Leben/Reise

Segeln, surfen, kiten: Der perfekte (Neusiedler) See

Ein Blick aufs Handy: Juhu, 18 Knoten Wind aus West-Nord-West wehen in Weiden, sagt die App. Und gleich darauf einer aus dem Fenster:  Die Sonne scheint, weit und breit ist keine Wolke am Himmel zu sehen. Es ist Zeit, den Wiener Alltag Richtung Neusiedler See im Burgenland zu verlassen. 18 Knoten:  Das entspricht 33 km/h. Genau richtig, um zu segeln.

Gatschlacke nennen ihn manche (wenig) liebevoll. Dabei ist er so viel mehr, eine Windsbraut. „Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass der Neusiedler See ein Dorado für alle Windsurfer, Kitesurfer und Segler ist“, erklärt Konstantin Brandes, Meteorologe bei Ubimet.

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Wenn das der Wissenschaftler sagt.  Er zieht den Vergleich mit dem oberösterreichischen Mondsee. Ja gut, das Wasser ist türkis- und blauschillernd, werden manche erwidern. Aber was den Wind anbelangt! Die Zahlen zeigen: Die mittlere Windgeschwindigkeit am Neusiedler See liegt um den Faktor 2,5 bis 3 über jenen am Mondsee. Das gesamte Jahr hindurch. Begünstigend komme hinzu, hält Brandes fest, dass der „Wind recht konstant weht und nicht allzu böig (und somit schwer zu handeln) ist“.

Die Probe folgt auf der Stelle: Rauf auf den 15er-Jollenkreuzer und raus auf das Wasser. Das Schiff gleitet zur Bauminsel zwischen Weiden und Podersdorf. Es durchschneidet die Wellen und der Alltag ist vergessen. Das Wasser spritzt und die Arbeit rückt in weite Ferne. 

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Allein ist man im Sommer allerdings nicht – 5.500 Schiffe gibt es, die theoretisch in den See stechen können.

Von Kajaks über Regatta- bis zu E-Booten. Segelschiffe zum Ausborgen stehen bei den Segelschulen zur Verfügung.  Voraussetzung ist ein gültiger Segelschein.  Von Frühling bis zum Herbst werden verschiedene Kurse angeboten, ob für Anfänger oder um sein Können zu perfektionieren. Die Profis haben sich auch den burgenländischen See ausgesucht. Im  Bundesleistungszentrum in Neusiedl bereiten sie sich auf nationale und internationale Wettkämpfe vor.

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Segel und Schirme

Der Wind legt zu. Schluss mit der Gemütlichkeit. Die Wellen werden höher, kommen kurz hintereinander. Wassertropfen landen auf den Gläsern der Sonnenbrille.      Jetzt heißt es wirklich arbeiten an Bord.  Es ist eben  Sport. Der See mag harmlos wirken, kann es aber in sich haben.    Also immer einen Blick auf den Wetterbericht und mögliche Gewitterwolken werfen. Derzeit gibt es aber keine Gefahr.

Bunte Kiteschirme tauchen am Himmel auf, die Windsurfer rasen am Schiff vorbei – lässig ins Trapez gehängt.  So muss es im besten Fall ausschauen. Um dorthin zu kommen, wo man hinkommen will – örtlich gesprochen – muss man allerdings viel  Wasser  schlucken (ausgezeichnete Badegewässerqualität).

 

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Für Surf- und Kiteanfänger gibt es am Neusiedler See zwei wesentliche Vorteile: Sie können (fast) im ganzen See stehen, was das Aufsteigen auf die Bretter viel leichter macht und bei allgemeiner Erschöpfung hilft. Seine Füße kurz im Gatsch abstellen zu können, kann eine Erleichterung vor allem für Anfänger sein –  nach den ungeahnten und ungewollten Höhenflügen.  Das zeigte der Kite-Selbsttest eindrucksvoll. 

Und: Das Wasser wärmt sich im Sommer durch die durchschnittliche Tiefe von 1,50 Metern schnell auf. Am Donnerstag hatte es 25 Grad.  Auch nicht schlecht zum Baden.
Endlich blau Schiffe ankern im Windschatten der Bauminsel. Kinder springen vom Heck einer Jolle aus ins Wasser. Das ist Urlaub, eine Stunde von Wien entfernt, durchaus auch nach dem Büro oder an einem halben freien Tag machbar. 

Es ist zu schön, um nicht weiterzusegeln – bis zum Sonnenuntergang wenn möglich. Denn dann ist die braune Gatschlacke wie ein Meer. Der Himmel spiegelt sich im abendlichen See.  Er schillert blau. Endlich, mag manch einer sagen.

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Der Wind lässt nach. Es weht nur noch ein laues Lüftchen. Gerade genug, um in einer halbwegs vernünftigen Zeit in den Hafen zu kommen. Die meisten Segler haben ihren Liegeplatz schon angesteuert. Die Segel sind geborgen. Die Kiter und Surfer haben ihre Ausrüstung verstaut.

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Der Sonnenuntergang kann gut vom Ufer aus beobachten werden, etwa von Podersdorf aus (mit Leuchtturm vor Augen). Auch der Steg der Mole West in Neusiedl bietet sich für einen Sundowner an. Die Beine  – mit Mittel und Mittelchen gegen Gelsenstiche geschützt – baumeln über dem Wasser.

Stellt sich nur noch eine Frage: Muss der Tag wirklich schon vorbei sein? Ein neugieriger Blick aufs Handy:  Juhu. 15 Knoten Wind werden morgen wehen. Das entspricht 27 km/h. Genau richtig, um wiederzukommen.  Vielleicht dieses Mal, um endlich Kiten zu lernen oder surfen.  

Anreise
Mit dem Auto über die A4 oder über A2, S4 und S31 nach Eisenstadt, dann über die B50 Richtung Neusiedl am See. Vom Hauptbahnhof Wien fahren stündlich Züge nach Neusiedl.  Hier gibt es Anschlüsse in alle Orte am See. Die ÖBB bieten an Wochenenden und Feiertagen zweimal täglich  von Salzburg Züge direkt nach Neusiedl. Bis  1. September gibt es einen Busshuttle zu den Seebädern Neusiedl bzw. Weiden

Kurse und Verleih
Segelkurs für den A-Schein, etwa in der Segelschule Kreindl in Weiden: 299 Euro. Leihgebühr für eine Stunde Segeln mit einem Laser vormittags 20 Euro in der Segelschule Neusiedl

Auskunft
Infos, Karten, Möglichkeiten und Unterkünfte unter neusiedlersee.com