Koller bestätigt Berner Gespräche
Ehrlich währt am längsten: „Ja, es hat ein Gespräch mit den Young Boys Bern gegeben.“ Teamchef Marcel Koller gab zu, dass er sich mit dem Management des Schweizer Klubs ausgetauscht hat. Mehr nicht.
Mehr wollte Koller dazu auch nicht sagen, denn seine ganze Konzentration gilt dem WM-Qualifikationsspiel am 7. Juni in Wien gegen die Schweden. Vielleicht hängt es auch vom Ausgang dieser Schlüsselpartie ab, wie es mit Marcel Koller als österreichischem Teamchef weitergeht. Oder ob es überhaupt weitergeht, wenngleich der Vertrag bis Dezember läuft.
Der Teamkader ist nahezu unverändert im Vergleich zum letzten Quali-Spiel gegen Irland, Schiemer ersetzt den gesperrten Kavlak, Almer kommt für Königshofer. Auffallend: In dem 23 Mann-Kader stehen nicht weniger als neun Spieler, die wenig bis gar keine Spielpraxis haben. „Diese Diskussion haben wir rund um jeden Lehrgang. Ich berufe die für mich im Moment besten Spieler ein. Ich vertraue auf ihre Fähigkeiten und ihre Routine, auch wenn sie bei ihren Vereinen derzeit vielleicht nicht erste Wahl sind.“
Marko Arnautovic und Marc Janko, der bei Trabzonspor aussortiert wurde und seit Wochen nicht mehr am Mannschaftstraining teilnehmen darf, halten sich schon einige Zeit mit individuellen Trainingsplänen fit.
Im Fokus
Das Hauptthema vor dem Teamcamp, das die Spieler vorerst nach Stegersbach und dann zurück nach Wien führen wird, ist einmal mehr Marko Arnautovic. Nach wiederholten Eskapaden bei Werder Bremen aussortiert, hat er bei Koller weiterhin ein Leiberl. „In Bremen wurde er für sein Fehlverhalten bestraft. Ich brauche die besten Spieler und will nicht auf seine fußballerischen Qualitäten verzichten.“
Koller hat sich Arnautovic in einem persönlichen Gespräch schon zur Brust genommen, er wird auch im Trainingslager noch „das eine oder andere ansprechen“. Einige Teamspieler haben inoffiziell eine klare Meinung zu dem Thema, schütteln über Aussagen wie Aktionen des Noch-Bremen-Legionärs den Kopf. Koller spricht Klartext: „Wenn jemandem etwas nicht passt, dann soll er direkt mit mir sprechen und nicht über die Medien hinterrücks für Stimmung sorgen. Denn das interessiert mich wenig.“
Viel mehr interessiert ihn dagegen der kommende Gegner. „Schweden ist mehr als nur Zlatan Ibrahimovic. Klar, er ist Weltklasse und immer gefährlich. Aber auch die anderen können sehr gut Fußball spielen. Die Schweden haben ein starkes Kollektiv, spielen defensiv stark, robust und diszipliniert.“
Der Auftakt zum Trainingscamp in Stegersbach erfolgt am 28. Mai, die Spieler der Austria stoßen nach dem Cupfinale (am 30. Mai in Wien) hinzu.
Arnautovics Brüder im Geiste
Eineinhalb Jahre ist Marcel Koller nun schon Teamchef der österreichischen Fußball-Nationalmannschaft. In der Qualifikation für die WM 2014 ist noch alles drin.
KURIER: Färöer und Irland sind Geschichte. Wie lange hat die Verarbeitung der beiden Spiele gedauert?Marcel Koller: Ich habe fünf Stunden lang analysiert. Man sieht viel mehr Details als an der Linie. Drei, vier, fünf Mal zurückspielen und nochmals anschauen und die richtigen Schlüsse daraus ziehen.
Was sind die Schlüsse in puncto Leistungsvermögen auf einer Skala von 1 bis 10? Ich könnte irgendeine Zahl sagen. Ich bin aber kein Freund von Zahlen, die mir dann wieder auf den Kopf gehauen werden. In Dublin waren die Geschichten beim Stand von 2:1 für Irland schon geschrieben. Natürlich auch wieder mit dieser österreichischen Mentalität. Man jammert gerne, meint, alles ist vorbei. Es gibt Tränen.
Brachte die Partie in Dublin auch andere Erkenntnisse? Wir haben in Irland gewusst, dass die gegnerische Wucht unheimlich sein wird, es war aber noch schlimmer als erwartet. Die Iren haben nach der Junuzovic-Verletzung noch mal zugelegt. Für den einen oder anderen war das schon eine Überraschung. Die Theorie ist oft gar nichts zu dem, was man dann am eigenen Leib verspürt. Aber wir haben trotzdem weiter Fußball gespielt.
Hat sich da also doch etwas entwickelt? Es schaut so aus. In der Ukraine, bei meinem ersten Spiel, haben wir mit einem Mann mehr noch ein Gegentor bekommen. Aber du brauchst so Erfahrungen wie in Irland, dass du hinten bist und in der 92. Minute noch ausgleichen kannst.
Gibt es doch eine konkrete Erkenntnis, die man in Zahlen fassen kann? Ja. Defensiv müssen wir als Team besser stehen. Da würde ich sagen, dass wir bei 70 Prozent sind. Es gibt noch den einen oder anderen, der sich da in den Hintern zwicken muss.
Was war zu bemängeln? Beim 1:2 waren nach dem Eckball nicht beide Pfosten besetzt, wie wir uns das vorgenommen haben.
Was kann man sich in so einer Situation vorwerfen? Nicht viel. Wir haben vor dem Spiel vermittelt, was passieren kann. Wichtig ist für uns als Trainerteam, dass wir gut vorbereitet sind. Auf dem Platz brauchst du dann die Spieler, die auch die Routine haben, in stressigen Situationen so viel wie möglich so umzusetzen, was wir vorher besprochen haben.
Sie durchleben auf der Bank Gefühlsbäder, wirken aber ziemlich gefasst. Eine optische Täuschung? Ich bin vor allem sehr konzentriert auf die jeweiligen Situationen. Du musst den Überblick behalten und Entscheidungen treffen. Wenn du hektisch herumrennst, bist du nicht fokussiert. Aber eigentlich sollte man sich locker zurücklehnen und sich freuen. Denn du musst sowieso alles vor dem Spiel abwickeln. Die Vorbereitung bestimmt fast zur Gänze einen Spielausgang.
Das Auftreten in Irland hat Stimmung unter den Fans gemacht. Die Ereignisse entsprachen wohl nicht der österreichischen Mentalität. Aber die Mannschaft hat gezeigt, dass man diese Mentalität nicht immer mitnehmen muss. Es muss ja nicht sein, dass man am Schluss ein Tor bekommt. Im Gegenteil. Das Team hat auch gezeigt, dass man noch eines schießen kann.
Was hören Sie nach so einem Spiel, wenn Sie von den Menschen auf der Straße angesprochen werden? Seit ich hier bin, erhalte ich nur positive Rückmeldungen. Die Leute lechzen nach Erfolg. Ich spüre, wie alle dabei sind. Ein Wahnsinn. Aber man darf auch nicht vergessen, dass es da eine Weltrangliste gibt.
Und dort liegt Österreich auf Platz 71. Dennoch waren die Fans von der Leistung in Irland begeistert. Sind auch die Erwartungshaltungen gestiegen? Wenn wer sagt, dass wir die Schweden wegputzen: Na, hallo. So was aus dem Ärmel zu schütteln, wird nicht möglich sein. Aber ganz klar: Es ist unser Ziel zu gewinnen.
Mit oder ohne Marko Arnautovic? Werden Sie ihn einberufen? Er hat unser Vertrauen im Nationalteam ja nicht gebrochen. Daher möchte ich ihm das auch nicht entziehen.
Aus der Schweiz hat man gehört, dass Sie ein Wunschkandidat in Bern seien. Haben Sie Gespräche mit dem Klub geführt?Die Young Boys wollen mich anscheinend. Das ist Fakt. Ich habe hier in Österreich bis November Vertrag. Und wenn wir uns für Brasilien qualifizieren, gilt dieser bis zum Ende der Weltmeisterschaft. Gespräche haben schon stattgefunden. Wenn wir die WM-Qualifikation schaffen, denke ich aber nicht, dass das ein Automatismus für mich ist, zu verlängern.
Sind Sie enttäuscht, dass Ihre ÖFB-Zukunft über den November hinaus noch nicht fixiert ist? Es ist legitim, wenn vom Präsidenten öffentlich gesagt wird, dass Ergebnisse wichtig sind. Sollte das also erst nach dem Schweden-Spiel passieren, ist das natürlich in Ordnung. Nur muss auch ich schauen, dass ich gerüstet bin.
Das muss man verstehen. Wenn es zum Beispiel heißt, im November ist Schluss und es gibt keine Verlängerung, dann stehe ich auf der Straße. Ich kann ein anderes Angebot bekommen. Ich muss mit allem rechnen, und auch der ÖFB muss mit allem rechnen.
Wenn Herr Windtner jetzt anrufen würde und eine Vertragsverlängerung um zwei Jahre anbietet, würden Sie es in der jetzigen Situation machen? Hat er ja jetzt nicht gemacht. Nein, da müssten natürlich noch weitere Gespräche stattfinden.
Sind Sie zufrieden mit der Unterstützung, die Sie als Teamchef bekommen, oder könnt’s doch noch ein bisserl mehr sein? Als Trainer willst du immer ein bisschen mehr. Das kann von den Spielern kommen, vom Umfeld oder auch von mir. Man darf selbst nie bequem werden und sich zurücklehnen. Ich möchte etwas erreichen, und wir haben noch nichts erreicht.
Sie lassen aber auch immer wieder durchklingen, dass Sie gerne einen Klub trainieren und so jeden Tag mit der Mannschaft arbeiten wollen würden. Mittlerweile habe ich mich auch an die Arbeit als Teamchef gewöhnt. Ich kann mir weiter beides vorstellen.
Die Meisterschaften sind längst zu Ende, wenn das Spiel gegen Schweden stattfindet. Wie bauen Sie die Spannung auf? Es geht natürlich nicht, dass die Teamspieler zehn Tage in den Urlaub fahren. Für alle gibt es ausgearbeitete Individualpläne.
Zuletzt wurde über 10er-Liga oder 16er-Liga diskutiert. Was bevorzugen Sie? Wichtig ist, dass die Trainer von ihren Spielern Leistungssteigerungen verlangen. In einer Liga wie in Österreich spielt man vielleicht auch früher als anderswo. Man hat manchmal das Gefühl, dass den Talenten alles präsentiert wird. Aber die Entwicklung eines 18-Jährigen oder eines 20-Jährigen ist noch nicht abgeschlossen, da müssen auch die Spieler selber weiter dranbleiben.
Das Niveau der Liga war ja Anfang des Jahres nicht gerade berauschend. Die Plätze waren durch das Wetter schwer zu bespielen, da sah man Fehlpässe, manchmal technische Unzulänglichkeiten. Und dann schwenken die Kameras herum, und man sieht, dass keine Zuschauer da sind. Das gibt’s aber im Ausland auch. Mich hat gestört, dass man in Innsbruck auf dem Feld die Markierungen für American Football gesehen hat. Das ist nicht professionell.
Sp | S | U | N | Tore | Pkte | |
1. Deutschland | 6 | 5 | 1 | 0 | 22:7 | 16 |
2. Österreich | 5 | 2 | 2 | 1 | 13:4 | 8 |
3. Schweden | 4 | 2 | 2 | 0 | 8:5 | 8 |
4. Irland | 5 | 2 | 2 | 1 | 9:10 | 8 |
5. Kasachstan | 6 | 0 | 1 | 5 | 2:15 | 1 |
6. Färöer | 4 | 0 | 0 | 4 | 2:15 | 0 |
Österreich – Deutschland 1:2 Kasachstan – Österreich 0:0Österreich – Kasachstan 4:0Österreich – Färöer 6:0Irland – Österreich 2:2
Noch zu spielen7. 6. : Österreich – Schweden6. 9. : Deutschland – Österreich10. 9.: Österreich – Irland11. 10.: Schweden – Österreich15. 10.: Färöer – Österreich
Qualifikations-Modus
Die neun Gruppensieger qualifizieren sich direkt für die Endrunde. Im Anschluss an die Gruppenphase werden die verbliebenen vier Startplätze in Play-offs zwischen den acht besten Gruppenzweiten vergeben.
Name | Verein | |||
Tor: | Robert Almer | Fortuna Düsseldorf | 7 Länderspiele | |
Heinz Lindner | Austria Wien | 4 Länderspiele | ||
Ramazan Özcan | Ingolstadt | 1 Länderspiele | ||
Verteidigung: | Aleksandar Dragovic | FC Basel | 20 Länderspiele | 0 Tore |
Christian Fuchs | FC Schalke | 53 Länderspiele | 1 Tor | |
György Garics | Bologna | 32 Länderspiele | 2 Tore | |
Florian Klein | Red Bull Salzburg | 14 Länderspiele | 0 Tor | |
Emanuel Pogatetz | West Ham United | 55 Länderspiele | 2 Tore | |
Sebastian Prödl | Werder Bremen | 39 Länderspiele | 3 Tore | |
Manuel Ortlechner | Austria Wien | 8 Länderspiele | 0 Tore | |
Markus Suttner | Austria Wien | 7 Länderspiele | 0 Tore | |
Mittelfeld: | David Alaba | Bayern München | 24 Länderspiele | 3 Tore |
Marko Arnautovic | Werder Bremen | 26 Länderspiele | 7 Tore | |
Julian Baumgartlinger | Mainz | 26 Länderspiele | 0 Tore | |
Martin Harnik | VfB Stuttgart | 35 Länderspiele | 9 Tore | |
Andreas Ivanschitz | Mainz | 61 Länderspiele | 11 Tore | |
Jakob Jantscher | Dynamo Moskau | 15 Länderspiele | 1 Tor | |
Zlatko Junuzovic | Werder Bremen | 26 Länderspiele | 4 Tore | |
Christoph Leitgeb | Red Bull Salzburg | 32 Länderspiele | 0 Tore | |
Franz Schiemer | Red Bull Salzburg | 24 Länderspiele | 4 Tore | |
Sturm: | Philipp Hosiner | Austria Wien | 3 Länderspiele | 2 Tore |
Marc Janko | Trabzonspor | 33 Länderspiele | 14 Tore | |
Andreas Weimann | Aston Villa | 5 Länderspiele | 0 Tore |
Auf Abruf: Thomas Gebauer (SV Ried, 0), Martin Hinteregger (Red Bull Salzburg, 0), Michael Madl (Sturm Graz, 0), Andreas Ulmer (Red Bull Salzburg, 2/0), Guido Burgstaller (Rapid Wien, 5/0), Alexander Gorgon (Austria Wien, 0), Alexander Grünwald (Austria Wien, 0), Thomas Hinum (SV Ried, 0), Raphael Holzhauser (VfB Stuttgart/GER, 0), Florian Mader (Austria Wien, 0), Marcel Sabitzer (Rapid Wien,1/0), Patrick Bürger (SV Mattersburg, 2/0), Rubin Okotie (Sturm Graz, 5/0)