Sport/Fußball-EM

Zimmerkollegen Janko und Bjarnason im "verbalen Duell"

Beim FC Basel sind Marc Janko und Birkir Bjarnason Zimmerkollegen. Am Mittwoch werden nun aus den Freunden Konkurrenten. Im letzten Match steht für beide der Aufstieg ins Achtelfinale auf dem Spiel. Der KURIER bat Janko und Bjarnason zum österreich-isländischen Doppelpass.

KURIER: In welcher Sprache sollen wir das Gespräch führen? Etwa in Schweizerdeutsch?

Birkir Bjarnason: Bloß nicht, da verstehe ich kein Wort.

Marc Janko: Ich könnte es dir ja übersetzen. Als Österreicher versteht man die Schweizer schon. Für Birkir ist es natürlich schwieriger, aber er hat ja mich als Lehrer. Ich bring’ ihm sowieso immer wieder einige Wörter deutsch bei. Das ist der erste Schritt, wenn er das beherrscht, dann kann er sich ja auch ans Schwyzerdütsch heranwagen.

Isländisch ist auch nicht gerade eine einfache Sprache: Wissen Sie eigentlich noch, wie der berühmte Vulkan heißt, der vor sechs Jahren den Flugverkehr in halb Europa lahm gelegt hat?

Janko: Gute Frage. Ich kann mich noch daran erinnern, dass auch wir damals nicht fliegen konnten. Es war jedenfalls ein komplizierter Name, so viel weiß ich noch: Birkir, wie heißt der Vulkan?

Bjarnason: Eyjafjallajökull.

Janko: Wie? Noch einmal.

Bjarnason: Eyjafjallajökull.

Janko: Natürlich.

Mark Janko, was wissen Sie sonst noch über Island?

Janko: Ich selbst war noch nie dort, aber ich habe viele Bilder gesehen. Es muss eine fabelhafte Landschaft sein. Birkir ist der erste Isländer, den ich richtig kennengelernt habe. Vielleicht wäre es sogar einmal interessant, dort Urlaub zu machen. Ich warte auf eine Einladung von ihm.

Und bei Ihnen, Birkir Bjarnason, wie sieht es mit Ihren Österreich-Kenntnissen aus?

Bjarnason: Ich war schon öfter in Österreich, aber eigentlich immer nur zum Fußballspielen. Ich kenne eigentlich nur die Fußballplätze, vom Land habe ich weniger gesehen.

Sie beide scheinen sich nach einem Jahr in Basel gut zu verstehen, oder täuscht der Eindruck?

Janko: Nein, das täuscht überhaupt nicht. Wir sind beide neu zum Verein gekommen und haben in den ersten sieben, acht Wochen auch im gleichen Hotel gewohnt. Da haben wir zwangsläufig viel Zeit miteinander verbracht. Im Trainingslager waren wir dann sogar Zimmerkollegen. Wir sind drauf gekommen, dass wir auch Gemeinsamkeiten haben.

Zum Beispiel?

Bjarnason: Wir spielen beide gerne Golf.

Aha, und wer gewinnt das Duell auf dem Green?

Janko: Was für eine Frage, natürlich schlage ich ihn. Er ist immer beim Verlieren.

Herr Bjarnason, wie ist denn die Erwartungshaltung in Island? Kennt das Land auch so etwas wie fußballerischen Ausnahmezustand?

Bjarnason: Die Fußballnationalmannschaft ist so populär, wie noch nie zuvor, da tut sich wirklich einiges. Jetzt lieben sie uns.

War das denn nicht immer so?

Bjarnason: Es gab eine Zeit, da hatte das isländische Nationalteam in der Öffentlichkeit ein negatives Image. Da waren Spieler dabei, die einfach die falsche Einstellung hatten. Mehr will ich darüber aber auch gar nicht erzählen, die Zeiten sind vorbei.

Dann verraten Sie wenigstens, was das Erfolgsgeheimnis der Isländer ist?

Bjarnason: Damit Marc dann weiß, wie Österreich uns besiegen kann? Sicher nicht. Nein, Scherz beiseite: Jeder weiß, dass wir eine sehr gute, starke, kompakte Defensive haben. Wir verteidigen als Einheit, wir haben aber auch die Leute, die richtig gut Fußball spielen können. Das Allerwichtigste ist sicher das Teamwork.

Janko: Das ist im Grunde wie bei uns in Österreich. Birkir, in meinen Augen habt ihr etwas Außergewöhnliches erreicht. Wenn man sich einmal die Einwohnerzahl von Island ansieht – das wäre ja fast so, als ob sich eine Stadt wie Graz für die Europameisterschaft qualifiziert hätte. Die Story ist eigentlich unglaublich, und deshalb habe ich auch großen Respekt vor Island. Ich glaube, dass ihr ein sehr unangenehmer Gegner sein werdet. Das wird zäh.

Also gibt es am Mittwoch keinen Favoriten?

Janko: Wir sind sicher nicht so übermütig und großspurig, dass wir sagen können, wir schießen die vom Platz. Das werden die Isländer aber auch nicht tun.

Auf welchem Team lastet denn mehr Druck?

Bjarnason: Ganz bestimmt auf den Österreichern. Wir sind mehr der Underdog. Man braucht sich ja nur die FIFA-Rangliste ansehen.

Unter Marcel Koller ging’s mit Österreich steil bergauf. Dabei wäre seinerzeit um ein Haar Lars Lagerbäck, der aktuelle isländische Coach, österreichischer Teamchef geworden.

Birkir: Wirklich? Ich habe gar nicht gewusst, dass unser Teamchef in Österreich ein Thema war.

Janko: Ich glaube, dass beide eine gute Wahl gewesen wären. Das sieht man ja auch daran, wie sich das isländische Nationalteam präsentiert. Aber wir sind in Österreich schon happy, dass wir den Marcel Koller haben.

Herr Janko, ist es denn notwendig, ins Achtelfinale zu kommen, um endlich die berühmte Cordoba-Generation vergessen zu machen?

Bjarnason: Von was redet ihr da?

Janko: Sei froh, dass du davon noch nie gehört hast. Die Cordoba-Nummer wird von den Medien jedes Mal aufs Neue aus der Schublade herausgeholt, wenn wir gegen Deutschland spielen.

Bjarnason: Um was geht’s da eigentlich?

Janko: WM 1978 in Argentinien, Österreich hat Deutschland in Cordoba mit 3:2 besiegt. Das Lustige daran ist ja, dass jeder meint, dass in Cordoba ein großer Erfolg erreicht worden wäre. Tatsache ist, dass Österreich damals nur Deutschland mit nach Hause genommen hat. Ich war erstaunt, nein, eigentlich war ich sogar enttäuscht, als ich als junger Bub herausgefunden habe, dass Österreich damals in Cordoba auch ausgeschieden ist. Und dann wird eine so große Geschichte daraus gemacht. Das Cordoba-Thema ist wirklich nervig, ich glaube sogar für die Spieler, die damals dabei waren.

Janko: Der Goalgetter

Marc Janko (*25. Juni 1983) durchlief den Admira-Nachwuchs und wechselte 2005 zu Red Bull Salzburg. Es folgten Stationen bei Twente Enschede, FC Porto und Trabzonspor. Nach einem einjährigen Gastspiel in Sydney wurde der Stürmer im Sommer 2015 vom FC Basel verpflichtet. Janko spielte 55 Mal für Österreich und erzielte dabei 25 Tore.

Bjarnason: Der Läufer

Birkir Bjarnason (*27. Mai1988) übersiedelte schon in jungen Jahren nach Norwegen, wo er bei Viking Stavanger sein Profidebüt gab. Über Standard Lüttich wechselte der Däuerläufer im Mittelfeld nach Italien (Pescara, Sampdoria), ehe der FC Basel im vergangenen Jahr Bjarnason verpflichtete. Mit Basel wurde der 48-fache Teamspieler Meister.