Sport/Fußball

SKN-Coach Alexander Schmidt: "Vielen Trainern fehlt die Basis"

Alexander Schmidt hat schon viel erlebt. Von 1860 München über Stuttgart bis Red Bull hat sich der 50-jährige Bayer den Ruf eines meinungsstarken Fachmanns erarbeitet. Eine Transfersperre wie in St. Pölten ist aber auch für den Nachwuchs-Spezialisten etwas Neues. „Aber ich habe mich auf dieses Urteil schon vorab eingestellt“, sagt der neue SKN-Trainer vor dem Liga-Start bei Sturm Graz (17 Uhr).

Schmidt setzt vorerst auf ein 4-4-2 mit Raute und Flügelflitzer Balic in neuer Rolle als Stürmer. Das größte Fragezeichen ist der ausgedünnte Kader: „Ich hoffe, dass wir von gröberen Verletzungen verschont bleiben.“

KURIER: Sie bringen in St. Pölten neue Ideen ein. El Maestro macht das auch bei Sturm. Welches Spiel ist zu erwarten?

Alexander Schmidt: Wir haben viele Spiele von Sturm analysiert. Es gehört zum Job, einen Gegner und seinen neuen Trainer lesen zu können. Sturm ist eine gute Mannschaft, aber sie haben auch Schwächen. Und die wollen wir ausnutzen.

Hat es für Sie in St. Pölten Überraschungen gegeben?

Ich habe gehört, dass es hier sehr familiär ist und das wurde bestätigt. Ich genieße die angenehme Atmosphäre.

Thomas Silberberger von WSG Tirol ist am längsten im Amt. Seit er 2013 anfing, hat der SKN von allen Klubs die meisten Trainer verbraucht. Es muss also auch etwas Schwieriges bei diesem Verein geben.

Kühbauer wurde rausgekauft. Ansonsten wird der Verein seine Gründe gehabt haben. Ich bin nicht blauäugig: Die Ergebnisse müssen stimmen. Wenn das länger nicht passt, ist es kein Wunder, dass sich die Wege trennen.

Sie wurden bereits vor dem Start der Meistergruppe als Popovic-Nachfolger kontaktiert. Warum passt es jetzt?

Ich hätte mich bei der Anfrage im Frühjahr innerhalb von zwei, drei Tagen entscheiden müssen. Das war mir zu kurzfristig, ich wollte den Verein in Ruhe anschauen. Jetzt passt es, trotz Transfersperre. Natürlich ist der Kader dadurch dünn. Mit den Spielern bis zur Nummer 13, 14 werden wir den Gegnern aber Paroli bieten können.

Sie können keine neuen Spieler einbauen. Ist es mit dem Kader möglich, Ihre Ideen umsetzen?

Ich glaube, ein Trainer sollte einem Kader nicht eine Philosophie aufzwängen, sondern zuerst schauen, was der Kader kann. Mein Eindruck ist, dass die Spieler können, was ich will und auch voll hinter der Idee stehen.

Sie haben mehr im Nachwuchs als mit Profis gearbeitet. Ist der Unterschied groß?

Der Unterschied ist nicht so groß. Aber vielen Trainer fehlt heute die Basis.

Was meinen Sie damit?

Ich finde, man sollte als Trainer alles gesehen haben. Im Nachwuchs wird oft mehr verlangt als im Profibereich, wo du als Trainer viele Zuarbeiter hast. Es wird tatsächlich im Nachwuchs oft akribischer gearbeitet. Diese Basis hilft dir dann später.

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Und wie läuft es bei Red Bull, wo Sie zuletzt waren?

Bei Red Bull bist du von 8 bis 20 Uhr im Büro mit Arbeit eingedeckt. Da wird im Nachwuchs alles dokumentiert, es ist viel organisatorisch zu erledigen. Dazu Videoanalysen. Da würden sich manche Bundesliga-Trainer schön anschauen ...

War Ihre bislang aufregendeste Station der Chefcoach bei 1860?

Ja, bei 60 ist immer Theater. Jeden Tag sind fünf, sechs Tageszeitungen da, die Auskunft erwarten. Es war eine schöne Zeit, aber das Messer ist immer am Hals. Weil damals, in der 2. Liga, war immer nur der Aufstieg interessant. Wenn das nicht gelingt, muss der Trainer schlecht sein (schmunzelt). Ich war nur wenige Punkte hinter den Aufstiegsrängen, als ich freigestellt wurde. Jetzt sind die Sechziger in der 3. Liga.

Was soll am Ende der Saison über Ihren SKN gesagt werden?

Dass es gegen uns unangenehm ist, dass die Gegner viel laufen und kämpfen müssen, weil der SKN mit hoher Intensität spielt und dabei auch zweikampfstark ist.

Alexander Schmidt: Ein Herz für Talente

1968 in Augsburg geboren war Alexander Schmidt in Amateurligen als Fußballer aktiv. Als Trainer arbeitete er meistens im Nachwuchs, aber 2012/’13 auch als Chefcoach von 1860 München. Zuletzt war Schmidt, der als erster SKN-Trainer einen Dreijahres-Vertrag bekommen hat, in der Red-Bull-Akademie tätig.