Tschürtz will Doskozil als Kanzler und erntet viel Widerspruch
Eine Aussage des burgenländischen FPÖ-Obmanns Johann Tschürtz hat eine kleine Lawine an Reaktionen verursacht. Nach Wunsch von Tschürtz sollte nach der Nationalratwahl eine rot-blaue Koalition im Bund regieren. Kanzlerin wäre dann jedoch nicht mehr SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, sondern Tschürtz' Koalitionspartner, der burgenländische SP-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, wie er am Dienstag im Sommergespräch des ORF-Burgenland sagte.
"Vielleicht, wenn die SPÖ ein bisschen zulegt und wir auch ein bisschen zulegen, würde ich mir sogar wünschen, dass es einen Bundeskanzler Hans Peter Doskozil mit einem Vizekanzler Norbert Hofer gibt“, sagte Tschürtz: "Denn da gibt es Handschlagqualität und da gibt's nicht irgendwelche Machenschaften in der ÖVP.“ Beide seien auch sehr umsetzungswillig, da werde "nicht nur geplappert“.
Hofer widerspricht
Zuerst widersprach Tschürtz die eigene Bundespartei. FPÖ-Chef Norbert Hofer meinte am Mittwoch via Aussendung: "Ich habe Verständnis dafür, dass Johann Tschürtz aufgrund der guten Zusammenarbeit zwischen SPÖ und FPÖ im Burgenland auch andere Koalitionsvarianten andenkt. Auch ich schätze Hans Peter Doskozil. Eine Koalition zwischen SPÖ und FPÖ nach der Nationalratswahl am 29. September ist jedoch nicht möglich" - und zwar rechnerisch, aufgrund der aktuellen "Schwäche" der SPÖ.
Hofer geht vielmehr davon aus, dass es zu einer Neuauflage von Türkis-Blau kommt, was auch seine Wunschvariante wäre: "Ein starkes Wahlergebnis wird auch Grundlage dafür sein, dass die Vorstellungen der FPÖ hinsichtlich der inhaltlichen und personellen Weichenstellungen umsetzbar sein werden."
Rot-Blau weit entfernt von Mehrheit
Um weit mehr als "ein bisschen" müssten die Sozialdemokraten als auch die Freiheitlichen zulegen, damit Tschürtz´ Wunsch in Erfüllung gehen könnte. Denn aktuellen Umfragen zufolge, kämen beiden Parteien miteinander auf 42 Prozent bzw. 80 Mandate. Nötig wären zumindest 93 der 183 Mandate.
Für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda ist die „deutlich wahrscheinlichste Regierungsform“ nach der Nationalratswahl sowieso Türkis-Blau: “Wenn man sich ansieht, wie sehr der designierte FPÖ-Obmann Hofer eine Fortsetzung der türkis-blauen Koalition anstrebt und wie wenig der ÖVP-Obmann Kurz diese Fortsetzung ausschließt, ist klar, in welche Richtung die Reise geht und alles andere sind Ablenkungsmanöver."
Nehammer reagiert: "Alle gegen Kurz"
Ganz anders Karl Nehammer, Generalsekretär der ÖVP: Er identifiziert trotz Hofers Widerspruch eine "rot-blaue" Allianz: "Erste FPÖ-Spitzen sprechen sich offen für Rot-Blau unter Kanzler Doskozil aus. Die rot-blaue Allianz nimmt also bereits jetzt, rund acht Wochen vor der Wahl, Form an. Das Motto lautet: Alle gegen Kurz", sagte Nehammer.
Die Neigungsgruppe "Rot-Blau" habe schon im Parlament den "Sturz des Kanzlers" bewerkstelligt, so Nehammer, der in den Raum stellte, dass Hofer und Tschürtz ein falsches Spiel betreiben würden: "Auch der Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer ist nicht abgeneigt, mit der FPÖ zusammenzuarbeiten. Spannend ist in dem Zusammenhang auch, dass Norbert Hofer den Kontakt zu uns scheut. Es ist davon auszugehen, dass Johann Tschürtz und er in enger Abstimmung agieren."
Ein österreichisches Boulevard-Medium hatte zuvor berichtet, dass Hofer die Einladung von Kurz nicht annehmen und sich mit ihm vor der Wahl treffen werde. Zuvor hatte sich der ÖVP-Chef bereits mit Werner Kogler (Grüne) und Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) getroffen. Ein Treffen mit Beate Meinl-Reisinger (Neos) ist ebenso geplant. Ob es dabei um Sondierungsgespräche für künftige Koalitionen geht, ist nicht bekannt.
Hofer stellte gegenüber dem Boulevard-Medium klar: "Ich hab das Treffen auf nach dem Wahltag verschieben lassen. In der Hitze des Wahlkampfes sind Arbeitsgespräche nicht sinnvoll. Es ist besser, sich nach der Wahl zusammenzusetzen."
Wöginger: "Hofer entgleiten die Zügel"
Ebenfalls gegen Hofer schoss ÖVP-Klubobmann August Wöginger, der via Aussendung mitteilte: "FPÖ-Chef Norbert Hofer entgleiten offenbar immer mehr die Zügel in seiner Partei." Es sei unklar, wer in der FPÖ nun überhaupt das Sagen habe. Hofer sei "offenbar nur das freundliche Gesicht nach Außen ohne Macht nach Innen", schloss Wöginger sein Statement.