Mit Ballon über die Alpen, mit Reifen auf die Piste
Von Claudius Rajchl
Kaiserwetter im Kaiserwinkel: Morgens um neun bricht die Sonne durch das Nebelband, bis auf dem Ballon-Parkplatz neben der Kirche von Walchsee immer mehr das herzerfrischende Bergpanorama vom Zahmen und vom Wilden Kaiser zum Vorschein kommt. Noch liegen die bunten Ballone mit dem Strohkorb am Boden. Aber mit Ventilatoren blasen die Piloten kalte Luft in die Hüllen, bis die Ballone immer praller werden. Schon zischen die Gasbrenner, und wie von selbst kommen die Heißluftballone zum Stehen. Einsteigen!
Eine winterliche Ballonfahrt über die Tiroler Alpen zählt zu den ganz großen Erlebnissen, die die Region Kaiserwinkl bei Kufstein nahe der deutschen Grenze zu bieten hat.
Weil wir mit dem Wind fahren, ist es fast permanent windstill im Korb und bei Weitem nicht so kalt wie vermutet, angesichts von Bodentemperaturen um die minus sieben Grad.
Heiße Luft
Herzerwärmend ist das Rundum-Panorama allemal: Bis zum Großglockner schweift mein Blick, garniert mit strahlend blauem Himmel, dünnen Wolkenfäden und breit lächelndem Sonnenschein.
Plötzlich ein Windhauch. „Die Windrichtung dreht sich“, erklärt Gerhard. „Wir sind in höhere Luftschichten geraten, die unsere Fahrtrichtung ändern.“ Er vergleicht die Messwerte seines GPS-Geräts mit seinem Kompass, holt sich vom Tower des Flughafens Innsbruck per Funk das Okay für die Flughöhe, und schon steuert der Ballon Richtung Inntal.
„In fünf Minuten landen wir“, sagt Gerhard nach einer faszinierenden zweistündigen Fahrt. Die geht dann abrupter zu Ende, als wir uns das gewünscht haben. „Bodenwinde können die Ballonfahrt gefährlich machen. Man weiß nie genau, ob nicht Hindernisse im Weg sind.“
Wir haben Glück. 1. Weil der Acker unter uns genügend Platz bietet, 2. die Fahrt zwar etwas unsanft, aber ohne Schaden im umgekippten Korb endet und 3. weil der Bauer, dem der Acker gehört, uns mit einem Stamperl Schnaps wieder aufrichtet. Sogar Sekt hat der Landwirt vorbereitet – wie sich’s für „Adelige“ gehört. Der Brauch will es nämlich, dass Ballonfahrer mit Taufe in den Adelsstand erhoben werden. Dabei wird eine Haarsträhne angezündet und mit Sekt oder Champagner gelöscht.
Gestatten, mein Name ist neuerdings Baron Claudius Luftikus. Haare hatte ich vorher schon wenig.
Langlauf-Paradies
Etwas Romantik in der Dämmerung gibt’s etwa bei Pferdekutschenfahrten mit Georg Mühlberger zu erleben.
„Nimmscht die Fahne in d’ Hand, und wemma obbiag’n, haltescht sie aussi auf dera Seitn, wo mir hinfoahrn!“ bittet Georg einen Gast, der somit einen Job als „Blinker“ geerbt hat. Dafür gibt’s Schnaps extra.
Zugegeben: Es gibt romantischere Kutschenfahrten als diese. Wir sind meist auf Landstraßen unterwegs, unser Ziel ist ein Gasthaus nahe der Straße. Anderswo braucht man gar keinen Blinker, weil man durch tief verschneite Forstwege fährt. Dafür gibt’s im Kaiserwinkl zum Ausklang Ziehharmonika-Musik und Glühwein am Lagerfeuer.
Plastik-Spiderman
Überhaupt gibt es urigere Ortschaften in Tirol als es die Kaiserwinkl-Orte Kössen und Walchsee sind. Zwischen den wunderschönen alten Bauernhäusern mit den typischen Fassadenmalereien stehen etliche Bausünden der 1970er-Jahre. Auf einem Haus klettert ein überdimensionaler Plastik-Spiderman herum. Ein Winterwanderweg führt mehr oder weniger parallel zur Straße den Hochwasserschutzdamm entlang. Das ist zwar nicht sehr idyllisch, aber dafür sehr gut auch mit Kinderwagen nutzbar.
Außerhalb der Dörfer gibt es aber auch hier wunderbare Wanderwege. Die Anreise mit eigenem Auto ist zu empfehlen.
Ach ja, ein kleines, feines Skigebiet gibt es auch – mit elf Liften, 30 km Piste und wunderbaren Ausblicken, die mir schon von der Ballonfahrt vertraut sind – auf den Zahmen Kaiser und den Wilden Kaiser.