Sturms Kreissl: "Es gibt kein Muss im Fußball"
Sturm Graz will sein Erfolgsrezept aus dem Herbst auch im Frühjahr weiter verfolgen. Nur keinen Druck aufbauen lautet das Motto des Herbstmeisters, der am Samstag mit drei Zählern Rückstand auf Spitzenreiter Altach ins neue Jahr startet. "Am Ende das Maximum herausholen", ist das Ziel von Günter Kreissl. Diesbezüglich zu sehr deklarieren will sich der Sport-Geschäftsführer der Grazer aber nicht.
Die als Tabellendritter mitten im Führungsquartett mit Altach, Salzburg und der Austria liegenden Steirer machten im Winter als Verkäufer von sich reden. Uros Matic (FC Kopenhagen/um kolportierte 3 Mio. Euro) und Bright Edomwonyi (Rizespor/1 Mio.) verließen den Verein. Erst spät gab Sturm Zugänge bekannt. Unbeabsichtigt, wie Kreissl verriet. "Wir hatten den Ehrgeiz, Spieler möglichst früh zu präsentieren. Nur konnten wir das nicht so durchziehen wie geplant."
Langwierige Gespräche mit Strömsgodset
So musste Sturm auf die Vermeldung des norwegischen "Schlüsseltransfers" Martin Ovenstad länger warten. "Ich hätte nicht mehr lange durchgehalten. Wir haben gekämpft - aber es hat sich ausgezahlt", meinte Kreissl über die langwierigen Gespräche mit Strömsgodset. Der 22-jährige Ovenstad soll ebenso wie der von Hoffenheim ausgeliehene Deutsche Baris Atik (22) im Mittelfeld für mehr Qualität sorgen. Den Angriff verstärkt der Ex-Lustenauer Seifedin Chabbi (23).
Dass das Trio im letzten Test der Wintervorbereitung gegen Dacia Chisinau (2:1) nicht in der Startelf stand, könnte ein Fingerzeig für den Frühjahresstart bei Schlusslicht Mattersburg am Samstag gewesen sein. "Die neuen Spieler müssen sich jetzt noch weiter an die Abläufe gewöhnen", sagte Trainer Franco Foda danach. Kreissl wäre jedenfalls nicht überrascht, sollte im Burgenland kein Neuer starten.
"Wir sind auf allen Positionen mehrfach besetzt. Der Trainer kann am besten beurteilen, wann ein Spieler für die Startformation bereit ist", sagte der ehemalige Austria-Torhüter. Mit der Vorbereitung - in der Sturm neun Tage in die Nähe von Valencia residierte - durfte Kreissl zufrieden sein. Nur einmal verfinsterte sich die Miene beim 42-Jährigen. Die Kritik nach dem 0:5 im Test gegen Sparta Prag soll sich im Nachhinein als reinigendes Gewitter erweisen: "Es war gut zu sehen, dass wenn nicht alle an die Grenze gehen, es ganz schnell in eine Richtung geht, die keiner möchte."
"Das Ziel kann immer nur das Produkt sein"
Durchaus emotional wird Kreissl im Gespräch auch auf seine Zielsetzung im Frühjahr angesprochen. Platzierungen sind nicht das Ding des seit Mai des Vorjahres bei Sturm angestellten Ex-Profis. "Ich weigere mich gegen die Ergebnis-Zielkultur, die in Österreich herrscht. Das Ziel kann immer nur das Produkt sein, die Arbeit, das Maximum herauszuholen", betonte Kreissl.
Sollte Sturm im Vierkampf um die Top drei am Ende nicht auf den vorderen Plätzen rangieren, dann weil man es auch nicht verdient habe. "Dann werden wir auch Platz vier nehmen. Wir haben ein neues Team aufgebaut, haben mehr Zuschauer. Es gibt kein Muss im Fußball", führte Kreissl aus. Selbst der Europacup-Start sei kein deklariertes Ziel: "Ich gehe vom Durchschnittsszenario aus und nehme es gerne, wenn es mehr wird." Und Durchschnitt sei bei Sturm in den vergangenen Jahren immer Platz vier oder fünf gewesen.
Plus im Zuschauerbereich
Dennoch: Durchschnitt sein wollen zumindest die Fans in Graz heuer nicht mehr. Knapp 11.000 kamen im Herbst zu jedem der Spiele in der Merkur Arena, ein deutliches Plus im Vergleich zur vergangenen Saison. Möglich machte dies die Tatsache, dass Sturm sportlich gesehen den erfolgreichsten Herbst-Durchgang seit acht Jahren ablieferte. 2015/16 waren in der Winterpause zehn Zähler weniger zu Buche gestanden. Kreissl: "Wir haben viel verändert im Sommer, haben Graz wachgeküsst. Nun wollen wir erfolgreich weiterarbeiten."