Politik/Inland

Steuerreform: ÖAAB will Gleittarif einführen

Nachdem das Steuerreform-Konzept der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) und der Arbeiterkammer (AK) mehr oder weniger spruchreif präsentiert wurde, legt der Österreichische Arbeiternehmer- und Arbeitnehmerinnenbund (ÖAAB) nach. Kernelemente des Vorschlags der ÖAAB sind Abschaffung der Steuerstufen und die Einführung eines "Gleittarifs", was eine Entschärfung der kalten Progression bringen soll. Das Paket ist 5,5 Mrd. Euro schwer, wie die stv. ÖAAB-Obfrau Gabriele Tamandl erklärte. Die Finanzierung will der ÖAAB rein ausgabeseitig schaffen - ohne Gegenfinanzierung durch neue Steuern. Wünsche - etwa von SPÖ und Gewerkschaft - nach einer Wiedereinführung von Erbschaft- und Schenkungssteuer erteilt der VP-Arbeitnehmerbund eine klare Absage.

Es dürfe "keine neuen Mittelstands- und Eigentumssteuern" geben, so ÖAAB-Generalsekretär August Wöginger. Zur Erbschafts- und Schenkungssteuer sagte er: "Diese haben wir mit gutem Recht abgeschafft." Kommen soll die Steuerreform laut Wöginger "so rasch als möglich".

Vereinfachung der Steuerberechnung

Ein wichtiges Element beim ÖAAB-Konzept sei die Vereinfachung der Steuerberechnung. Zur Berechnung des Tarifs gebe es eine Formel, ab einer Höhe von 12.000 Euro Jahres-Brutto greift die Steuerpflicht. Im Gegensatz zum bestehenden Modell gibt es aber keine Steuerstufen, sondern eine "linear" ansteigende Steuer und einen "Durchschnittssteuersatz".

Der Höchststeuersatz soll künftig bei 43,5 Prozent liegen (stellt ebenfalls den Durchschnittssatz über das gesamte Einkommen dar), schlagend wird dieser laut Tamandl ab etwa 75.000 Euro Jahresbrutto (bei ÖGB/AK-Vorschlag bei 80.000). Die genaue Berechnungsmethode wollten die beiden ÖAAB-Spitzenfunktionäre Dienstagvormittag noch nicht verraten.

Jeder Cent zählt

Der Sprecher von ÖAAB-Chefin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) verwies gegenüber der APA auf Professor Gottfried Haber von der Donau Universität Krems, auf dessen Berechnungen das Modell beruht. Demnach steigt quasi mit jedem Cent ab 12.000 Euro der Steuersatz kontinuierlich an. Ziel dieses Modells sei, den "Mittelstands-Buckel", also die steuerliche Belastung des Mittelstandes (vor allem Einkommen zwischen etwa 1.800 bis 4.500 brutto), zu entschärfen, wie Wöginger erklärte. Außerdem soll der "kalten Progression" (also dem Rutschen in höhere Steuerstufen) entgegengewirkt werden, indem es eben keine Stufen mehr gibt.

Familienentlastung

Ein weiteres Kernelement des ÖAAB-Modells ist die Familienentlastung, ohne diese werde es keine Zustimmung des ÖAAB zu einer Steuerreform geben, wie Tamandl sagte. Diese sieht das - bereits bekannte - Modell eines Steuerfreibetrages von 7.000 Euro pro Kind und Jahr vor, gedeckelt ist dies mit einer maximalen Steuerersparnis von 4.274 Euro.

Außerdem soll die Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten ausgeweitet werden (2.300 Euro pro Kind): Laut ÖAAB soll dies künftig bis zum Ende der Schulpflicht möglich sein (derzeit bis zum 10. Lebensjahr) und auch Kosten für Musikschule, Sprachferien, Ferienlager umfassen.

Beispiel für die Entlastung

Als Beispiel für die Entlastung brachte Tamandl Berechnungen, wonach etwa ein Einkommen von 1.500 Euro Monatsbrutto laut dem Modell eine jährliche Steuerentlastung von 524 Euro bringen würde. Bei 2.000 Euro Brutto (und zwei Kindern) würde die Reform rund 1.500 Euro ins die Börse spülen. Ein Bruttolohn von 2.500 Euro (3 Kinder) würde mit jährlich rund 2.590 Euro entlastet, ohne Kinder würde die Entlastung bei 1.700 Euro liegen. Auch für höher Einkommen brächten die Vorschläge spürbare Entlastungen: Bei 4.000 Euro brutto und zwei Kindern würde der Vorschlag rund 3.770 Euro bringen.

Ein drittes Element der ÖAAB-Ideen ist die steuerliche Begünstigung der Mitarbeiterbeteiligung: Diese sollen von Sozialversicherungsabgaben befreit werden und pauschal mit 25 Prozent endbesteuert werden. Für die Unternehmer sollen dabei keine Lohnnebenkosten anfallen.

Negativsteuern für Geringverdiener (unter der Steuerfreigrenze) sieht das ÖAAB-Modell keine vor. Wöginger erklärte dazu, man sei der Ansicht, dass die Transferleistungen für diese Gruppe in letzter Zeit ohnehin "ständig verbessert" worden seien.

"Nie abgesprochen"

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Dieses Paket hat nun aber massive Kritik aus den eigenen Reihen zur Folge. Die Tiroler ÖAAB-Obfrau und Bildungslandesrätin Beate Palfrader, ihres Zeichens auch stellvertretende Bundesobfrau des Arbeiter- und Angestelltenbundes, erklärte in einer Aussendung, dass dieses "vorgebliche Entlastungspaket nie in unseren Gremien akkordiert bzw. abgesprochen worden sei". Palfrader, der Tiroler AK-Präsident Erwin Zangerl sowie FCG-Landesvorsitzender Gerhard Seier verwiesen in diesem Zusammenhang auf das AK-ÖGB-Lohnsteuersenkungsprogramm, dessen Präsentationstermin seit Wochen bekannt sei. "Schade, dass die Spitzen des Bundes-ÖAAB gerade jetzt mit einem Konvolut an Vorschlägen kommen. Wir wollen keine Verwässerung der längst überfälligen Lohnsteuerreform. Es geht um Steuergerechtigkeit und eine deutliche Senkung der Steuer auf Arbeit, sowohl für Gering- als auch für Besserverdiener", meinten die drei unisono.

Es spreche nichts dagegen, dass Familien entlastet, oder die Mitarbeiter an Unternehmensgewinnen beteiligt werden sollen. Das seien dringend und schon lang geforderte Maßnahmen - nur hätten diese Vorschläge mit der geforderten Lohnsteuerreform wenig bis gar nichts zu tun. Die Bundesspitze des ÖAAB wäre gut beraten, endlich echte Arbeitnehmerpolitik für die arbeitenden Menschen, ihre Familien und ihre Probleme zu machen.