Sport/Fußball-EM

Frankreich beendet das isländische EM-Märchen

Es war einmal eine kleine Fußballnation, die bei ihrer ersten EM-Teilnahme für unglaublich viel Aufsehen sorgte: mit ihren mutigen und leidenschaftlichen Auftritten; mit ihren fröhlichen und lautstarken Anhängern; mit ihren skurrilen und interessanten Geschichten vom Zahnarzt als Co-Trainer oder vom Werbefilmer als Nationaltorwart.

Es war einmal das isländische Fußballmärchen.

Seit Sonntag ist es ausgeträumt. Das Märchen endete nach 45 Minuten an einem verregneten Abend in Saint-Denis. 0:4 stand es zu diesem Zeitpunkt aus Sicht der Isländer im Viertelfinale gegen EM-Gastgeber und Turniermitfavorit Frankreich.

In Reykjavik hatten sich 30.000 Sons und Dottirs des Inselstaates zum Public Viewing eingefunden. Sie alle wollten an einem heißen Sommertag (14 Grad Celsius!) in Islands Hauptstadt den nächsten denkwürdigen Fußballabend erleben. Und sie bekamen ihn zu sehen.

Denn was die Franzosen in der ersten Halbzeit mit Gegner und Ball anstellten, war durchaus bemerkenswert. Keine Spur von der Lethargie und Konzeptlosigkeit, die einige Experten im Verlauf dieses Turniers der Grande Nation und ihrem Teamchef Didier Deschamps vorgeworfen hatten.

Inspiriert

Von Tormann Lloris bis zu Sturmspitze Giroud zeigte Frankreich in den ersten 45 Minuten die bis dato kompakteste und inspirierteste Leistung dieser EM gegen einen Gegner, der zwar über weite Strecken überfordert schien, der aber dennoch den Kampf nicht scheute.

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Mit Spielwitz suchte und fand Frankreich die frühe Entscheidung in diesem Viertelfinale: In Minute 12 enteilt Giroud nach einem weiten Ball in die Tiefe von Matuidi, und der Arsenal-Stürmer vollendet durch die Beine des isländischen Tormanns zum 1:0. Wie vielseitig sich die Franzosen an diesem Abend zeigten, bewies das 2:0 – einen Griezmann-Eckball verwertet Pogba mit einem wuchtigen Kopfball (20.).

Für den hochveranlagten Mittelfeldstar von Juventus Turin war es nicht nur der erste Treffer, sondern auch die erste wirklich überragende Vorstellung bei dieser Endrunde. Angeführt von Pogba im zentralen Mittelfeld verloren die Franzosen nie die Balance – trotz früher, komfortabler 2:0-Führung.

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Für die Entscheidung sorgten die bisherigen Lichtgestalten der Équipe tricolore: Erst traf Payet von der Strafraumgrenze flach und platziert zum 3:0 (43.), zwei Minuten später legte Flügelspieler Griezmann mit einem Heber zum 4:0 nach.

Tapfer

Erst in Halbzeit zwei ließ Frankreich ein wenig nach – und die stets tapferen Isländer kamen zu zwei Treffern. Das erste isländische Aufbäumen konterte Giroud prompt mit Treffer Nummer fünf.

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Nun kommt es am Donnerstag im Halbfinale zum nächsten Schlager: Gastgeber Frankreich gegen Weltmeister Deutschland. Das Duell gab es bereits vor zwei Jahren bei der WM: Damals siegten die Deutschen im Viertelfinale knapp mit 1:0.

Aron Gunnarsson (Island-Kapitän): "Es war schwierig, aber eine tolle Erfahrung. Mir fehlen die Worte. Es war ein schreckliches Spiel für uns. In der zweiten Halbzeit haben wir gut gespielt, wir haben entschieden, dass wir das Turnier gut für uns beenden wollen"

Didier Deschamps (Frankreich-Teamchef): "Die Spieler verdienen ein großes Bravo. Auch die Fans die uns so gut unterstützen. Deutschland ist ohne jeden Zweifel das beste Team. Aber wir sind da, und wir spielen um unsere Chance gegen das beste Team der Welt".