die Adresse von Messis Finanzexperten: Eine einvernehmliche Lösung mit dem Finanzamt, um einen Gerichtsprozess zu verhindern.

Ruhepol

Lionel Messi, der von seiner Unschuld überzeugt ist und seit Tagen auf seine Steuerberater verweist, zeigt sich derweil von den Vorwürfen unbeeindruckt und präsentierte sich wie in bewährter Spiellaune. Beim 4:0 der argentinischen Nationalmannschaft in einem Test gegen Guatemala traf der 25-Jährige gleich drei Mal. Mit nunmehr 35 Länderspieltoren ist Messi am großen Diego Maradona vorbeigezogen – zumindest in dieser Statistik.

Was die Steuerprobleme betrifft, befindet sich Lionel Messi aber noch in einer anderen Preisklasse als sein berühmtes Idol. Diego Armando Maradona soll der italienischen Finanz in seiner aktiven Zeit in Neapel gar 40 Millionen Euro schuldig geblieben sein.

Der Sport und die liebe Steuer – in Österreich heizte zuletzt Base-Jumper Felix Baumgartner dieses Thema an. Das österreichische Finanzamt erkennt ihn nicht als Spitzensportler an, weshalb er seinen Hauptwohnsitz in die Schweiz verlegt hat. Wenn Spitzensportler überwiegend bei Sportveranstaltungen im Ausland auftreten, müssen sie nur ein Drittel ihrer Einkünfte aus Preisgeldern und Werbeverträgen versteuern. Das entspricht einem Steuersatz von maximal 17 Prozent.

In Deutschland war zuletzt helle Aufregung rund um Bayern-Präsident Uli Hoeneß. Der soll ein geheimes Konto in der Schweiz gehabt haben, wo die Gewinnen von Aktienspekulationen hingingen – ohne Kapitalertragssteuer zu zahlen.

Peter Graf, der Vater der ehemaligen Tennis-Königin Steffi hatte dem deutschen Fiskus rund 42 Millionen Mark Einkommen seiner Tochter verschwiegen. Er wurde zu drei Jahren und neun Monaten Haft wegen Steuerhinterziehung in Höhe von 12,3 Millionen Mark verurteilt. Nach 25 Monaten kam er wegen guter Führung frei. Ende Dezember 2000 wurden die Steuerbescheide rechtskräftig, denen zufolge Steffi Graf 27 Millionen Mark Steuern nachzahlen musste.

Deutschlands Tennislegende Boris Becker gab vor Gericht zu, dass er jahrelang den Hauptwohnsitz mit Monaco angegeben hatte, tatsächlich aber in München lebte. Insgesamt soll er so Einkommens- und Vermögenssteuern in Höhe von rund 1,7 Millionen Euro hinterzogen haben. Er bekam zwei Jahre Haft auf Bewährung und 500.000 Euro Geldstrafe. Noch vor dem Prozess hatte er eine Nachzahlung von 3,1 Millionen Euro geleistet.

Der ehemalige deutsche Springreiter und Geschäftsmann Paul Schockemöhle entzog dem deutschen Fiskus über eine Stiftung in Liechtenstein Steuern in zweistelliger Millionenhöhe. Er wurde zu elf Monaten Haft auf Bewährung und 22,6 Millionen Mark Steuernachzahlung verdonnert.

Michael Ballack soll 2006 im Duty-Free-Shop in Dubai Spielzeug für seine Kinder sowie eine Handtasche gekauft haben – ohne dies bei der Einreise in Deutschland beim Zoll deklariert zu haben. Damit „sparte“ der ehemalige Fußball-Start vermeintlich 350 Euro Einfuhrumsatzsteuer – die er beim Zoll bei der Aufdeckung bezahlte. Dennoch wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung eingeleitet. Noch vor dem ersten Gerichtstermin zahlte Ballack 70.000 Euro, das Verfahren wurde eingestellt.