Politik/Inland

Trotz Kritik an Rauswurf der Jugend: Grüne halten an ihrer Chefin fest

Bei den Grünen brodelt es gewaltig – zumindest unter der Oberfläche. Nachdem Obfrau Eva Glawischnig die "Jungen Grünen" wegen eines Streits um eine studentische Splittergruppe aus der Partei ausgeschlossen hat, gingen in den Bundesländern die Wogen hoch. Das Protokoll einer internen Telefonkonferenz – einen Tag nach der offiziellen Trennung – zeigt deutlich, dass viele Landesvertreter die Entscheidung missbilligen, allen voran aus Tirol, Vorarlberg und der Steiermark. Erstaunlich, da der Beschluss, sich von der Jugendorganisation zu trennen, ja im Erweiterten Bundesvorstand gefasst worden ist. Nur zwei Mitglieder stimmten dagegen.

Dass der innerstudentische Konflikt aber überhaupt so eskaliert ist, wird der Parteichefin zugeschrieben. Das habe Glawischnig geschadet, heißt es aus Parteikreisen. Von einer Obfrau-Debatte will aber niemand etwas wissen. In Westen blocken die Grün-Vertreter beim KURIER-Rundruf bei dieser Frage ab: "Kein Kommentar." Es wird vermutet, dass im Hintergrund Gespräche laufen. Bleiben die westlichen Bundesländer bei ihrer Kritik an der Eskalation, könnte Glawischnig sich als Parteiobfrau künftig schwertun.

"Öl ins Feuer"

Als "katastrophal" bezeichnet Nationalratsabgeordneter Karl Öllinger die Situation im KURIER-Gespräch, den Parteiausschluss als "absolut unverständlich". Und unklug obendrein: Für eine Partei werde es schwierig, wenn sie eine Gruppe vor die Tür setzt, die bei Wahlkämpfen am meisten gelaufen sei – zuletzt für Bundespräsident Alexander Van der Bellen.

„Das sind lauter kleine Kurz-Kopien. Karrieristen, keine Revolutionäre.“
(Michel Reimon, Grüner EU-Mandatar, kritisiert am 24. März via Facebook Junge Grüne und Petrik)


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Die Emotionen seien "unnötig hochgegangen", sagt Öllinger. Kritisch wird von den Ländervertretern die Rolle von EU-Mandatar Michel Reimon gesehen.

Er habe mit seiner Facebook-Kritik an der Jungen-Grünen-Chefin Flora Petrik nur "Öl ins Feuer gegossen". Reimon hatte die "Jungen" aus Graz als Urheber ausgemacht. Reimon wurde erst kürzlich als grüner Burgenland-Chef entmachtet – ausgerechnet von der Mutter der "Jungen Grünen"-Chefin, Regina Petrik.

Der Konflikt hat seine Wurzeln im Vorjahr, als sich in Linz und Graz einige Studenten von der anerkannten Gruppe "GRAS" (Grüne & Alternative Student_Innen) abspalteten und die "Grünen Studierenden" gründeten. Die GRAS sei mit ihrer Basisdemokratie und dem Konzept der Einstimmigkeit bei Beschlüssen veraltet, es brauche eine Öffnung, wurde für die Gegenseite argumentiert. Inhaltliche Differenzen dürfte es nicht gegeben haben.

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Die Jungen Grünen wollten die Splittergruppe bei den ÖH-Wahlen im Mai unterstützen, was die Bundespartei nicht tolerierte. Am 22. März veröffentlichte Vorsitzende Flora Petrik einen offenen Brief an Parteichefin Glawischnig, beschuldigte sie, Druck auszuüben, und forderte ihren Rücktritt.

„Ich persönlich habe den Eindruck, dass … du nicht die Person bist, die die Partei in diesen notwendigen demokratischen Aufbruch führen kann. … Daher wäre es ein verantwortungsvoller Schritt, wenn du Platz für andere machst.“
(Offener Brief von Flora Petrik, Sprecherin der Jungen Grünen, an Eva Glawischnig vom 22. März 2017)


Am Donnerstag, 30. März entschuldigte sich Petrik dafür, blieb aber in der Sache hart. Wenige Stunden später verkündete die Bundespartei den Ausschluss der Jugendorganisation. Was bei einem Vieraugengespräch zwischen Glawischnig und Petrik am Freitag, 31. März herausgekommen ist, ist nicht überliefert. Sie verlieren jedenfalls ihre Jugendförderung von 160.000 Euro.

Warum die Kandidatur der Splittergruppe überhaupt ein solcher Zankapfel war, ist vielen unverständlich. Bundesweit wollten die "Grünen Studierenden" ohnehin nicht antreten, in Linz sind sie eine anerkannte Gruppe der Landespartei und in Graz sind die GRAS kaum präsent. Sogar GRAS-Spitzenkandidatin Marita Gasteiger sagt zum KURIER: "Wir hätten uns von einer Splittergruppe nicht einschüchtern lassen."

Lösung nach Ostern

Joachim Kovacs, Sprecher der Wiener Grünen, sagt: "Die Verhältnismäßigkeit passt überhaupt nicht. Die Jungen Grünen haben sich entschuldigt, so eine fleißige Organisation setzt man nicht so einfach vor die Türe." Er appelliert an die Beteiligten, über Ostern eine Nachdenkpause einzulegen und Wege zu einer Einigung zu finden.

Bundesgeschäftsführer Robert Luschnik erklärte am Montag, der Trennung seien "monatelange, intensive Schlichtungsversuche" vorausgegangen. Da sie Jungen Grünen aber nicht von ihrem Standpunkt abweichen wollten, seien die "Grundvoraussetzungen für eine weitere Zusammenarbeit nicht erfüllt". Es hätten sich bereits einige Aktivisten gemeldet, die mit der Vorgangsweise ihrer Führungsriege nicht einverstanden sind. Gemeinsam mit ihnen werde man am Aufbau einer neuen Jugendplattform arbeiten.

Die Jungen Grünen sind übrigens bereits die zweite Jugendorganisation, die den Grünen abhandenkommt. Die in den 1990er-Jahren gegründete "Grünalternative Jugend" löste sich schrittweise auf, bis sie 2014 in den "Jungen Grünen" aufging.