Nico Rosberg: "Lewis ist mein Idealgegner"
Von Florian Plavec
Trotz des Missgeschicks am Samstag (siehe rechts): Es läuft rund für Nico Rosberg. In der WM liegt der Mercedes-Pilot in Führung, privat geht er in seiner Vaterrolle auf. Der 31-Jährige weiß, wie man seine Privatsphäre schützt, lässt aber die Öffentlichkeit an seinem Leben teilnehmen. Er ist der erste deutsche Sportler, der mit Facebook einen Werbevertrag abgeschlossen hat, er hat 1,4 Millionen Follower auf Twitter und 655.000 Abonnenten auf Instagram. Stets an seiner Seite ist Medien-Profi Georg Nolte, stets in Rosbergs Hand ist das Smartphone. Auch während des Interviews legt er es nicht weg.
KURIER: Sie sind unter anderem in Zell am See aufgewachsen. Welche Bedeutung hat das Rennen in Österreich für Sie?
Ihr Vater Keke Rosberg ist Finne, Sie sind geboren in Deutschland und wohnen in Monte Carlo. Was ist für Sie Heimat?
Monaco, ganz klar. Aber ich bin Deutscher. Ich spreche mit meiner Tochter in meiner Muttersprache. Ursprünglich gab es die Idee, dass ich mit meiner Tochter Englisch rede und Vivian (seine Frau; Anm.) Deutsch, aber ich habe gesagt: nee. Auch meine Mutter spricht Deutsch, und ich juble der deutschen Fußballmannschaft zu. Aber ich bin aufgewachsen in Monaco. Das ist mein Lieblingsort, da fühle ich mich wohl, da habe ich meine Freunde.
Ihr Vater war Formel-1-Weltmeister. Was haben Sie als Kind davon mitbekommen?
Nichts. Aber ich weiß noch, wie er danach in der DTM gefahren ist. Das war mega-spannend, ich habe mitgelitten mit meiner Mutter, und ich war riesig begeistert. Aber heute sind diese Vergleiche mit meinem Vater für mich nicht einfach. Man vergleicht mich mit einem, der das Größte erreicht hat im Sport. Ich werde in jedem meiner Interviews auf meinen Vater angesprochen. Das ist mühsam.
Ihr Vater hat den Titel geholt. Wird das heuer etwas?
Es wird sehr schwierig. Lewis hat mich in den letzten zwei Jahren geschlagen. Jetzt kann ich ihn schlagen, deshalb ist er mein Idealgegner. Ich beiß’ mich rein, ich finde die Herausforderung toll. Da ist bei mir Adrenalin und Begeisterung dabei.
Sie sind vor Kurzem 31 geworden …
Alter Sack, gell?
… was unterscheidet Sie heute vom 21-jährigen Nico Rosberg?
Erfahrung. Ich weiß, wie man mit anderen Menschen umgeht, und dass man Effizienz im Leben braucht. Ich weiß jetzt, wie ich am besten den Fokus setze, um Rennen zu gewinnen.
Was bedeutet Ihnen Geld?
Fehlt Ihnen die Anonymität?
Nein. Wenn man berühmt ist, kann man sich die Anonymität holen. Das ist nicht so schwierig.
Wie geht das?
Ich gehe dahin, wo man mich nicht erwartet. Oder nach Monaco. Monaco ist entspannt. Wobei sich auch dort nach meinen letzten Siegen einiges verändert hat.
Gibt die Vaterrolle Kraft? Macht Sie das cooler?
Nein, das hat nichts verändert. Zu Hause habe ich schöne Momente, es ist ein wunderschöner Gedanke, dass ich eine Tochter habe. Das ist unglaublich. Aber mit einem Formel-1-Rennen hat das nichts zu tun.
Stimmt es, dass Lewis Hamilton bei Ihnen in Zell am See Ski fahren gelernt hat?
Ja. Wir waren oft zusammen auf Urlaub, und er war auch bei mir in Zell am See. Das erste Erlebnis war, dass wir die Straße hinunter Schlitten gefahren sind – wir sind uns gegenseitig immer reingefahren. Dann ist er um 90 Grad abgebogen und unten im Stacheldraht gehangen. Die Jacke war zerrissen, aber er war okay.
Die letzte kapitale Kollision auf der Rennstrecke in Barcelona haben Sie dann nicht so leicht weggesteckt.
Sicher nicht. Bei der Formel 1 ist so viel Drumherum, da denkt man nicht an früher. Aber es ist immer noch der gegenseitige Respekt da. Wir kennen uns so lange, wir waren wirklich Kumpels. Wir waren mit 14 gemeinsam auf Urlaub in Griechenland, beim Papa auf dem Boot. Und wir sind dort auf dem Dach gelegen und haben gesagt: ‚Stell’ dir vor, dass wir einmal gegeneinander um die WM fahren.‘ Und jetzt ist es so weit, wir haben es geschafft!
Das Mercedes-Team hat seine Fabrik in England. Was sagen Sie zum Brexit?
Ich glaube, da verlieren wir alle. Insbesondere England, aber auch Europa. Auch ich habe Geld verloren, die Aktien sind abgestürzt. Ich habe in London in eine Wohnung investiert, und das Pfund ist abgestürzt. Aber mir ist klar, dass es andere viel schlimmer trifft. Wie schlimm es wirklich wird, wissen wir ja alle noch nicht. Die wirkliche Gefahr ist vielleicht das Ungewisse. Und die Unruhe, die das Ungewisse mit sich bringt.
Sie verfolgen intensiv die Fußball-EM und spielen selber auch sehr gut. Haben Sie auch im Verein gespielt?
In der Schule war Fußball mein Lieblingssport. Und in der Formel 1 habe ich mit meinem Physio im Fahrerlager Ballhochhalten gespielt. Das geht jetzt schon sehr gut.