Politik/Inland

Vor Kern-Kür zum SP-Chef: Schlagabtausch in Koalition

Am kommenden Samstag wird Christian Kern offiziell zum Parteichef der SPÖ gewählt. Die Bundesbahnen konnte deren einstiger Chef aus der Verlustzone bringen. Nun soll er als Parteivorsitzender auch die Sozialdemokraten in die Gewinnzone führen.

In der ÖVP werden Kerns gute Umfragewerte mit Argwohn betrachtet. So manch prononciert linke Ansage des neuen Kanzlers wird als Provokation empfunden.

Dass Kern schon mehrfach für eine Arbeitszeitverkürzung und die so genannte Maschinensteuer (auch "Wertschöpfungsabgabe") eingetreten ist, erzürnt die Schwarzen. Nach dem Schlagabtausch um die "richtigen" Asylzahlen richten die ÖVP-ler dem SPÖ-Frontmann nun vor seinem Parteitag erneut aus, dass es auch bei Maschinensteuer & Co. keinerlei Spielraum gebe.

Scharfe Geschütze

Diesen Eindruck vermitteln Vizekanzler Reinhold Mitterlehner und Finanzminister Hans Jörg Schelling, die am Mittwoch einer handverlesenen Runde von Journalisten noch einmal die Standpunkte und wirtschaftspolitischen Leitlinien der ÖVP klar zu machen versuchten.

Der "Ladenhüter Maschinensteuer" sei ohne internationale Abstimmung für ein kleines exportorientiertes Land wie Österreich "ein Wahnsinn", so Mitterlehner.

Angesichts fehlender Produktivitätsgewinne brauche er auch keine Diskussion über eine Arbeitszeitverkürzung. Vielmehr sei eine Arbeitszeitflexibilisierung von täglich bis zu 12 Stunden – wenn Arbeit anfällt – das Gebot der Stunde. Schelling dachte sogar laut über eine Verlängerung der Arbeitszeit nach. Mitterlehner: "Wir brauchen die richtigen Signale. Es soll niemand den Eindruck haben, dass wir den Standort im Stich lassen, nur des Koalitionsklimas wegen."

Einen "New Deal", wie in Kern wolle, könne es schon geben. Aber für die ÖVP fällt darunter Deregulierung, Entbürokratisierung, mehr Forschung und letztlich "Entlastung statt Belastung".

Am 5. Juli werde man gemeinsam mit der SPÖ ein Paket für Start-up-Unternehmen präsentieren. Außerdem arbeite man an der Entrümpelung der Gewerbeordnung und hoffe bis Herbst endlich zu einer Lösung für die Abschaffung der kalten Progression zu kommen.

SP liege "absolut falsch"

Für eine Debatte über neue Steuern oder eine Arbeitszeitverkürzung stehe man aber nicht zur Verfügung. Dieser Ansatz sei "absolut falsch". Schon die Debatte über neue Belastungen sei psychologisches Gift für den Standort. Läuft das alles auf baldige Neuwahlen hinaus? Mitterlehner antwortet: "Wir spekulieren nicht mit Neuwahlen oder drohen dem Koalitionspartner, aber wir wollen klare Pflöcke einschlagen."

Die Sicht der SPÖ auf das Koalitionsklima im Allgemeinen und den Koalitionspartner im Besonderen hat Kern schon am vergangenen Wochenende beim Parteitag der SP-Oberösterreich in Marchtrenk dargelegt. Möglicherweise findet er beim Bundesparteitag der SPÖ am Samstag noch deutlichere Worte. In Oberösterreich sagte Kern, anknüpfend an seinen Sager, wonach es mit Leuten, "die sich wie Selbstmordattentäter in Telefonzellen benehmen", schwer sei: "Die Sache wird aber auch nicht besser, wenn man in einem Achterboot rudert und ein Teil der Truppe ein Loch in den Boden hakt."