Leben/Reise

Adam's Peak: 5000 Stufen bis zur Erleuchtung

Im Dunkel der Nacht ziehen sie bergwärts. Buddhistische Mönche, in orangefarbenen Gewändern gehüllt, die sich bedächtig dem Gipfel nähern. Junge singhalesische Paare, die Babys in ihren Armen halten. Alte und noch Ältere, verwittert ihre Gesichter, an den Füßen nur Flip-Flops aus Plastik, die Stufe um Stufe dem Himmel näher kommen. Dazwischen immer wieder westliche Touristen, korrekt ausgestattet mit hochwertigen Wanderschuhen und in grellbunter Funktionskleidung, um jegliches Frieren und Schwitzen zu vermeiden.

Sie alle wollen auf den Berg mit den vielen Namen: Adam's Peak, Sri Pada, Schmetterlingsberg. 2243 Meter ragt die Spitze im Hochland Sri Lankas empor. Jene Insel, nahe am südöstlichen Zipfel des indischen Subkontinents, die oft als "Tropfen im indischen Ozean" bezeichnet wird (Karte am Ende des Artikels).

Vier Weltreligionen vereint

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Auf dem Gipfel selbst thront ein kleines Kloster. Das Besondere: Auch für Hindus, Muslime und Christen ist es eine Pilgerstätte, ganzjährig. Sie alle verehren einen 1,8 Meter langen Fußabdruck. Buddhisten sehen ihn als Buddhas Fußabdruck, Hindus erkennen darin Shiva, Muslime Adam und Christen den Apostel Thomas. Vier Weltreligionen vereint an einem Ort.

Üppiges Hochland

Am Tag davor. Aufbruch von Nuwara Eliya. Die Stadt mit britischem Kolonialcharme auf mehr als 1800 Meter Seehöhe gilt als Herz der für den Export so wichtigen Teeplantagen. Wo in Österreich die Baumgrenze liegt, gedeihen hier im Hochland Obst und Gemüse. Mit dem Bus geht es kurvenreich hinab ins Tal nach Nanu Oya, weiter in die Orte Hatton und Maskeliya. Der Schaffner kassiert im Bus, die Fahrpreise im Eurocent-Bereich sind billig, der Komfort ebenso. Wie getrieben rasen die Fahrer dahin, bremsen abrupt bei Haltestellen und lassen im Anfahren Leute ein- und aussteigen. Oder besser gesagt: hineinspringen. Umfallen im Bus ist aber gar nicht möglich, befinden sich doch geschätzt mehr als 60 Mitfahrende in einem 40-Sitzer-Bus. Als westlicher Tourist wird man von wachen Kinderaugen begutachtet. Selbst ist man erstaunt, wie sich das Innere des Busses als Mikrokosmos des Insellebens präsentiert, zwischen Reissäcken und Touristen-Rucksäcken. Mehr als fünf Stunden und zwei Mal Umsteigen später ist Dalhousie erreicht. Der Ausgangspunkt für den Pilgerweg.

Lichter wie eine Perlenkette

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Ankunft am Vorabend. Vom Quartier schweift der Blick auf den Adam's Peak, dann verschwindet er langsam in der Dämmerung. Gleichzeitig gehen Lichter an der Flanke des Berges an und schmiegen sich wie eine Perlenkette an ihn. Man muss wissen: Rund 5200 Stufen führen auf den Gipfel, nachts beleuchten Lampen die endlosen Treppen, um Pilgern den Aufstieg zu ermöglichen. Denn der Sonnenaufgang ist – bei gutem Wetter – fantastisch anzusehen, der Blick zu weit entfernten Gebirgsketten grandios.

Um zwei Uhr nachts läutet der Wecker am Smartphone, kurz vor halb drei geht es los, eingepackt in Haube und Funktionsjacke, ausgestattet mit Vorfreude. Zeit für den Aufstieg.

Wie am Kirtag

Ungewöhnlich ist es, mitten in der Nacht zu wandern. Zwei Vorteile: Man erlebt den Sonnenaufgang am Gipfel, und man vermeidet die Hitze des Tages. Zuerst also die staubige Straße durch den Ort, erst ein wenig später beginnen die "Stufen in den Himmel". Wie an einem Kirtag säumen unzählige Verkaufsstände den Weg. Aber, wer möchte bitte kunterbunte, kitschige Plüschtiere beim Pilgern kaufen? Heißer Tee, Kekse oder Samosas werden zur Stärkung feilgeboten. Je weiter oben, desto teurer wird ein Becher Tee. Spiritualität meets Marktwirtschaft.

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Die Stufen sind mal breit, mal schmal, der Weg windet sich immer steiler hinauf. Von Dalhousie aus, der nördlichen von zwei Routen, sind es rund sieben Kilometer auf den Gipfel. Schließlich, um halb sechs am Morgen ist das Ziel erreicht.

Ganz oben, um das Kloster herum, ist es verboten, Schuhe zu tragen. Ein Paar Wollsocken mitzunehmen, ist ratsam. Mit unzähligen anderen Menschen heißt es noch ein paar Minuten in der Kälte ausharren, bis die Sonne am Horizont aufgeht. Vielen ist die Müdigkeit anzusehen. Man muss nicht unbedingt religiös oder gläubig sein, um aus dieser Anstrengung Kraft tanken zu können für schwierige Stunden im Leben. Wer einen guten Platz ergattert hat, verfolgt die anschließende feierliche Zeremonie vor dem Kloster.

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Während sich viele Einheimische, die gebrechlich sind oder langsam per Fuß, noch hinaufmühen, um einmal im Leben den heiligen Berg bestiegen zu haben, eilt so mancher Tourist am frühen Vormittag mit schnellen Schritten bergab. Die Fotos sind geschossen, das nächste Ziel auf der Rundreise in Sri Lanka wartet bereits.

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