Leben/Reise

Als Robinson im Geister-Thailand

Traumhafte Strände, tolle Riffe voller bunter Fische, die zum Schnorcheln einladen. Dazu lustige Nashornvögel, possierliche Makaken, riesige Seesterne oder witzige Clownfische, die dem Betrachter so nahe kommen, dass man sie anfassen könnte.

Das alles kann man praktisch alleine erleben, ohne andere störende Touristen. Mehr als zehn Menschen haben wir in drei Wochen nie auf einmal am Strand gesehen. Statt Liegen in Dreierreihen mit lästigen Strandverkäufern gibt es Ruhe und Erholung pur. Das (wenige) Publikum ist noch dazu durchaus exklusiv. Zwar reisen fast alle Urlauber mit Tramper-Rucksäcken an, aber gar nicht so wenige haben das Geld, um per Businessclass anzureisen. Den typischen, auffälligen Massentouristen sucht man jedenfalls hier – im anderen Thailand – vergeblich. Da die Sicherheitslage ausgezeichnet ist, sind auch viele Frauen alleine unterwegs – Angst braucht man in Südostasien ohnehin keine zu haben.

Drei Wochen um 1600 Euro

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Was sich nach teurem Luxus anhört, gibt es tatsächlich schon zum Schnäppchenpreis: 300 € pro Person und Woche plus Flug sind einzukalkulieren, mehr nicht. 1600 bis 1800 € für 21 Tage reichen locker. Und das ist dann sicher kein Sparurlaub.
Um die Schönheiten und die Einsamkeiten zu genießen, müssen Reisende allerdings auf ein paar Annehmlichkeiten verzichten. Geschäfte sind Mangelware, auch Bankomaten oder ähnliches gibt es auf einigen der Inseln in der Andamanischen See gar nicht (Bargeld und Kreditkarte mitnehmen!), selbst Air-Condition ist nicht Standard. „Wir haben erst seit ein paar Monaten Stromversorgung rund um die Uhr“, erklärt Pitt, der englische Besitzer der abgelegenen Pawapi-Resorts auf Koh Mook.

Was die meisten Interessenten aber abschreckt: Die Anreise ist etwas mühsam, alles muss selbst organisiert werden – was in Thailand allerdings wahrlich keine Hexerei ist. Zwischen den Inseln gibt es Fähren, noch billiger ist es mitunter, sich einfach ein günstiges, laut tuckerndes Longtailboot zu mieten und auf eigene Faust herumzufahren.

Die längere Anreise mit Inlandsflug nach Krabi oder Trang und dann mit Boot und/oder Bus macht den südlichen Teil der Inselkette, die von Phuket bis nach
Malaysia reicht, zu einem abgelegenen Paradies. In Phuket, Railay oder Phi-Phi-Island wurden selbst die letzten Zentimeter Urwaldboden zubetoniert und mit Hotels vollgebaut, viele Alteingesessene haben längst die Flucht ergriffen. Statt der vorzüglichen (sehr, sehr scharfen) 4 3 thailändischen Küche werden dort Schnitzel und Kremser Wein serviert. Wer so etwas sucht, wird etwa im Austrian Garden am Pattong-Beach in Phuket fündig und kann sich eines sicher sein: Man trifft dort auf ein Hotel voller Österreicher.

Das genaue Gegenteil ist Krabi, hier trifft man einander maximal auf dem berühmten Nachtmarkt mit seinen wunderbar exotischen Garküchen. Um ein, zwei Euro bekommen die Besucher die wenige Stunden zuvor frisch gefangenen Fische und Meerestiere. Besonders schmackhaftes Highlight ist ein Rochen, der mitsamt den Gräten gegessen wird.

Der Trennpunkt zwischen Individual- und Massentourismus, quasi der Weißwurst-Äquator Thailands, ist jedenfalls Koh Lanta. Während im Norden der Insel riesige Fähren für 300 Gäste verkehren, kommt man Richtung Süden nur mehr mit kleinen Motorbooten voran. Da sind maximal 20 Gäste an Bord und bei jeder Insel steigen zwei oder drei Menschen aus. „Koh Lanta ist das, was Phuket noch vor vielen Jahren war“, erzählt ein in Phuket lebender Südtiroler, der oft auf diese Inselkette im Süden zu Besuch kommt. „Aber so richtig schön wird es ohnehin erst südlich von Lanta“. Denn diese Insel ist meist auch der südlichste Punkt, der in den großen Reiseführern noch erwähnt wird – danach hilft nur mehr der Lonely Planet. Die Inselkette ist vielfach noch ein weißer Punkt auf der Landkarte der großen Tourismusanbieter, hier sind die geheimen Plätze, wo man auf kilometerlangen Stränden alles trifft, nur keine anderen Reisenden. Das sind jene Orte, von denen man sonst nur träumt.

Autofreie Inseln

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Koh Mook beispielsweise ist neun Quadratkilometer groß und hat nur drei ernst zu nehmende Unterkünfte aufzuweisen. Es gibt keine Autos, nur Mopeds mit zusammengezimmerten Beiwagen als Taxi. Als öffentliche Beleuchtung fungieren halbierte Wasserflaschen, die mit Energiesparlampen gefüllt werden. Eingekauft wird in drei kleinen Läden im islamisch geprägten Ort.

Hier ist – wie in weiten Teilen Thailands – der Geisterglaube noch bestimmend. Zum Pawapiressort trauen sich die Einheimischen etwa nur tagsüber, weil in der Nacht die Geister rundherum lauern. Besitzer Pitt ist, so sind sich die Bewohner bis hin zum Bürgermeister hundertprozentig sicher, das Kind einer chinesischen Geisterfrau. Auch ins Meer gehen viele Thais nicht gerne, denn dort lauern die meisten bösen Dämonen. Seit diese angeblich den Tsunami ausgelöst haben, fürchten sich die Einheimischen umso mehr. Und dieser Geisterglaube macht selbst vor den höchsten Repräsentanten des Staates nicht Halt. Wer den Einheimischen zuhört, wird tolle Geschichten darüber hören.

Eine Insel weiter, auf Koh Hai sucht man Fahrzeuge überhaupt vergebens. Dafür gibt es ein spektakuläres Riff, das die halbe Insel umschließt. Die Fische nehmen von den Schnorchlern nicht einmal Notiz, man kann ihnen bis auf wenige Zentimeter nahe kommen. Am Abend sind sogar Raubfische auf der Jagd aus nächster Nähe zu bestaunen. Wer einen kleinen Spaziergang macht, findet Millionen von Muscheln in allen erdenklichen Formen und Farben.
Auf den etwas größeren Inseln wie Koh Lanta oder Koh Lipe wird und wurde in den vergangenen Jahren bereits (vielleicht etwas zu) eifrig gebaut. Auf den kleineren wächst der Tourismus aber erst sehr langsam. Von einigen der Inseln gibt es bis heute nicht einmal offizielle Karten, nur kopierte handgezeichnete Pläne erleichtern die Orientierung. Noch ist diese Inselkette aber ein sehr spezieller Geheimtipp für Aussteiger.

Freundlichkeit über alles

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Alles überstrahlend ist aber die Freundlichkeit der Thailänder, die selbst nach dem Tsunami zitternden Touristen ihr letztes Hemd gaben (und das ist nicht sprichwörtlich gemeint). Einen Thai kann nur verärgern, wer über den als Halbgott verehrten König Bhumibol lästert. Die Einheimischen haben so viel Respekt vor ihm, dass Geldscheine nur in der vorderen Hosentasche transportiert werden. Denn es ziemt sich nicht, sich auf das Bild des Königs zu setzen.

Am meisten Freude werden Besucher haben, die wenig im voraus buchen. In Thailand ist reisen so problemlos wie in kaum einem anderen Land. Am Anfang kostet das Überwindung, aber wer das andere Thailand einmal besucht hat, wird wieder kommen – und dann sicher nichts vorgebucht haben.