Politik/Inland

Zehntausende Asyl-Jobs gesucht

"Integration vom ersten Tag an", wünschte sich SPÖ-Integrationsstaatssekretärin Muna Duzdar. "Asylberechtigte sollen ihren Beitrag leisten", forderte ÖVP-Integrationsminister Sebastian Kurz. Mit dem Gesetzespaket in Sachen Integration, das am Montag in Begutachtung geschickt wurde, soll das bald Alltag werden.

Die Sache hat einen Haken: Keiner der Beteiligten weiß, wie genau.

"Die Überschriften klingen interessant, aber mehr als Überschriften kenne ich halt noch nicht", sagt etwa Werner Kerschbaum, Generalsekretär des Roten Kreuzes, und lässt leise Kritik anklingen: "Es wäre sinnvoll gewesen, uns zwischendurch einmal zu fragen." Seine Institution hat eine ganz wesentliche Rolle: Im Rahmen des Arbeitsmarktintegrationsgesetzes – sprich: Integrationsjahres – muss das Rote Kreuz als größter Zivildienstträger Österreichs so genannte "Arbeitstrainings" bereitstellen.

Doppelte Zivildienerzahl

Die Zielgruppe soll rund 15.000 Personen umfassen; das sind Asylwerbern mit guten Chancen, bleiben zu dürfen, sowie Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte. "Wenn davon ein Drittel zu uns kommt, sind das 5000 zusätzliche zu den 5000 Zivildienern, die wir jährlich beschäftigen. Wir müssten uns also verdoppeln", sagt Kerschbaum. Stellen sich für ihn zwei Fragen: Wer soll sich um die kümmern? Und was sollen die arbeiten?

Der klassische Rettungsdienst, in dem die meisten Zivildiener beim Roten Kreuz tätig sind, falle weg: Die Sanitäterprüfung sei ja auf Deutsch, nicht auf Arabisch. Altenpflege vielleicht? "Am ehesten kann ich mir vorstellen, dass Asylwerber Besuchsdienste bei älteren Menschen machen, die alleine leben. Da hätten beide Seiten etwas davon", erklärt der Generalsekretär. Voraussetzung müsse eine Art "Mentoring" sein; also ein Betreuer, der den Asylwerber begleitet.

Kerschbaum kritisiert, dass die Vereine nicht dabei sind. Ursprünglich war ja geplant, dass zum Beispiel auch Feuerwehren oder Sportvereine Plätze schaffen.

Sprachhürden dürften übrigens kein Problem darstellen: Deutschkurse – auf die jeder nun einen Rechtsanspruch bekommen soll – stehen am Anfang des Programms, das Arbeitstraining eher am Ende, heißt es aus dem zuständigen Sozialministerium. Für ihre Arbeit werden die Flüchtlinge nicht entlohnt. Im Gegenteil: Nehmen sie nicht teil, werden ihnen die Sozialleistungen gekürzt. Das gesamte Programm ist Pflicht und wird "auf die Bedürfnisse individuell abgestimmt".

Mehraufwand für AMS

Damit kommt auf das Arbeitsmarktservice (AMS) einiges zu: Vom Erstgespräch über die Zuteilung zu den Kursen und Trainings bis zur Kontrolle regelt das AMS das gesamte Integrationsjahr.

Für AMS-Chef Johannes Kopf wird das eine Großbaustelle: "Angesichts der großen Menge von zehntausenden zusätzlichen Personen, die zu betreuen sind, müssten wir die Prozesse im AMS neu designen. Alles klär- und regelbar, aber es braucht noch Vorbereitung." Nebenbei gehöre es bislang nicht zum Jobprofil des AMS, Menschen zu betreuen, die keinen Zugang zum regulären Arbeitsmarkt haben.

Viel Zeit bleibt nicht, um die offenen Fragen zu klären. Das Gesetz zum Integrationsjahr ist bis zum 8. März in Begutachtung, wird dann im Parlament vorgelegt. Im September soll das Projekt starten.

Während das Sozialministerium und das Büro der Integrationsstaatssekretärin Muna Duzdar (beides SPÖ) ein flächendeckendes Programm für die Integration am Arbeitsmarkt zusammengestellt haben, hat ÖVP-Integrationsminister Sebastian Kurz die Regeln für das Zusammenleben in Österreich deutlich verschärft.

Bekannt ist, dass Vollverschleierung und Koranverteilungen untersagt werden. Nicht-EU-Bürger müssen sich künftig auch mit den österreichischen Werten vertraut machen. Die bestehende Integrationsvereinbarung schreibt bereits Deutschkenntnisse vor, neu dazu kommen Wertekurse. Asylwerber müssen ebenfalls beides absolvieren.

Schärfere Kontrollen

Der Unterschied: Drittstaatsangehörige müssen, um einen Aufenthaltstitel zu bekommen bzw. zu verlängern, eine Prüfung abgelegen. Wer bei einem Teil – Deutsch oder Werte – durchfällt, muss die ganze Prüfung wiederholen. Als letzte Konsequenz verliert man seinen Aufenthaltstitel. Eine Ausweitung dieses Modus’ auf Asylberechtigte ist derzeit kein Thema, heißt es aus dem Ministerium.

Im neuen Gesetz werden erstmals österreichweit einheitliche Standards für diese Prüfung festgelegt. Und es gibt laut Integrationsministerium auch schärfere Kontrollen der Prüflinge. Offenbar gab es in der Vergangenheit ein Problem mit Identitätsfälschungen. „Der Unrechtsgehalt von betrügerischen Methoden muss hervorgehoben werden, daher haben wir die bisherigen Geldstrafen angehoben“, erklärt ein Ministeriumssprecher.