Sport/Fußball

Alaba und Janko: Zwei ganz verschiedene Helden

David Alaba hat seiner Traumsaison am Freitagabend zum Abschluss noch ein weiteres Kapitel hinzugefügt. Nach dem historischen Triple mit Bayern München setzte der 20-Jährige mit seinem Elfmeter-Tor beim 2:1-Erfolg Österreichs in der WM-Qualifikation gegen Schweden dem Erfolgslauf noch ein weiteres i-Tüpfelchen auf.

Danach ging es für den Überflieger aus Wien in den wohlverdienten Urlaub, dort will er das Erlebte sacken lassen und erst so richtig realisieren. "Ich kann noch immer nicht ganz fassen, was da alles passiert ist. Das wird im Urlaub erst langsam kommen." Alaba wird zunächst noch ein paar Tage in Wien bleiben, die anschließende Urlaubsdestination wollte er nicht verraten.

"Reingehaut"

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Zum Saisonabschluss bewies er noch einmal Nervenstärke und ebnete dem Anfangs nervösen ÖFB-Team mit dem Führungstreffer den Weg zum Sieg. Nach dem Foul von Schweden-Tormann Andreas Isaksson an Martin Harnik schnappte sich Alaba in der 26. Minute den Ball und versenkte den Elfmeter souverän zum 1:0.

Gewohnt trocken beschrieb er die entscheidendes Szene im brodelnden Happel-Stadion. "Ich bin als Elferschütze auf dem Zettel gestanden, hab mir den Ball genommen und hab ihn reingehaut", meinte er zum Elfmeter. "Sicher ist man ein bisschen nervös. Aber sobald du vor dem Elfer dastehst, ist die Nervosität weg. Man versucht sich nur noch zu konzentrieren", meinte Alaba, der die Atmosphäre im Prater sichtlich genoss: "Ein Riesenlob an das super Publikum. Ohne die Fans wäre das nicht gegangen."

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Lieblingsposition

Dass Alaba bei den Bayern als linker Verteidiger und im ÖFB-Team im zentralen Mittelfeld eingesetzt wird, stellt ihn offensichtlich vor keine großen Probleme. Als Chef in der Zentrale fühlt sich Alaba auf seiner Lieblingsposition aber einfach mehr zu Hause. "Als linker Verteidiger laufe ich die Linie rauf und runter. Im zentralen Mittelfeld versuche ich das Spiel zu lenken und an mich zu reißen. Der Teamchef stellt mich gut darauf ein und ich versuche das umzusetzen. Mir macht diese Position viel Spaß."

Den Sieg gegen die Schweden sah Österreichs Fußballer der Jahre 2011 und 2012 als Lohn für die perfekte Vorbereitung in den vergangenen Tagen. Aber auch als Resultat der Teamentwicklung in den vergangenen Monaten. "Wir waren gut eingestellt und haben es gut umgesetzt. Die harte Arbeit hat sich ausgezahlt." Alaba gestand aber, dass gegen Ende der Partie "die Puste ein bisschen ausgegangen ist. Da hat man gemerkt, dass die Saison schon sehr lange ist."

Jankos Märchen-Comeback

Marc Janko hat schon eine Menge Tore in seinem Fußballerleben erzielt. Jenes am Freitagabend nimmt im persönlichen Ranking des Teamstürmers aber einen ganz besonderen Ehrenplatz ein. "Das war eines meiner schönsten Tore, denn es hat eine unglaubliche Geschichte vollendet", freute sich Janko, der mit einem herrlichen Flugkopfball das 2:0 erzielte.

Dass sich Janko dann ausgerechnet mit einem T-Shirt mit dem Namenszug des durch die Lüfte fliegenden Comichelden "Superman" von Interview zu Interview vorarbeitete, rundete die Story nur noch ab.

Auf dem Abstellgleis

Diese "unglaubliche Geschichte " begann am 17. Februar 2013. Jankos Arbeitgeber Trabzonspor verlor in der türkischen Meisterschaft gegen Fenerbahce Istanbul 0:3. Für Janko sollte es das letzte Spiel für dreieinhalb Monate bleiben. Denn Trainer Tolunay Kafkas, ein Ex-Mitspieler von Janko bei der Admira, verbannte den Österreicher ab diesem Tag gnadenlos aufs Abstellgleis.

"Die letzten Monate waren eine katastrophale Zeit", fasste Janko die vergangenen Wochen kurz und bündig zusammen. Der 29-Jährige, der im 35. Länderspiel sein 15. Tor erzielte, musste sich abseits der Profimannschaft von Trabzon fit halten. Einer hat aber dabei nie auf ihn vergessen: Österreichs Teamchef Marcel Koller. "Er hat mich immer wieder angerufen und mir Mut zugesprochen", erzählte Janko.

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Der Dank an Koller

Mit Mut zu sprechen war es aber noch nicht getan. Stattdessen schickte Kollers ÖFB-Sportwissenschafter Gerhard Zallinger Janko einen speziellen Trainingsplan in die Türkei. Diesen setzte er offensichtlich vorbildlich in die Tat um. Der Dank an Koller fiel logischerweise dementsprechend herzlich aus. "Ich bin dem Teamchef extrem dankbar, dass ich das Vertrauen geschenkt bekommen habe. Ich denke, ich habe ihm mit diesem Tor ein bisschen etwas zurückgeben können."

Denn Janko weiß, dass diese Geschichte auch ganz anders hätte ausgehen können, falls das Experiment in die Hose gegangen wäre. "Ein paar Kritiker hatten bestimmt schon durchgeladen und die Schlagzeilen vorbereitet: 'Wie kann Koller Janko einberufen und dann auch noch von Anfang an spielen lassen?'"

"Kein Maskottchen"

Der Torjäger selbst war von seinen Qualitäten stets überzeugt. "Ich bin hier sicher nicht nur das Maskottchen", hatte Janko zum Auftakt des Teamcamps in Stegersbach versichert. Und in den eineinhalb Wochen vor dem Schweden-Match überzeugte der 1,96-Meter-Riese dann Koller endgültig. "Janko hat die Trainingseinheiten sehr gut absolviert, war sehr spritzig und dazu hat auch noch seine Kopfballstärke für ihn gesprochen", argumentierte Koller.

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Beim Torjubel ließ Janko dann seinen Emotionen freien Lauf. Zuerst klopfte er sich selbst auf die Schulter, danach rutschte er mit Gebrüll Richtung Cornerfahne. Ein Schrei, den Janko vor allem Richtung Türkei und Kafkas, mittlerweile Ex-Trainer von Trabzon, schickte. "Es ist schon eine ganze Menge Genugtuung dabei gewesen. Mein mittlerweile gefeuerter Trainer ist offenbar doch nicht ganz so richtig gelegen. Das war ein Gruß an ihn. Man sagt immer, dass der Fußball unglaubliche Geschichten schreibt. So war es auch diesmal wieder."

Auch die Kollegen freuten sich über das märchenhafte Comeback des ehemaligen ÖFB-Kapitäns. "Marc hat sich wirklich voll reingehauen. Er hatte einen schweren Stand gegen die schwedischen Innenverteidiger, hat sich nicht geschont und voll reingeknallt", sagte Martin Harnik, der Janko das Tor mit einer Maßflanke auflegte. Und auch Alaba meinte: "Marc war überragend, er hat um jeden Ball gefightet, wollte jeden Kopfball für uns gewinnen. Das hat uns richtig gut getan."

Tabelle der Gruppe C

Marc Janko war aber bei weitem nicht der einzige, der Koller zu Dank verpflichtet war. Denn auch Robert Almer, Christian Fuchs, Emanuel Pogatetz und Marko Arnautovic standen trotz mangelnder Spielpraxis in der Startelf. "Wenn einem der Trainer das Vertrauen schenkt, dann will man das auch zurückzahlen. Wir haben unsere Sache gut gemacht", freute sich Kapitän Fuchs.

"Ich wollte mir den Arsch aufreißen für die Mannschaft, und das habe ich auch getan. Ich ziehe den Hut vor dem Trainer", richtete Arnautovic dem Teamchef aus.

Janko verabschiedete sich mit Verdacht auf einen Muskelfaserriss in der Pause aus dem Spiel, das Wehwehchen sollte jedoch im Urlaub rasch verheilen. Sein Vertrag in der Türkei läuft noch bis 2015. Auch wenn alles auf einen vorzeitigen Abschied hindeutet ("Das war ja ein ganz gutes Bewerbungsvideo"), ganz ad acta gelegt hat Janko das Kapitel Trabzonspor noch nicht: "Wir suchen nach wie vor das Gespräch mit dem Verein. Wir versuchen das Problem für beide Seiten zu lösen."

Die Fans im ausverkauften Wiener Ernst-Happel-Stadion feierten Österreichs Teamfußballer am Freitagabend schon WM-würdig. Der Heimsieg gegen Schweden hat die Euphorie rund um die Truppe von Teamchef Koller weiter verstärkt. Die Kicker selbst wissen jedoch trotz aller Begeisterung, dass die Endrunde 2014 in Brasilien noch ein gehöriges Stück entfernt ist. "Das war ein wichtiger, aber nur ein kleiner Schritt", meinte Martin Harnik.

"Die WM ist noch relativ weit weg. Es kommen noch jede Menge Spiele auf uns zu, in denen es ebenfalls um die Wurst geht", sagte auch Mannschaftskapitän Christian Fuchs. Österreich, das seit 1998 sechs Qualifikationen (EM und WM) in Serie verpasst hat, hat sich nun aber eine so gute Ausgangsposition wie schon lange nicht mehr erspielt. Rang zwei scheint vor dem Schlusssprint im Herbst in Reichweite, es warten aber gegen Deutschland (6.9. auswärts), Irland (10.9. daheim), Schweden (11.10. auswärts) und die Färöer (15.10. auswärts) noch mindestens vier weitere Bewährungsproben.

"Die Gejagten"

Denn auch Rang zwei würde noch lange nicht bedeuten, dass die ÖFB-Auswahl in Südamerika dabei ist. Die acht Besten der neun Gruppenzweiten matchen sich dann im Play-off in Hin- und Rückspielen um die letzten vier Tickets. Abgehobenheit ist im ÖFB-Team auch nach dem wichtigsten Sieg seit vielen Jahren nicht ausgebrochen, von einem Angriff auf den Gruppensieg, den Deutschland so gut sie sicher in der Tasche hat, sprach niemand.

"Wir sind jetzt die Gejagten, genau das wollten wir sein. Die Ausgangsposition spricht jetzt für uns", freute sich Zlatko Junuzovic. Nach Ansicht des Werder-Bremen-Legionärs steht Österreich mit 11 Punkten völlig zurecht auf Rang zwei in Gruppe C hinter Deutschland (16) und vor Irland (11) und Schweden (8/ein Match weniger). "Wir waren besser als Schweden und haben uns deshalb den Sieg verdient. So können wir auch in Schweden bestehen, wir werden auch dort unsere Chancen haben."

"Jetzt sind wir wirklich voll dabei", sagte Andreas Weimann. "Wir sind gut auf Kurs, das ist natürlich schön. So kann es weitergehen. Wir haben es selbst in der Hand, uns den zweiten Platz zu erarbeiten", resümierte Emanuel Pogatetz, der mit einem tiefen Cut unter dem linken Auge ausgewechselt wurde. "Normal spiele ich bei so etwas weiter, aber der Schiedsrichter hat es mir nicht erlaubt", meinte der in seiner England-Zeit "Mad Dog" genannte Innenverteidiger.

Noch einige Hürden

Julian Baumgartlinger sah den Sieg als "Zwischenschritt". "Das war ein positives Zeichen, aber es ist noch lange nichts entschieden", sagte Baumgartlinger, der mit David Alaba im zentralen Mittelfeld für Ordnung sorgte. Der Mainz-Legionär hob vor allem die Leidenschaft und die körperliche Komponente in der Truppe hervor. "Wie in Irland (2:2, Anm.) haben wir Wille, Moral und physische Stärke gezeigt. Da haben wir einen Schritt gemacht, der uns Punkte bringt."

David Alaba hielt den Ball ebenfalls noch flach. "Es ist noch viel zu früh, um über die WM zu sprechen. Bis dahin ist es noch ein harter Weg, auf dem wir uns von Spiel zu Spiel verbessern müssen." Tormann Robert Almer weiß, dass noch einige Hürden zu überspringen sind. "Zuerst müssen wir den zweiten Platz verteidigen, dann das Play-off schaffen. Brasilien ist also noch weit weg."