Strache stärkt Steger den Rücken und legt mit ORF-Kritik nach
Von Peter Temel
In der Debatte um die Kritik Norbert Stegers an der Ungarn-Berichterstattung im ORF hat Vizekanzler Heinz-Christian Strache dem freiheitlichen Stiftungsrat nun den Rücken gestärkt.
"Wenn gegenüber Ungarn von einer Diktatur gesprochen wird", dann werde das auch "zurecht kritisiert und verurteilt", sagte Strache im Pressefoyer nach dem Ministerrat. "Denn das ist ein demokratisches Land mit demokratischen Wahlen, wo man die Wahlergebnisse auch zu respektieren hat und da sind solche völlig abseits der Realität befindlichen Bewertungen natürlich unpassend", sagte der FPÖ-Chef.
Strache begründete seine Einschätzung damit, dass „Meinungsfreiheit und unabhängige Medien besonders wichtig“ seien. „Wenn solche Entwicklungen in einem öffentlich-rechtlichen Sender der Fall sind“, sei „natürlich auch Kritik berechtigt“.
Steger hatte in Interviews eine "objektivere Berichterstattung" im ORF gefordert und Einschnitte bei den Auslandsbüros angedroht. Als Anlassfall nannte der frühere FPÖ-Parteiobmann und Vizekanzler die Berichterstattung zur Ungarn-Wahl. Diese sei laut Steger "einseitig" abgelaufen, was nicht zuletzt ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz zurückwies. Gegenüber dem KURIER bekräftigte Steger seine Kritik und sprach von einem "linken Endkampf" im ORF.
Kurz: "Das braucht es nicht"
Bundeskanzler Sebastian Kurz ( ÖVP) rief bei dem Pressefoyer dazu auf, "mit den Emotionen runterzukommen" und verwies in diesem Zusammenhang ein weiteres Mal auf die von Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) geplante Medienenquete. Dort könne man "sachliche Debatten" führen, "alles andere braucht es nicht."
Dem Regierungs-Wording, zu Deeskalation und sachlicher Diskussion aufzurufen, schloss sich grundsätzlich auch Strache an. Was die angedrohte Streichung von ORF-Auslandskorrespondenten betrifft, glaube er, dass Steger "fehlinterpretiert" worden sei.
Als eine Journalistin anmerkt, dass die Emotion vonseiten der FPÖ in diese Debatte gebracht worden sei, erklärte der Vizekanzler: „Wir haben Orban nicht als Diktator beschimpft und Ungarn nicht als Diktatur bezeichnet. Das ist, glaub' ich, ein unredlicher Akt.“
ORF berichtete über "eine Art demokratischer Diktatur"
Am 4. April wurde im ORF-"Weltjournal" eine Reportage mit dem Titel „ Ungarn – Orbáns demokratische Diktatur“ gesendet. Im Aussendungstext dazu wird Orbán lediglich als "rechtspopulistischer Regierungschef" bezeichnet. Weiter heißt es: "Im 'Weltjournal' zeigt ORF-Osteuropa-Korrespondent Ernst Gelegs, wie sehr Orbán sein Land verändert hat, wie Orbáns Klientel profitiert und wie sehr Ungarn bereits zu einer Art demokratischer Diktatur geworden ist."
In den vergangenen acht Jahren habe "Viktor Orbán mit einer Zweidrittelmehrheit das Land systematisch in einen illiberalen Staat umgewandelt. Er und seine Regierung kontrollieren die Justiz und die Medien, Kritiker werden mundtot gemacht. An allen Schalthebeln der Macht sitzen Orbán treu ergebene Personen, die darauf achten, dass der Regierungschef politisch schalten und walten kann, wie er will“, heißt es außerdem im ORF-Text zur Sendung.
Das FPÖ-nahe Onlineportal unzensuriert wiederum stieß sich daran, dass in einem Bericht fürs Ö1-"Morgenjournal" vom "Orbán-Regime" und "weitgehend gleichgeschalteten" Medien die Rede gewesen sei.
Über Einschränkungen der Medienfreiheit und Medienvielfalt in Ungarn berichteten auch der KURIER und viele andere Medien weltweit. Die Europäische Union eröffnete gegen Ungarn Vertragsletzungsverfahren. Dabei geht es um umstrittene Auflagen für Nichtregierungsorganisationen und ein ungarisches Hochschulgesetz.