Ein Kopfballtor bringt Frankreich ins WM-Finale
Frankreich steht 20 Jahre nach dem Titelgewinn bei der Heim-WM wieder im Finale einer Fußball-Weltmeisterschaft. Die "Equipe Tricolore" setzte sich im ersten Halbfinale des Turniers in Russland am Dienstagabend gegen Belgien mit 1:0 (0:0) durch. Innenverteidiger Samuel Umtiti traf in der Arena von St. Petersburg in der 51. Minute nach einem Eckball per Kopf entscheidend.
Im Finale im Moskauer Luschniki-Park wartet auf die Mannschaft von 1998er-Weltmeister Didier Deschamps am Sonntag (17.00 Uhr MESZ) der Sieger des zweiten Halbfinales zwischen England und Kroatien. Es ist das dritte Mal in der französischen Verbandsgeschichte, dass die Blauen bis ins WM-Endspiel vorgestoßen sind. 2006 scheiterten sie in Berlin an Italien. Belgiens "Goldene Generation" bleibt ungekrönt und spielt am Samstag nur um Rang drei.
Furioser Start
Frankreich belohnte sich für eine kompakte Vorstellung, wankte aber vor dem schlussendlich entscheidenden Treffer durchaus. Das 74. Duell der beiden Nachbarn gestaltete sich vor 64.286 Zuschauern insgesamt von Start weg unterhaltsam. Die Teams verzichteten auf langes Abtasten. Thibaut Courtois und Hugo Lloris im belgischen bzw. französischen Tor waren gefordert, die in der Elite der Torhüterzunft angesiedelten Schlussmänner agierten aber jeweils blendend.
Courtois klärte zunächst gegen den heranstürmenden Kylian Mbappe noch rechtzeitig, dann hatte vor allem Lloris brenzlige Momente zu überstehen. Ein Versuch von Eden Hazard zischte am langen Eck vorbei, dann sauste ein abgefälschter Schuss von Belgiens Kapitän knapp über die Latte. Nach dem anschließenden Eckball kam Toby Alderweireld an den Ball, Lloris zeichnete sich mit einer Parade aus (21.). Der vor dem Halbfinale bei fünf Siegen in fünf WM-Auftritten haltende Brasilien-Bezwinger war der Führung näher.
Nach Lloris' Parade agierten die Franzosen dann kompakter. Vorne sorgte der pfeilschnelle Mbappe für Betrieb in Belgiens Hintermannschaft. Der 19-jährige Jungstar fand Benjamin Pavard mit einem Lochpass, Courtois war beim Abschluss des Rechtsverteidigers (39.) mit dem Fuß noch entscheidend zur Stelle.
Umtiti trifft
Vor den Augen des belgischen Königspaares Philippe und Mathilde bzw. Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron versuchten die "Roten Teufel" nach der Pause, wieder das Heft in die Hand zu nehmen. Frankreich gelang aus der ersten Offensivaktion nach Wiederanpfiff jedoch die Führung. Der weiter torlose Mittelstürmer Olivier Giroud holte einen Eckball heraus, den Antoine Griezmann auf das kurze Eck zirkelte. Dort setzte sich Barcelona-Profi gegen den baumlangen Marouane Fellaini durch. Wieder einmal fiel ein wichtiges Tor bei dieser WM aus einer Standardsituation.
Mbappe zauberte danach, Giroud brachte den Ball aber nicht Richtung Tor. Bei den Belgiern brachte Trainer Roberto Martinez nach einer Stunde Dries Mertens für Mousa Dembele und damit mehr Mut zum Risiko ins Spiel. Gleichzeitig liefen sie Gefahr, in Konter der nun tief stehenden Franzosen zu laufen. So musste Hazard eine Gelbe Karte nehmen, um einen gefährlichen Gegenstoß noch unterbinden zu können. Mertens sorgte am rechten Flügel immerhin für Elan, seine Flanke setzte Fellaini per Kopf neben die Stange (65.).
Gegen Frankreichs nun dicht gestrickte Defensivreihen rannten sich die Belgier aber vergeblich fest. Lloris war auch bei einem Gewaltschuss von Axel Witsel mit den Fäusten zur Stelle (81.). Die Schlussoffensive kam nicht mehr. Belgien blieb das Finale wie bei der zuvor einzigen Halbfinal-Teilnahme bei der WM 1986 auch in Russland verwehrt.
"Es ist außergewöhnlich"
Didier Deschamps (Trainer Frankreich): "Es ist außergewöhnlich. Ich bin sehr glücklich für meine Spieler. Sie sind eine sehr junge Mannschaft, aber sie haben Charakter. Es war schwer, Belgien hat eine starke Mannschaft. Wir haben in der Abwehr viel gearbeitet, vielleicht hätten wir im Konter gefährlicher sein können. Aber ich bin sehr zufrieden."
Roberto Martinez (Trainer Belgien): "Eine Standardsituation hat den Unterschied ausgemacht. Es war ein enges Spiel, und es wurde durch das Quäntchen Glück vor dem Tor entschieden. Meine Spieler waren hervorragend, ich hätte nicht mehr erwarten können. Es sind die kleinen Details im Halbfinale einer WM, die entscheiden. Jetzt herrscht natürlich eine große Enttäuschung. Wir haben jetzt noch ein Spiel und ich wünsche mir, dass wir das Turnier erfolgreich abschließen, das haben diese Spieler verdient."
Samuel Umtiti (Torschütze Frankreich): "Ich bin natürlich sehr stolz. Wir haben viel gearbeitet, alles gemeinsam erarbeitet. Heute haben wir ein großes Spiel gezeigt." Zum Vergleich mit 1998er-Mannschaft: "Sie haben ihre Arbeit 1998 gemacht, wir jetzt die unsere. Wir wollen unsere Geschichte schrieben."
Kylian Mbappe (Frankreich): "Es ist unglaublich. Das ist ein Traum eines Traums. Ich habe keine Worte. Nicht in meinen wildesten Träumen hätte ich mir das vorstellen können. Es gibt noch einen Schritt zu machen, aber wir sind stolz darauf, was wir geschafft haben. Didier Deschamps war zufrieden in der Kabine. Wir sind alle glücklich. (Frankreichs) Präsident Emmanuel Macron hat uns besucht. Er hat gesagt, er kommt zum Finale wieder her, um uns mit dem Pokal zu sehen."