Sport/Fußball-EM

Duell der Torhüter: Goldenes Hand-Werk

Vierfacher Welttormann Buffon gegen dreifacher Welttormann Neuer. Viermaliger Weltmeister gegen viermaliger Weltmeister. Am Samstag steigt in Bordeaux das sportliche Highlight des Viertelfinales: Deutschland gegen Italien.

Sie zählen weltweit zu den Besten ihres Hand-Werks. Wer von den beiden ist aber die Nummer 1? Gianluigi Buffon hat seine Autobiografie schon im Jahr 1998 "Numero 1" genannt.

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"Es sind Nuancen, die die beiden unterscheiden", sagte der deutsche Tormanntrainer Andreas Köpke am Mittwoch bei der Pressekonferenz, wo er von deutschen und italienischen Journalisten zum Thema befragt wurde. Nuancen mögen es in der Strafraumarbeit sein von Italiens 38-jährigem Schlussmann aus Carrara (160 Teamspiele) und von Deutschlands 30-jährigem Tormann (69 Länderspiele) aus Gelsenkirchen. Doch Neuer interpretiert seinen Tätigkeitsbereich etwas weiter als Buffon, er hält sich nicht an die Enge des Strafraums. "Es gehört zu meinem Spiel, Risiko einzugehen. Dadurch kassiere ich vielleicht mal einen Ball, bei dem ich doof aussehe. Aber viele andere pariere ich dadurch auch."

Unordentliche Sofakissen

Manuel Neuer ist ein Musterprofi. Er sagt: "Perfektionist bin ich als Torwart, wo ich jede Situation perfekt lösen will – ob im Training oder im Spiel. Auch wenn wir Karten zocken, will ich acht von acht Stichen machen. Ob bei mir zu Hause allerdings die Sofakissen immer ordentlich liegen, ist mir dagegen ziemlich wurscht."

Gianluigi Buffon hingegen lotet gern Grenzen aus: Er hat seine Matura gefälscht und sich auf der Uni eingeschrieben. Der Schwindel flog auf, Buffon musste Strafe zahlen. 2010 wurde ihm vorgeworfen, rund 1,5 Millionen Euro an ein Wettbüro überwiesen zu haben. Wettbetrug konnte ihm aber nicht nachgewiesen werden. "Ich mache mit meinem Geld, was ich will", sagte er trotzig. Er trug ein Trikot mit der Nummer 88, dem Heil-Hitler-Code. Er sagte, dass es ihm von einem Fan geschenkt worden sei und entschuldigte sich bei der jüdischen Gemeinde.

Geld und Liebe

Buffon kaufte seinen Heimatklub. Und verlor dabei viel Geld. Noch mehr verlor er mit der Mehrheitsbeteiligung bei der italienischen Traditionsfirma Zucchi (Heimtextilien, Bettwäsche). Im Privatleben erlag er dem Charme der TV-Moderatorin Ilaria D’Amico (im Jänner wurde ihr Sohn geboren) und verließ seine Frau (das tschechische Model Alena Seredova) und seine beiden Söhne.

Eine Trennung ist wohl das Einzige, das nicht in Neuers Strahlemann-Image passt. Kurz nach dem WM-Titel 2014 war nach fünf Jahren Schluss mit Kathrin Gilch. Beim Oktoberfest knutschte er erstmals mit seiner neuen Freundin Nina.

Fünf Spiele ohne Gegentreffer bei einer EM (Elfmeterschießen nicht eingerechnet) – das gelang bislang nur einem Teamtormann: Iker Casillas aus Spanien kassierte bei der EM 2012 nur im Auftaktspiel gegen Italien ein Tor, anschließend hielt er seinen Arbeitsplatz 509 Minuten sauber (abgesehen von zwei Treffern der Portugiesen beim Elferschießen im Semifinale).

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Iker Casillas hält noch weitere Rekorde: So ist das Turnier in Frankreich die fünfte Teilnahme an einer EM-Endrunde für den europäischen Rekordnationalspieler (167 Länderspiele) und fünfmaligen Welttorhüter (2008 bis 2012). Der Spanier, beim Turnier in Frankreich nur Ersatz, ist damit alleiniger Spitzenreiter in dieser Liste – unter anderem vor Lothar Matthäus, Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger mit je vier Teilnahmen. Es war jedoch eine traurige Rekord-Teilnahme für Casillas. Er spielte keine Minute und musste von der Bank ansehen, wie Spanien gegen Italien scheiterte.
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AlsDino Zoffmit Italien 1968 Europameister wurde, hatte er gerade einmal vier Länderspiele absolviert. Es war der Beginn einer großen internationalen Torhüter-Karriere, die 1982 mit dem Gewinn des WM-Titels gekrönt wurde. Da war Zoff schon 40 – bis heute ist er der älteste Spieler, der Weltmeister wurde. Als Trainer führte er Italien bei der EM 2000 bis ins Finale.
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Lew Jaschinwar bei den ersten Europameisterschaften der überragende Keeper. Der stets in Schwarz gekleidete UdSSR-Goalie wurde "schwarze Spinne", "schwarzer Panther" oder "schwarzer Krake" genannt. Er führte seine Mannschaft zum EM-Titel 1960 und wurde vier Jahre später Vize-Europameister. Jaschin wurde 1963 zu Europas Fußballer des Jahres gewählt – bis heute als einziger Tormann. Anfang der Fünfziger war Jaschin nicht nur Goalie der Fußballmannschaft von Dynamo Moskau, sondern stand auch des Eishockey-Teams seines Klubs – und wurde Vizemeister.
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Portugals TormannRicardo wurde 2004 im EM-Viertelfinale gegen England im Elferschießen zum Helden. Beckham hatte verschossen, Costa ebenfalls. Bei 5:5 trat Darius Vassell an, Ricardo Alexandre Martins Soares Pereira hielt den Elfer ohne Handschuhe. Danach legt er sich selbst den Ball auf den Punkt, traf gegen David James und schoss Portugal ins Semifinale.

Bei der Heim-EM 1988 war Eike Immel die Nummer eins im deutschen Tor. Das 1:2 gegen die Niederlande im Halbfinale war sein letztes Länderspiel. Sein erstes hatte er im Oktober 1980 bestritten – ebenfalls gegen die Niederlande. Mit 19 Jahren war Immel bei seinem Teamdebüt jünger als jeder anderer Tormann des DFB-Teams. Steuersparmodelle, Autos, Freundinnen und seine Wettleidenschaft brachten den mittlerweile 55-Jährigen an den Rand des Abgrunds. 2007 war Immel zum ersten Mal pleite. Schulden in sechsstelliger Höhe trieben ihn schließlich im April 2008 in die private Insolvenz.