Erster X-Cross-Lauf auf der Donauinsel
Von Martin Gantner
Ich will nur heil im Ziel ankommen", sagt Bernadette Tschida. Die Stimme der 33-Jährigen hat einen etwas nervösen Klang, ihre Knie – so sagt sie selbst – "sind ziemlich weich". Doch für eine Absage ist es fünf Minuten vor dem Start zu spät. "Es wird wohl grauslich, aber da muss ich jetzt durch."
Tschida ist eine von insgesamt 1200 Läufern, die am Samstag am ersten X-Cross-Lauf auf der Wiener Donauinsel teilgenommen haben. Eine Strecke mit fünf bzw. zehn Kilometer Länge. Den verschlungenen Pfad säumen karge Kletterwände, meterhohe Heuballen, eine Wassergrube und zwei Schlammbecken. Es ist ein Spielplatz für Erwachsene, der hier in den letzten Wochen aufgebaut wurde. Das Motto des verrückten Laufs hängt wie eine Drohung in der Luft: "Are you strong enough?", will der Veranstalter von seinen Teilnehmern wissen. Robert Matzner und Marvin Vanicek hoffen zumindest, stark genug zu sein.
"Wo kann man sich schon so aufführen, ohne dass einen die Leute gleich für deppert halten", sagt der Niederösterreicher Matzner. Polizeischüler Vanicek, der als Einziger des Trios die zehn Kilometer Distanz läuft, sagt: "Es ist einfach mal was anderes. Normales Laufen ist ja fad."
Internationaler Trend
Wer einen Blick über die Landesgrenze hinaus riskiert, sieht: In ganz Europa gibt es mittlerweile zahlreiche Läufe, die wie der X-Cross-Bewerb in Wien, alles andere als "fad" sein wollen. Die Deutschen haben ihren "Strongman-Run" am Nürburgring, die Iren quälen sich beim "Braveheart-Run" und auch im niederösterreichischen Brand-Laaben ist der "Wildsaulauf" längst eine Institution. An Skurrilität wohl schwer zu überbieten sind die Briten. Jahr für Jahr nehmen Tausende beim "Cheese Rolling" teil. Ein Laib Käse wird einen Abhang hinuntergerollt – wer es einholt, gewinnt. Das Problem: Der Abhang hat ein Gefälle von 45 Prozent.
Hannes Menitz kennt all diese Events. An manchen hat der Veranstalter des X-Cross-Laufs selbst teilgenommen. "Er sagt: Der Reiz dieser Bewerbe liegt ganz einfach darin, dass sie abwechslungsreich sind. Es wird nie langweilig."
Menitz ist davon überzeugt, dass der X-Cross-Lauf Potenzial hat. "Die Läufe in den anderen Ländern zeigen: Hier ist Luft nach oben." Er glaubt, dass in fünf Jahren auf der Donauinsel schon 10.000 Menschen freiwillig durch den Dreck robben könnten.
Matzner und Tschida wollen im nächsten Jahr jedenfalls wieder an den Start gehen. Nach knapp 33 Minuten kommen sie gehetzt und vom Schlamm gezeichnet ins Ziel. Sie dürfen nun von sich behaupten, "strong enough" zu sein.
Und Polizeischüler Vanicek? Ob er die 10-Kilometer-Distanz packte, war bis Redaktionsschluss noch nicht klar, ist aber anzunehmen. Schließlich sind ja Beamte in Uniform Drill gewohnt.