Politik

Nordkorea: China misstraut dem neuen Diktator

Folgt General Kim Jong-Un und verwandelt Eure Trauer in Stärke und Tapferkeit“, gibt die staatliche Propaganda den 24 Millionen Nordkoreanern vor. Tausende Nordkoreaner waren angesichts der Todesnachricht von Diktator Kim Jong-Il in Weinkrämpfe ausgebrochen. Auf stille, persönliche Weise vom „lieben Führer“ Abschied zu nehmen, bleibt der Bevölkerung verwehrt: Jede Minute der bis 29. Dezember dauernden Staatstrauer für den verstorbenen Diktator Kim Jong-Il ist exakt festgeschrieben. Bis dahin werden jeden Morgen zeitgleich in allen Betrieben, Schulen, Ämtern und Institutionen des Landes Trauerzeremonien abgehalten.

Aber nur die Mächtigsten des Landes, darunter Kim Jong-Un, Sohn und Nachfolger des Diktators, durften am Dienstag dem öffentliche aufgebahrten Leichnam die letzte Ehre erweisen.

„Vom Himmel gesandt“

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Der in den staatlichen Medien Nordkoreas bereits als „neuer, vom Himmel gesandter Führer“ gepriesene Kim Jong-Un steht auch in der Namensliste der offiziellen Begräbniskommission an erster Stelle. Sie gilt als wichtiger Indikator, wer künftig in Nordkorea eine wichtige Rolle spielen wird. In der Begräbniskommission hingegen überraschend weit hinten, nämlich nur auf Platz 19: Der Schwager des verstorbenen Diktators, der nach dessen Tod als der eigentliche starke Mann im Land gilt. Er ist de facto Vize-Chef der mächtigen Armee, hat aber auch bei allen entscheidenden Wirtschaftsprojekten des Landes, vor allem bei jenen mit China, seine Hände im Spiel.

Besonders das benachbarte China scheint deshalb mehr auf den mächtigen und politisch mit allen Wassern gewaschenen Chang Sung-Taek zu setzen als auf den dicklichen, politisch nahezu unerfahren jungen Neo-Diktator. Mehrmals hatte der Endzwanziger Kim Jong-Un seinen Vater bei dessen Reisen nach Peking begleitet – und die dortige Führung offenbar schwer enttäuscht. Keiner traute dem schwerfälligen Diktatoren-Sohn zu, das wirtschaftlich bankrotte Nordkorea nach dem Tod seines Vaters stabil zu halten, erfuhr der KURIER aus hochrangigen politischen Kreisen.

Angst vor dem Kollaps

Nichts aber fürchtet das große China mehr als einen Kollaps Nordkoreas und die dann folgenden Flüchtlingsströme. In Erwartung einer bevorstehenden Machtübergabe hat China deshalb schon vor einigen Jahren damit begonnen, seinen kleinen, maroden Nachbarn aufzupäppeln: Mit Wirtschaftshilfe, vor allem aber mit Instruktoren in der Landwirtschaft und Industrie, die den Nordkoreanern zeigen sollen, wie sie ihre Erträge steigern und allmählich wieder auf eigene Beine kommen können.

Den Friedensprozess vorantreiben, aber auch die internationale Hilfe wieder ankurbeln – darin sehen neben China auch die USA und Südkorea nun die größten Chancen, um einen drohenden politischen Zusammenbruch Nordkoreas zu verhindern. Nach jahrelangem Frostwetter mit dem unberechenbaren Regime in Pjöngjang hofft man nach dem Tod des Diktators auf eine Wende. Doch noch ist völlig unklar, ob der neue Führer Kim Jong-Un die Macht im Land tatsächlich wird halten können.

In Südkorea stellt man sich vorerst auf ruppige Übergangszeiten ein: In Erwartung kleinerer militärischer Provokationen durch den Norden wurde die Armee in Alarmbereitschaft versetzt. Auch ein Notfallplan zum Schutz der eigenen Kraftwerke wurde aktiviert.