Frankreich schlägt Kroatien und ist Weltmeister
Frankreichs Fußball-Nationalmannschaft hat sich zum zweiten Mal in der Verbandsgeschichte den Weltmeistertitel gesichert. "Les Bleus" setzten sich am Sonntag in einem packenden Finale im Moskauer Luschniki-Stadion gegen Kroatien 4:2 (2:1) durch und durften nach 1998 wieder die WM-Trophäe entgegennehmen. Für Coach Didier Deschamps schloss sich ein Kreis, er hatte 1998 noch als Spieler triumphiert.
Der 49-Jährige ist erst der dritte Akteur, der als Spieler und Trainer Weltmeister wurde. Ein frühes Eigentor von Mario Mandzukic (18.), das erste in einem WM-Finale überhaupt, und Treffer von Antoine (39./Handelfmeter), Paul Pogba (59.) und Kylian Mbappe (65.) brachten vor 78.011 Zuschauern die Entscheidung zugunsten der "Equipe Tricolore". Für die Kroaten waren Tore von Ivan Perisic (28.) und Mandzukic (69.) zu wenig. Sie konnten trotzdem positiv bilanzieren, war der Finaleinzug doch der bisher größte Erfolg bei großen Turnieren überhaupt.
Bestbesetzung
Die Franzosen gingen zwei Jahre nach dem verlorenen Duell mit Portugal bei der Heim-EM 2016 als Sieger aus einem Endspiel hervor. Und das mit dem mit im Schnitt 26 Jahren und 90 Tagen jüngsten WM-Finalteam seit Argentinien 1978. Kroatien bleibt ein gern gesehener Gegner, auch im sechsten Duell gab es keine Niederlage und den vierten Sieg. Zwei davon bei WM-Turnieren.
Beide Teams konnten personell aus dem Vollen schöpfen. Wenig überraschend kamen bei den Franzosen jene elf Spieler zum Einsatz, die auch beim Halbfinal-1:0 gegen Belgien in der Startformation gestanden waren. Kroatien-Teamchef Zlatko Dalic setzte auf jene Akteure, die auch beim 2:1-Sieg nach Verlängerung über England begonnen hatten.
Nach der feierlichen Schlussfeier legten die Kroaten gleich gut los, waren trotz einem Tag weniger Regeneration und der größeren Strapazen aufgrund von drei Verlängerungen bissiger, aggressiver und mutiger. Die Franzosen waren auf eine stabile Defensive bedacht, gingen kein Risiko ein. Das Spiel nach vorne war fast gar nicht vorhanden, der erste Treffer gelang ihnen aber trotzdem. Griezmann bekam einen strittigen Freistoß zugesprochen und seine Hereingabe lenkte unglücklich per Kopf ins eigene Tor ab.
Kroatien gibt Vollgas
Die Kroaten ließen sich davon aber nicht beirren, zogen ihr Spiel weiter durch und wurden auch schnell belohnt. Nach Modric-Freistoßflanke und Vrsaljko-Weiterleitung landete der Ball über weiteren Stationen bei Perisic, der Kante mit einem Haken aussteigen ließ und das Leder mit links ins lange Eck knallte (28.). Völlig verdient für die spielbestimmenden Kroaten.
Ihnen fehlte an diesem Tag aber das nötige Glück. Ivan Perisic bekam den Ball nach einer Griezmann-Ecke unglücklich an die Hand und der argentinische Schiedsrichter Nestor Pitana entschied nach genauem Studium der TV-Bilder auf Elfmeter. Griezmann behielt die Nerven und verwandelte souverän. Die Kroaten hätten beinahe wieder postwendend zurückgeschlagen, Ante Rebic traf den Ball aus bester Position aber nicht richtig (40.).
Wenige Minuten nach Seitenwechsel sorgten vier Flitzer für eine kurze Unterbrechung. Danach ging es munter weiter und machten die Franzosen den Sack zu. PSG-Jungstar leitete das 3:1 mit ein. Griezmann legte in der Folge ab auf Pogba, der im zweiten Versuch traf, nachdem der erste Abschluss noch geblockt worden war.
Lloris patzt
Mbappe krönte seine nach der Pause deutlich stärkere Vorstellung zudem mit dem 4:1, schoss wuchtig ins Eck ein. Der Stürmer avancierte mit 19 Jahren und 207 Tagen zum zweitjüngsten WM-Final-Torschützen aller Zeiten. Nur die brasilianische Legende Pele war 1958 beim Erfolg gegen Schweden mit 17 Jahren jünger.
Kroatien drohte plötzlich ein Debakel, ein haarsträubender Schnitzer von Hugo Lloris ließ die "Vatreni" aber nochmals hoffen. Der Frankreich-Goalie schoss Mandzukic an, der Ball kullerte ins Tor. Die Wende lag aber nicht mehr in der Luft, obwohl die Dalic-Truppe alles nach vorne warf. Die Franzosen durften deshalb in der Folge die rund 37 Zentimeter große und 6,14 Kilogramm schwere Gold-Trophäe in den Himmel strecken.
Mittelstürmer Oliver Giroud blieb im gesamten Turnierverlauf ohne Treffer. Das war ein gutes Omen, hatte doch auch beim zuvor einzigen WM-Triumph 1998 mit Stephane Guivarc'h ein etatmäßiger Angreifer nicht ins Tor getroffen gehabt. Zudem ging eine weitere Serie weiter: Frankreich hat weiterhin noch nie ein Länderspiel verloren, wenn N'Golo Kante und Pogba in der Startelf standen. In 19 Partien gab es 15 Siege und vier Remis. Der Titelgewinn lohnt sich auch finanziell: Die FIFA schüttet 38 Millionen Dollar (32,64 Mio. Euro) als Prämie für den Sieger aus.
Reaktionen
Didier Deschamps (Teamchef Frankreich): "Es ist fabelhaft. Wir haben heute mentale Qualitäten bewiesen. Es ist verdient, wir haben vier Tore geschossen. Ich bin sehr glücklich. Wir haben viel gearbeitet, es gab auch schwierige Momente. Jetzt sind meine Spieler für zumindest vier Jahre an der Spitze der Welt. Ich bin da, um Ziele zu erreichen. Die Niederlage im EM-Finale vor zwei Jahren hat sehr wehgetan, es war eine Lektion für mich und die Spieler. Der Sieg gehört allen - dem Team, dem Betreuerstab, dem ganzen Verband. Wir sind stolz, Franzosen zu sein. Lang lebe die Republik."
Antoine Griezmann (Frankreich-Torschütze): "Ich weiß nicht, wo ich bin. Ich bin sehr glücklich, es war ein schwieriges Match. Wir haben schwer in die Partie hineingefunden, das Tor hat vieles gelöst."
Zlatko Dalic (Trainer Kroatien): "Ich habe den Spielern gesagt: Ihr könnt erhobenen Hauptes gehen, ihr könnt stolz sein. Hätte uns einer vor dem Turnier gesagt, dass wir Vizeweltmeister werden, hätten wir das wunderbar gefunden. Ich danke all meinen Spielern. Wenn ich zurückblicke, erfüllt es mich mit Stolz." Zu den umstrittenen Schiedsrichter-Entscheidungen: "Ich kommentiere nie Schiedsrichter-Entscheidungen. In einem WM-Finale gibst du so einen Elfmeter aber nicht. Es schmälert jedoch in keiner Weise den Sieg der Franzosen. Der Schiedsrichter hat nur entschieden, wie er es gesehen hat."
Davor Suker (Verbandschef Kroatien, früher Stürmerstar): "Ich bin sehr stolz auf die Mannschaft. Ich habe viele Nachrichten bekommen, dass die Leute Kroatien bewundern. Wir haben drei Spiele mit Verlängerung gespielt, das ist in Wirklichkeit ein Spiel mehr. Trotzdem kann niemand sagen, dass die Spieler nicht ihr Leben gegeben hätten auf dem Platz. Ich möchte jetzt erstmal eine Woche an die Adria ans Meer und ausruhen. Ich bin tot - innen und außen."
Kylian Mbappe (Torschütze Frankreich): "Ich bin so glücklich. Unsere Ambition war es, zu gewinnen. Der Weg zum Titel war weit, aber wir sind sehr stolz darauf, dass wir die Franzosen glücklich machen konnten, damit sie ihre Alltags-Sorgen vergessen können. Jetzt feiern wir, und wir werden den ganzen Sommer feiern. Es gibt eine Zeit für alles - in ein paar Wochen werden wir dann wieder mit der Arbeit beginnen können."
Olivier Giroud (Spieler Frankreich): "In der Kabine feiern wir gerade mit den Präsidenten Macron und Putin und ich wurde auserwählt, mit der Presse zu reden. Eigentlich will ich so schnell wie möglich zu meinen Teamkollegen zurück. Ich war die letzten zehn Minuten auf der Bank und als der Abpfiff kam, sind alle Dämme gebrochen. Ich bin einfach gerannt und habe geweint. Ich werde sicher meine Wette einlösen und mir den Kopf rasieren lassen. Aber bitte erst nach der Taufe meines dritten Kindes."
Benjamin Pavard (Spieler Frankreich): "Verteidiger Lilian Thuram war immer mein Idol und jetzt bin ich wie er Weltmeister. Ich bin aus dem Nichts gekommen, vor zwei Jahren stand ich noch mit meinen Kumpels während der EM in der Fanzone. Nun bin ich Weltmeister, mit nur 22 Jahren. Ich kann es kaum erwarten, nach Hause zu kommen und mit den Franzosen zu feiern."
Frankreich 4:2 Kroatien
Moskau, Luschniki-Stadion, Schiedsrichter Nestor Pitana (Argentinien)
Tore: 1:0 Mandzukic (Eigentor/19.), 1:1 Perisic (28.), 2:1 Griezmann (Elfmeter/38.), 3:1 Pogba (59.), 4:1 Mbappe (65.), 4:2 Mandzukic (69.)
Frankreich: Lloris - Pavard, Varane, Umtiti, Hernandez - Pogba, Kante (55. Nzonzi) - Mbappe, Griezmann, Matuidi (73. Tolisso) - Giroud (81. Fekir)
Kroatien: Subasic - Vrsaljko, Lovren, Vida, Strinic (82. Pjaca) - Rakitic, Brozovic - Rebic (71. Kramaric), Modric, Perisic - Mandzukic
Gelbe Karte: Kante (28.), Hernandez (41.) bzw. Griezmann (90.)
Steckbrief des neuen Weltmeisters Frankreich
Hauptstadt: Paris
Einwohner: 66,9 Mio.
Verband: Federation Francaise de Football (FFF), gegründet 1919
FIFA-Weltrangliste: 7.
Weg zum Titel:
Sieger Gruppe C (2:1 Australien, 1:0 Peru, 0:0 Dänemark)
Achtelfinale: 4:3 gegen Argentinien
Viertelfinale: 2:0 gegen Uruguay
Halbfinale: 1:0 gegen Belgien
Finale: 4:2 gegen Kroatien
WM-Teilnahmen:
15 (1930, 1934, 1938, 1954, 1958, 1966, 1978, 1982, 1986, 1998, 2002, 2006, 2010, 2014, 2018)
Größte Erfolge:
Weltmeister 1998 und 2018
Vize-Weltmeister 2006
WM-Dritter 1958 und 1986
Europameister 1984 und 2000, Vize-Europameister 2016
Teamchef:
Didier Deschamps (seit Juli 2012)
Die Stars:
Antoine Griezmann (Atletico Madrid)
Kylian Mbappe (Paris Saint-Germain)
Paul Pogba (Manchester United)
Beste Turnier-Torschützen:
Antoine Griezmann, Kylian Mbappe (je 4)