Sport/Fußball

Adi Hütter: „Meine Arbeit ist nicht auf Zufall aufgebaut“

Mit einem 0:5 im Supercup gegen die Bayern war Adi Hütter im August als Frankfurt-Trainer gestartet. Mittlerweile hat der 48-Jährige die Eintracht unter die Top-5 und in der Europa League zu sechs Siegen in sechs Partien geführt. Grund genug, um ihn ausführlich nach seinem Erfolgsrezept zu befragen.

KURIER: Wenn Ihnen nach dem Supercup-Debakel und dem Pokal-Aus in Ulm jemand gesagt hätte, dass die Eintracht im Spitzenfeld überwintert und in der Europa League alle Partien gewinnt, dann . . . .

Adi Hütter: Dann hätte ich ihm gesagt: ,Träum’ weiter!’

Und was sagen Sie heute?

Dass es schon beeindruckend ist, wie wir da gemeinsam raus gekommen sind. Und wie wir es geschafft haben, so erfolgreich zu sein.

Dabei galten Sie bei Wettanbietern als Topfavorit auf die erste Trainerentlassung.

Daran kann man erkennen, wie schnell es im Fußball gehen kann. Nämlich in beide Richtungen.

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Bei Ihnen ist es nach dem Fehlstart erstaunlich schnell nach oben gegangen. Schon in Bern hatten Sie der Mannschaft sehr rasch eine Handschrift verpasst. Wie machen Sie das? Es wird ja nicht nur Zufall und Glück sein.

Also auf Zufall ist meine Arbeit sicher nicht aufgebaut. Ich versuche einfach, meine Idee von Fußball so schnell wie möglich in die Köpfe der Spieler zu vermitteln.

Und wie funktioniert das?

Du musst als Trainer vor allem die Mannschaft davon überzeugen, dass diese Spielidee auch erfolgreich sein kann. Die Spieler haben das nicht nur rasch akzeptiert, sondern auf dem Platz auch umgesetzt.

Hilft Ihnen bei dieser Überzeugungsarbeit auch Ihre Erfahrung? Sie weisen ja gerne darauf hin, dass Sie inzwischen bereits mehr als 400 Bewerbspiele gecoacht haben.

Absolut, die Erfahrung hilft enorm. Weil man eben verschiedenste Situationen oft schon einmal oder sogar öfter erlebt hat und daraus dann die richtigen Schlüsse ziehen kann. Am Beispiel Frankfurt, dass wir alle gemeinsam in dieser unangenehmen Anfangszeit Ruhe bewahrt und Vertrauen ausgestrahlt haben.

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Wo hat Ihnen Ihr Erfahrungsschatz noch geholfen?

Es war sicher auch von Vorteil, dass ich bereits gewusst habe, wie es ist, wenn man im Europacup im Einsatz ist und dann wenige Tage später wieder in der Liga spielt. Diese Erfahrung habe ich mit Salzburg und Bern schon machen können und das kommt mir jetzt sicher zugute. Mir war klar, dass es eine gute Organisation und eine perfekte Planung braucht, um diese vielen Spiele erfolgreich bewältigen zu können.

Sie haben in Frankfurt wie bereits in Bern mit Spielern unterschiedlichster Nationalitäten und Kulturen zu tun. Welche Herausforderungen bringt das für einen Trainer mit sich?

Das ist in erster Linie bereichernd und gefällt mir besonders gut. Ich hatte diese vielen kulturellen und sprachlichen Unterschiede auch schon in Salzburg und vor allem bei den Young Boys und sehe das überhaupt nicht als Problem. Ganz im Gegenteil: Ich bin sehr offen und versuche auf die unterschiedlichen Kulturen einzugehen und beschäftige mich auch mit dem Menschen an sich. Beim Ablauf selbst gibt es ohnehin keine Probleme, es ist bei jedem Training und allen Besprechungen ein Dolmetscher dabei. Zusätzlich finde ich es aber gut, wenn die Spieler die Landessprache lernen, das hilft ihnen ja in allen Bereichen weiter.

Ihre Mannschaft spielt nicht nur erfolgreich, sondern auch attraktiv und wird für diesen Stil gefeiert. Empfinden Sie das als Trainer als Kompliment?

Mir ist wichtig dass meine Mannschaften ein klares Gesicht haben, einen klaren Wiedererkennungswert. Es ist bekannt, dass ich offensiv denke und dass ich grundsätzlich für einen begeisternden und offensiven Fußball stehe. Andererseits weiß ich sehr wohl, dass man gleichzeitig den Fokus auf die Kompaktheit legen muss. Denn sonst funktioniert es nicht.

Auch Sie kommen in Deutschland augenscheinlich sehr gut an. Wie wichtig ist Ihnen das persönlich? Muss ein Trainer heute auch neben dem Platz gute Figur machen?

Klar ist, dass man heute als Trainer überall unter Beobachtung steht, nicht nur auf dem Platz. Die Außendarstellung und Außenwirkung ist für mich sehr wichtig. Man darf nicht vergessen, dass dies nicht nur die Fans und das Umfeld des Vereins mitbekommen, sondern auch die Spieler selbst. Da ist es wichtig nach außen die richtigen Signale zu setzen.

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Sie wirken auf dem Platz und bei Interviews immer sehr abgeklärt und kontrolliert. Sind Sie wirklich so cool?

Ich habe mir das im Laufe der Zeit angeeignet. Als junger Trainer ist man ja teilweise noch viel emotionaler. Wenn du als Coach beginnst, dann bist du oft ungeduldig und ein wenig unsicher. Weil du weißt, dass du dir keinen Fehltritt erlauben darfst.

Welche Fähigkeiten sind von einem Fußballtrainer heute besonders gefragt?

Alle Kompetenzbereiche sind wichtig. Fachlich ist sowieso klar, dazu braucht es soziale Kompetenz, Kommunikation nach innen und nach außen, auch Motivation. Und dazu muss man auch Problemlöser und Krisenmanager sein, und natürlich die Zusammenarbeit mit den Medien verstehen.

Hatten Sie bei den vielen englischen Wochen überhaupt Zeit, richtig in Frankfurt anzukommen und die Stadt kennen zu lernen?

Bis jetzt leider noch viel zu wenig. Wobei ich zumindest immer wieder die Zeit finde am Abend Restaurants zu besuchen.

Wonach sehnen Sie Sich jetzt zu Weihnachten?

Ich freu’ mich sehr, kurzen Abstand zum Fußball zu gewinnen, mich zu erholen und vor allem die Tage mit meiner Familie zu verbringen. Nach Weihnachten geht’s kurz auf die Piste nach Obertauern, aber man muss sich ja vorstellen, dass wir am 4. Jänner bereits wieder ins Trainingslager nach Florida fliegen.