ÖGB-Boss fordert radikalen Umbau
Von Patricia Haller
In rund eineinhalb Wochen stellt sich Erich Foglar der Wiederwahl: Es besteht kein Zweifel daran, dass er nach dem ÖGB-Bundeskongress (18.bis 20. Juni in Wien) für weitere fünf Jahre an der Spitze der 1,2 Millionen Mitglieder starken Arbeitnehmervertretung steht. Das Arbeitsprogramm, das sich der ÖGB bis 2018 geben wird, steht in einem dichten Leitantrag. Es geht darin nicht nur um Österreich, sondern auch um die Politik der EU.
Steuersystem umbauen
Was Österreich betrifft, werde eine zentrale Forderung die Verteilungsgerechtigkeit sein, sagt Foglar zum KURIER. Kern dabei: eine Steuerreform, die die kalte Progression ausgleicht.
Durch die jährlichen, von den Gewerkschaften verhandelten Lohnerhöhungen rutschen Arbeitnehmer oft automatisch in eine höhere Steuerstufe, das verhandelte Lohnplus wird aufgefressen. Das spült dem Staat pro Jahr rund 500 Millionen Euro in die Kassa. Foglar: „Wir wollen, dass den Menschen mehr Netto vom Brutto bleibt. Die Gewerkschaften schließen bei den Kollektivvertrags-Runden gut ab. Es wird die Inflation und die Hälfte vom Zugewinn der Produktivität abgegolten. Aber netto bleibt davon nichts übrig. Wir wollen, dass die kalte Progression weggeschafft wird“, verlangt der ÖGB-Präsident. Daher müssten die Tarifstufen verflacht werden. Foglar: „Das System gehört radikal umgebaut. Schon der Einstiegssteuersatz ist viel zu hoch. Bis 11.000 Euro zahlt man jetzt nichts, dann sind schon 36,5 Prozent fällig, ab rund 2300 Euro brutto 43 Prozent und dann 50 Prozent.“ Bei einer solchen Tarifreform könne auch der Spitzensteuersatz, der jetzt für Gehaltsteile ab 60.000 Euro pro Jahr greift, „höher angesetzt werden“.
Millionärssteuer
Als Gegenfinanzierung verlangt der ÖGB eine Millionärssteuer. Auch die Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer sei ein Anliegen des ÖGB. „Es geht uns nicht um Klassenkampf. Alle Studien von Organisationen wie der OECD, der EU-Kommission oder der EZB zeigen, dass Österreich zur Finanzierung des Staatshaushaltes die geringsten vermögensbezogenen Abgaben hat. Uns geht es klar um die Vermögen der privaten Millionärshaushalte, nicht um Betriebsvermögen. Da wären ja Arbeitsplätze betroffen. Die Herren Piëch oder Mateschitz werden sich doch einen geringen Beitrag leisten können.“
Um die hohe Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, verlangt der ÖGB-Boss, dass sich die Regierung in der EU für einen Kurswechsel starkmacht. „Die Ökonomie des Kaputtsparens ist blanker Unsinn.“ Der ÖGB wolle daher, dass sich die Regierung in Brüssel dafür einsetzt, den Stabilitätspakt, der Defizit-Ziele und Schuldenquoten festschreibt, zu ändern. Zukunftsinvestitionen, die dem Schuldenstand angerechnet werden, etwa Bauprojekte für Infrastruktur, sollten herausgerechnet werden können. Foglar: „Ich will, dass wir uns aus der Krise herausinvestieren können.“