Steuerreform hängt an der Abschaffung der ORF-Gebühren
Von Daniela Kittner
Finanzminister Hartwig Löger befindet sich mitten in einem harten Abwehrkampf. Am 10. April will die Bundesregierung die Steuerreform vorstellen, die stufenweise in den kommenden Jahren eingeführt wird. Einen kostspieligen Fixpunkt der Reform gibt es bereits: Auf ihrer Klausur im Jänner hat die Regierung beschlossen, die Krankenversicherungsbeiträge für Geringverdiener zu senken und den Krankenkassen das fehlende Geld aus dem Budget zu ersetzen.
- Kostenpunkt: 700 Millionen pro Jahr.
Nächstes Thema ist die Pflegefinanzierung. Die FPÖ würde die Pflegekosten gern zur Gänze aus dem Budget finanzieren und sträubt sich gegen die Einführung einer Pflegeversicherung. Eine Pflegeversicherung könnte rund 1,5 Milliarden bringen. Gibt es keine, bleiben alle Ausgaben beim Budget picken.
- Und da geht es um Milliarden.
Weiteres Thema: das Bundesheer. Diese Woche richtete der Generalstab dem Finanzminister aus, er müsse das Budget von Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) von 2,2 Milliarden auf zumindest 3,3 Milliarden aufstocken, sonst könne das Heer seinen gesetzlichen Auftrag nicht erfüllen.
- Kostenpunkt: 1,1 Milliarden im Jahr.
Auch die allerneueste Begehrlichkeit kommt aus den Reihen der FPÖ: die Abschaffung der ORF-Gebühren. Bei diesem Begehren wird sich Löger schwertun es abzuwehren, zählt es doch zu den Herzensanliegen des Vizekanzlers. „Heinz-Christian Strache verfolgt das Projekt der GIS-Abschaffung mit ähnlicher Empathie wie die Rücknahme des absoluten Rauchverbots oder die Einführung des Papa-Monats“, will ein Strache-Kenner wissen.
Das ist für Löger ein harter Brocken. Die Abschaffung der GIS-Gebühren würde ein Loch von 700 Millionen ins Bundesbudget reißen. 600 Millionen lukriert der ORF aus den GIS-Gebühren, dieses Geld müsste bei einer GIS-Abschaffung aus dem Bundesbudget an den ORF gehen. 130 Millionen nimmt der Finanzminister selbst unter dem Titel GIS-Gebühren ein (50 Mio. Radio- und Fernsehgebühr, eine Bundessteuer; 60 Mio Umsatzsteuer; 20 Mio Kulturförderung). Hinzu kommt, dass die Bundesländer wohl beim Finanzminister vorstellig würden, dass ihre mit der GIS eingehobene Kulturförderung von 140 Millionen jährlich aus der Bundeskasse ersetzt würde.
Dem Vernehmen nach hat Löger verlangt, dass alle Sonderwünsche auf den Tisch kommen, bevor das Volumen für die Steuerreform festgelegt wird. „Wenn die FPÖ auf die Abschaffung der ORF-Gebühren besteht, wird sie halt auf etwas anderes verzichten müssen“, heißt es in der ÖVP. Auch das Volumen für die umfangreich geplante Steuersenkung könnte schrumpfen.
Denn eines ist für Löger unverrückbar: keine neuen Schulden.
Wie der KURIER diese Woche berichtete, kommen aus der FPÖ inzwischen Signale, dass sie sich bei der Pflege doch ein Versicherungsmodell vorstellen könne, und riskieren würde, dass sie ein Wahlversprechen bricht. Wenn sie andererseits aber sagen könne, sie habe dafür die Abschaffung der ORF-Gebühren durchgesetzt, würden die Leute das vielleicht verzeihen.
Die Abschaffung der GIS ist aber nicht nur ein Finanzthema, sondern auch ein politisches. Vor allem die ÖVP geht ein Risiko ein. Dem ORF auf Druck der FPÖ die Gebühren wegzunehmen und ihn stattdessen ans Staatsbudget zu ketten, könnte der Bürgerpartei übel genommen werden. Die FPÖ hat bezüglich Druck auf Journalisten keinen Ruf zu verlieren. Jetzt kursiert eine Variante, dass man dem ORF z. B. fix 500 Millionen plus eine alljährliche Valorisierung ins Gesetz schreibt, sodass er nicht alljährlich zur Politik betteln gehen muss. Um ihn trockenzulegen, müsste man dann das Gesetz ändern – das wäre dann die gleiche Situation wie jetzt.
Die FPÖ möchte mit der GIS-Abschaffung einen Schlager für den Wien-Wahlkampf haben, sagen FPÖ-Kenner. Von ihren wenig verdienenden Wählern könnte sie dafür Applaus bekommen.
Es könnte aber auch eine Gegenmobilisierung von Journalisten, Künstlern etc. unter dem Titel „Rettet den ORF“ geben. Dies würde wohl der ÖVP schaden.