Strafen in Millionenhöhe: Neos fordern Generalamnestie für "Corona-Sünder"
Sieben Wochen lang hieß es, es gebe nur vier Gründe, das Haus zu verlassen. Ende April stellte sich heraus: Die von der Regierung wochenlang gepredigte Ausgangssperre hat es in dieser Form in der Verordnung zum Covid-19-Maßnahmengesetz nie gegeben.
Und dennoch gibt es aus dieser Zeit etliche Anzeigen und Verwaltungsstrafen. Die Neos fordern nun eine Generalamnestie für alle vermeintlichen "Corona-Sünder". Einen entsprechenden Antrag wollen Vize-Klubchef Nikolaus Scherak und Justizsprecher Johannes Margreiter morgen, Donnerstag, im Nationalrat einbringen.
"Es braucht Gerechtigkeit für alle zu Unrecht gestraften Österreicherinnen und Österreicher. Trotz der klaren Rechtslage hat die Exekutive Menschen für Verhaltensweisen bestraft, welche überhaupt nicht verboten waren", sagt Scherak zum KURIER. Und weiter: "Unbescholtene Bürgerinnen und Bürger mussten hunderte Euro Strafen zahlen, obwohl sie nichts Unrechtes getan haben. Dass so etwas in Österreich möglich wäre, hätte ich niemals erwartet.“
Die Neos haben nach einer parlamentarischen Anfrage aus dem grünen Gesundheitsministerium Zahlen erhalten:
- 21.000 Anzeigen wurden bis Mitte Mai nach dem Covid-19-Maßnahmengesetz und nach dem Epidemiegesetz erstattet. Diese führten zu
- 10.000 Verwaltungsstrafen
- 26 "Corona-Partys" wurden aktenkundig (davon alleine 16 in Tirol), diese hatten
- 76 Verwaltungsstrafverfahren zur Folge.
- 3.700 Rechtsmittel wurden bislang ergriffen.
Die Zahlen sind allerdings nicht vollständig: Gesundheitsminister Rudolf Anschober merkt in seiner Anfragebeantwortung an, dass es kein zentrales Register gebe und die Zahlen aus den Bundesländern erfragt wurden. Die Steiermark hat nichts zurückgemeldet, Wien nannte bei den Geldstrafen keine Summen.
Ohne Wien machten die verhängten Geldstrafen rund 1,5 Millionen Euro aus. Insgesamt gehen die Neos laut einer eigenen Hochrechnung von Geldstrafen in Höhe von drei bis vier Millionen Euro aus.
Die Strafen sind zudem nicht rechtskräftig, die Einspruchs- und Beschwerdefrist startete erst am 1. Mai.
Neos-Vize Scherak sieht in der unterschiedlichen Vorgangsweise der Bundesländer ein weiteres Problem: Niederösterreich habe beispielsweise alle Corona-Strafen erlassen, in Wien müsse man sie aber weiterhin zahlen.
"Das ist doch Wahnsinn und an Frechheit nicht zu überbieten. Wir fordern ein einheitliches Vorgehen in allen neun Bundesländern", sagt Scherak. Gesundheitsminister Rudolf Anschober und Innenminister Karl Nehammer "tragen für dieses Chaos die politische Verantwortung".
Ähnliche Anträge blitzten bereits ab
Die Neos werden ihren Entschließungsantrag morgen, Donnerstag, einbringen. Ob er durchgeht, hängt alleine von den Regierungsparteien ab, denn die Opposition zieht bei dem Thema an einem Strang.
SPÖ und FPÖ hatten bereits ähnliche Anträge für eine Generalamnestie im Nationalrat eingebracht - diese wurden jeweils von den Oppositionsparteien mitgetragen, von ÖVP und Grünen aber abgelehnt.