Sport/Fußball

Das wurde aus Hicke und seinen Männern

Protokoll aus dem Fußball-Raritäten-Kabinett:

Am Donnerstag stehen Austrias entzauberte Meisterspieler im Happel-Stadion applaudierend für die Paschinger Regionalligakicker Spalier, als sich die nach dem 1:0-Finalsieg zur Pokalüberreichung begeben.

24 Stunden später sind die Paschinger Pokalhelden schon wieder die großen Verlierer, weil der LASK (gecoacht von Ex-Austria-Trainer Karl Daxbacher) sich mit einem 7:1 in Leoben zum Meister der Regionalliga Mitte kürt. Damit spielt nicht Red Bulls oberösterreichischer Satellitenklub Pasching, sondern der LASK am Montag um den Aufstieg in die zweite Bundesliga gegen Red Bulls Salzburger Satellitenklub, Westliga-Meister Liefering.

Möglicherweise kostet das den Paschinger Cup-Spezialisten Gerald Baumgartner seinen Betreuerposten, zumal er als einer der wenigen österreichischen Trainer im Konzern den deutschen Fußball-Oberlehrern ohnehin schon suspekt gewesen sein soll.

Vergleichsweise normal hingegen geht’s vor dem Schweden-Spiel beim Nationalteam zu. Dass nach einer unfreiwillig kurzen Heim-EM und anschließend verpasster WM- und EM-Qualifikation vom 28-köpfigen Aufgebot fünf Jahre danach nur noch sieben Spieler und ein Betreuer dabei sind, passt zum internationalen Trend.

Und dass der aktuelle Teamchef mehr Legionären als Leistungsträgern der nationale Liga vertraut, ist in anderen kleinen Ländern auch nicht viel anders.

Diskussionen (speziell unter Altstars wie Franz Hasil oder Felix Gasselich) löst nur Marcel Kollers Festhalten an dem in Bremen suspendierten Marko Arnautovic sowie das Aufscheinen von Spielern in Kader- und Abrufliste aus. Dort stehen Herren, die (wie Janko, Pogatetz, Klein, Hinteregger, Leitgeb) aus unterschiedlichen Gründen kaum bis gar nicht mehr spielten. Populismus kann Koller nicht vorgeworfen werden. Und sein Teamchef-Vorvorvorgänger verteidigte den Schweizer sogar. Josef Hickersberger: „Koller hat eine Linie.“

Was aber treibt der EM-Teamchef von 2008 heute?

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Am letzten Sonntag, während hierzulande der Abstiegskrimi für Mattersburg bitter endete, überraschten die Scheichs Hickersberger mit einem ungewöhnlich emotionalen Abschiedsfest am Wüstenrand. Zuvor hatte der Österreicher als gut honorierter Feuerwehrmann mit dem (von ihm einmal zum Meister gemachten) Klub Al Wahda Abu Dhabi in drei Ligaspielen sieben von möglichen neun Punkte erreicht.

Kaum zurück, füllte Sir Josef am Mittwoch in Wien auf der chinesischen Botschaft einen Visaantrag aus.

Ein lukratives Angebot lässt darauf schließen, dass in China noch in Erinnerung ist, wie der arabische Zwergstaat Bahrain unter der Regie von Kurzzeit-Teamchef Hickersberger 2010 gegen Chinas Nationalteam ein 1:1 in Guangzhou erreicht hat.

Spötter werden mit einem süffisanten Hinweis auf den in Bangkok stürmenden Roland Linz argumentieren, dass rot-weiß-rote Auslaufmodelle nur noch an exotische Futtertröge gelangen. Jedoch: Auch in der Wüste gibt es mittlerweile mehr Jobsuchende als Jobs.

Im Gegensatz zu früher, als fast schon jeder brasilianische Taxler aufgrund seiner Herkunft einen Fußball-Bonus hatte in Nah- und Fernost, gilt jetzt die deutsche Liga als Schlüssel zum Tresor. So manche No Names werden bei Verhandlungen von Bayern und Dortmund profitieren, wenn sie von Managern jenseits Europas als Jung-Jupps, Mini-Klopps oder Jogi-Kopien gepriesen werden.

Hickersberger wird heute noch der Gedanke an die verpasste einzigartige PR-Chance bei der EM 2008 schmerzen, als der spätere Vizeeuropameister gegen die ebenbürtigen Österreicher nur dank eines Ballack-Freistoßtores siegte. Und als Martin Hiden den deutschen Torjäger Miroslav Klose neutralisierte. Jener Hiden, der danach in der Versenkung verschwand.

Nie mehr spielte er im Happel-Stadion. Und nie hätte er gedacht, dass er fünf Jahre nach der EM doch noch einmal über den Prater-Rasen sprinten würde. Das war nach Abpfiff des Cup-Finales. Als er jubelnd aufs Feld eilte, um die 1:0-Sieger zu umarmen.

Martin Hiden ist Co-Trainer des FC Pasching.

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Vordere Reihe

2: Joachim Standfest, mit Kapfenberg in der zweiten Liga
17: Martin Hiden, Co-Trainer bei Cupsieger Pasching
13: Markus Katzer, bei Rapid soeben verabschiedet
1: Alexander Manninger, bei Augsburg in der deutschen Bundesliga weiter die Nummer 1, aber nicht mehr bereit, für Österreich zu spielen
21: Jürgen Macho, ein Kreuzbandriss riss den EM-Tormann von 2008 aus seiner gelungenen Comeback-Saison bei Admira
11: Ümit Korkmaz, nach seinem Wechsel von Frankfurt zu Ingolstadt mit wechselndem Erfolg in der zweiten deutschen Bundesliga. 8: Christoph Leitgeb, bei Teamchef Koller auf Abruf. Klubzukunft ungeklärt.

Mittlere Reihe

Zweiter von links: Andreas Herzog, Co-Trainer des US-Teams
16 (Nummer verdeckt): Jürgen Patocka, bei Zweitligaklub Austria Lustenau
18: Roman Kienast, in Austrias Meister-Kader
3: Martin Stranzl, siehe Manninger. In der deutschen Bundesliga (bei Mönchengladbach) Fixstarter, in Österreich an einer Teamkarriere nicht mehr interessiert
6: Rene Aufhauser, führte als Kapitän den Red-Bull-Satellitenklub Liefering zum Meistertitel in der Regionalliga West. Neben Aufhauser: Klaus Lindenberger. Folgte Hickersberger als Tormanntrainer auch in den arabischen Raum. Neben Lindenberger: Peter Persidis, der EM-Teamtrainer erlag ein Jahr nach der EM einem Krebsleiden.

Obere Reihe

22: Erwin Hoffer, verpasste mit Kaiserslautern in der Relegation gegen Hoffenheim den Aufstieg in die erste deutsche Bundesliga
12: Ronald Gercaliu, im Kader von Aue (zweite deutsche Liga)
16: Jürgen Säumel, Kapitän von Sturm Graz
9 (verdeckt): Roland Linz, genießt in Bangkok seine asiatische Sturm-&-Drangperiode
7 (verdeckt): Ivica Vastic, Trainer beim NÖ-Landesligaklub Gaflenz