Wöginger: Kurz durch Karmasin "massiv entlastet"
ÖVP-Vizeklubobmann August Wöginger sieht Ex-Kanzler Sebastian Kurz von den Vorwürfen in der Inseratenaffäre "massiv" entlastet. Es sei jetzt klar, dass Ex-Ministerin Sophie Karmasin (ÖVP) und Kurz sich deshalb hätten treffen wollen, um den Rücktritt der Ministerin zu verhindern, so Wöginger mit Bezugnahme auf Karmasins Anwalt, wonach Chats falsch interpretiert worden sein sollen (der KURIER berichtete). Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer konterte, politische Zurufe seien "entbehrlich".
"Das entlastet Sebastian Kurz massiv und zeigt gleichzeitig, wohin eine Vorverurteilung führen kann", sagte Wöginger beim gemeinsam mit Maurer abgehaltenen "Doorstep" vor der Ministerratssitzung am Mittwoch. "Wir alle wollen eine starke Justiz" - er hoffe darauf, dass "Objektivität und Sachlichkeit" die Leitmotive für die weiteren Schritte sein werden.
Die neben Wöginger stehende Maurer sagte, sie habe "großes Vertrauen" in die Justiz. "Politische Zurufe sind aus meiner Sicht nicht notwendig", betonte sie. "Ich halte das für entbehrlich", sie kommentiere keine einzelnen Ermittlungsschritte. "Es stehen schwerwiegende Vorwürfe im Raum. Es geht um Aufklärung und Stabilität", betonte Maurer.
Anwalt: kein Umfrage-Deal
Wöginger bezog sich darauf, dass Karmasins Anwalt Norbert Wess im KURIER seine Mandantin verteidigt hatte. Dass Kurz mit der ehemaligen Ministerin ein Gespräch führen wollte, habe ganz andere Gründe als einen möglichen Umfrage-Deal gehabt, meinte Wess zu Chat-Nachrichten zwischen dem späteren ÖVP-Chef und Thomas Schmid, damals Generalsekretär im Finanzministerium. Es sei nicht darum gegangen, Karmasin "zu einem Tatplan zu überreden", sondern sie von einem Rücktritt abzuhalten, meinte der Anwalt. Auch eine angebliche "besondere Nähe zwischen Kurz und Karmasin" habe es nicht gegeben, so Wess.
Dabei geht es um folgenden Chat-Verlauf: Im März 2016 schrieb Schmid an Kurz: "Gute News bei der Umfrage-Front. Sophie weiß ich nicht, ob ich überreden konnte Sie ist noch voll auf ...". "Kann ich mit ihr reden?", antwortete Kurz. Schmid meinte daraufhin: "Ja bitte! Sie ist so angefressen wegen Mitterlehner (damaliger Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner; Anm.), weil er ihr in den Rücken gefallen ist. Habe jetzt 3 Stunden mit ihr gesprochen. Und Spindi (Mitterlehners Vorgänger als ÖVP-Chef, Michael Spindelegger; Anm.) auf sie angesetzt." Und weiter schrieb Schmid: "Wenn du ihr sagst, dass jetzt die Welt nicht untergeht. Und das Mitterlehner eben ein Arsch war usw., hilft das sicher." "Passt, mache ich", antwortete Kurz.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt unter anderem gegen Karmasin, Kurz und Österreich-Herausgeber Wolfgang Fellner wegen Untreue, Bestechung bzw. Bestechlichkeit. Der Vorwurf lautet, dass aus Mitteln des Finanzministeriums - also Steuergeld - manipulierte Umfragen eines Meinungsforschungsunternehmens in Österreich bezahlt wurden, die ausschließlich im politischen Interesse von Kurz waren.