Schönborn: Stützenhofen "kein Präzedenzfall"
Kein Gesinnungswechsel in Sicht: Nach der Aufregung um die Weinviertler Pfarre Stützenhofen hat der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, bekräftigt, dass die Kirche ihre Haltung gegenüber Homosexuellen nicht ändere. Gegenüber homosexuellen Paaren müssten sich die Pfarrer streng an die Lehren der Kirche halten. "Wir sind überzeugt, dass diese Lehren den Weg zum Glück führen. Wir müssen jeden helfen, ein Leben zu führen, das diesen Lehren entspricht", sagte Schönborn im Interview mit der Turiner Tageszeitung La Stampa.
Bei der Pfarrgemeinderatswahl Mitte März wurde der homosexuelle Florian Stangl mit 80 Prozent der Stimmen gewählt, von Pfarrer Gerhard Swierzek wegen seiner Lebensweise aber abgelehnt. Kardinal Schönborn erteilte dem Kandidaten dann seinen Segen. "Ich habe beschlossen, mit einer bereits erfolgten Wahl nicht zu interferieren. Die Pfarrei muss ihre Kandidaten für den Pfarrgemeinderat im Einklang mit den geforderten Eigenschaften wählen. In diesem Fall ist dies leider nicht erfolgt", so Schönborn.
Auf die Frage, warum er keine Position zur Wahl in der Pfarre Stützenhofen genommen habe, antwortete der Kardinal: "Wir müssen einsehen, dass wir alle und nicht nur diejenigen, die in einer objektiven Situation von moralischer Unordnung leben, Verzeihung und Barmherzigkeit benötigen. Wir alle bewegen uns in Richtung eines Ziels, das wir mit dem Herz und dem Verstand erkennen. Wir dürfen gewisse Situationen nicht rechtfertigen, sondern eine Änderung fordern. Als Hirte habe ich in dieser besonderen Situation festgestellt, dass es Bewegung gab", so Schönborn.
"Die Position der Kirche über diese Themen hat sich nicht geändert und es handelt sich nicht um einen Präzedenzfall. Es ist nur ein besonderer Fall, wie es viele gibt. Die Kirche hat stets Barmherzigkeit den Sündern gegenüber gezeigt und wir sind alle Sünder", meinte der Erzbischof.
"Ein Weg der Bekehrung ist notwendig: Das gilt sowohl für wiederverheiratete Geschiedene, als auch für diejenigen, die in homosexuellen Beziehungen leben. Man muss ihnen helfen, einzusehen, dass dies nicht der Plan Gottes ist. Wenn sie unfähig sind, den Lehren der Kirche zu folgen, sollen sie das mit Demut einsehen, Gott um Hilfe bitten, beichten und versuchen, nicht mehr zu sündigen. Wir können Gottes Plan nicht ändern. Wir können uns aber daran erinnern, dass mit unseren Sünden Gott endlos barmherzig ist", so der Kardinal.
Diziplinarmaßnahmen gegen Pfarrerinitiative
Angesichts der Reformbestrebungen in der römisch-katholischen Kirche hat der Wiener Erzbischof Disziplinarmaßnahmen gegen die Anhänger der Pfarrerinitiative nicht ausgeschlossen. "Wir sagen ihnen: Jetzt ist die Zeit gekommen, um die Situation zu klären. Danach werden wir unsere Beschlüsse ergreifen. Wir werden eventuell auch Schritte unternehmen, die Disziplinarmaßnahmen vorsehen", so Schönborn im Interview mit der Turiner Tageszeitung. Sollten allerdings disziplinäre Maßnahmen notwendig sein, so liege dies in der Verantwortung der zuständigen Ortsbischöfe und nicht in jener Roms.
Der Kardinal kündigte an, dass die österreichischen Bischöfe ein Pastoralschreiben vorbereiten, das im Rahmen des kommenden Jahres des Glaubens veröffentlicht und in dem zu den von der Pfarrerinitiative aufgeworfenen Fragen Stellung bezogen wird. "Wir werden alle Fragen der Dissidenten beantworten", versicherte der Kardinal.
Lob für Papst
Schönborn lobte den Papst, der in seiner Predigt vor mehreren tausend Priestern bei der traditionellen Chrisammesse am Gründonnerstag das Streben nach "wirklicher Erneuerung" von Versuchen abgegrenzt hatte, die Kirche nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu verändern. "Benedikt XVI. hat uns mit dieser Predigt ein Dialogbeispiel gegeben. Er hat versucht in die Motivationen (der Ungehorsamen, Anm.) einzugehen, auf ihre Einwände zu antworten und sie aufgefordert, Christus im Gehorsam zu folgen", so Schönborn.
Schönborn betonte, dass er die Sorge der Mitglieder der Pfarrerinitiative um die Kirche teile, deren Lösungsvorschläge allerdings nicht. "Das wahre Programm zur Bekämpfung der `Pfarrerinitiative` sind die viele lebendigen Realitäten in der österreichischen Kirche, von denen niemand spricht: Die zunehmende Zahl junger Familien, die ihren Glauben in der Welt im Bewusstsein leben, dass sie eine kreative Minderheit sind, Jugendliche, die von der Spiritualität und der Liturgie der Klöster fasziniert sind. Wir waren daran gewöhnt, Mehrheit zu sein. Jetzt ist die Zeit gekommen, uns als Minderheit zu erkennen, jeder muss sein Zeugnis für den Glauben ablegen", so der Kardinal.
-
Hintergrund
-
Hintergrund