Politik/Inland

Steirisches Freundschafts-Spiel

Sie sparen. Sie reformieren die Verwaltung. Sie schlanken aufgeblähte Strukturen ab. Sie kürzen bei der Politik und reduzieren die Zahl von Ämtern und Posten. Die steirischen Reformpartner Franz Voves und Hermann Schützenhöfer haben in den letzten fünf Jahren all das gemacht, was Rechnungshof, Experten und die Steuerzahler auch von der Bundesregierung verlangen: die staatlichen Strukturen so zu reformieren, dass die öffentliche Hand Geld nicht verschwendet, sondern wieder finanziellen Spielraum für Notwendiges hat.

Zudem haben Voves und Schützenhöfer einen neuen Stil in der Politik eingeführt. Voves hat die Landeshauptmann-Funktion mit seinem Reformpartner de facto geteilt. Die beiden haben nicht nur kein böses Wort übereinander verloren, sondern traten gemeinsam auf, signalisierten, dass sie auf gleicher Augenhöhe miteinander reden und regieren. Während man in anderen Bundesländern kaum weiß, wer "Vize"-Landeshauptmann ist, ist Schützenhöfer so etwas wie der zweite Landeshauptmann neben dem ersten.

Neuer Stil

Den neuen Stil halten SPÖ und ÖVP auch im laufenden Wahlkampf durch. Mit innovativen Plakatsujets versuchen sie, Aufmerksamkeit zu erregen. Der doppelte Voves – er als sein schärfster Kritiker. Oder das Salz-und-Pfeffer-Plakat der ÖVP, auf dem die Volkspartei den Spitzenkandidaten der SPÖ gleich mit-bewirbt (Bild).

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Taten statt leerer Versprechen, Sparen statt Verschwenden, zivilisierte Umgangsformen statt Haxelbeißen – man sollte meinen, dass so eine Wunsch-Regierung von den Wählern belohnt wird. Stattdessen drohen SPÖ und ÖVP – siehe neben stehende Umfrage – am kommenden Sonntag deutliche Verluste. Warum?

"Es ist nicht die Landespolitik, es sind Einflüsse aus Europa und globale Entwicklungen, die sich hier bemerkbar machen", sagt SPÖ-Landesgeschäftsführer Max Lercher.Er verweist auf neue Technologien, die Arbeitsplätze überflüssig machen sowie auf Krisen, die Flüchtlings- und Migrationsströme erzeugen. Die Bundespolitik wiederum bewirke, dass "die Menschen Politiker-Versprechen erst dann glauben, wenn sie spüren, dass sie wahr sind". Lercher: "In den nächsten fünf Jahren, wenn die Menschen spüren, dass das Sparen Sinn hat, dass wir mit den frei werdenden Mitteln ein Impulsprogramm umsetzen, wird die Stimmung besser werden."

Das "Hauptproblem", so Lercher, sei jedoch die grassierende Ausländerfeindlichkeit, die von der FPÖ geschürt werde. "Ob Migranten, Asylwerber, Flüchtlinge – die FPÖ macht Ausländer zu Sündenböcken, und es fallen offenbar schon wieder viele drauf hinein", ärgert sich Lercher. Von "erschreckenden Fällen von Ausländerfeindlichkeit " berichtet auch Nationalratsabgeordnete Lisa Hakel: "Die Sparpolitik der steirischen Landesregierung ist es nicht, die der FPÖ Wähler zutreibt. Ich wurde in meinem Bezirk mit keiner einzigen Beschwerde konfrontiert, dass jemand wegen der Sparpolitik etwas nicht bekommen hätte." Sie führt die Ausländerfeindlichkeit und die Anfälligkeit für FPÖ-Parolen auch auf eine "Neidgesellschaft" zurück.

Die steirische SPÖ ist jedenfalls alarmiert. Abgesehen von den Zuwächsen für die FPÖ fürchtet sie, dass ihre Stammwähler zu Hause bleiben und gar nicht wählen gehen. Sie setzt alles auf die Beliebtheit von Franz Voves. Lercher: "Der erste Platz ist keineswegs sicher, wir müssen kämpfen bis zur letzten Minute."

Die SPÖ wittert Gefahr

Die steirische SPÖ wittert die Gefahr, dass sie mehr verlieren könnte als die ÖVP – und damit wäre sie den Landeshauptmann-Posten los. Die ÖVP ihrerseits erhebt im Wahlkampf gar nicht Anspruch, Erste zu werden – aber nicht aus Freundschaft zu Voves, sondern aus taktischem Kalkül. Würde sie den Steirern sagen, sie wolle ihnen Voves wegnehmen, würde ihm das Stimmen zutreiben. "Die steirische ÖVP versucht sehr geschickt aus dem Windschatten heraus nach vorne zu kommen – fast wie ein Tarnkappenbomber, den niemand sieht", sagt ein Politik-Experte. Die Wahrscheinlichkeit, dass die ÖVP überraschend Erste wird, liegt jedoch bei niedrigen 20 Prozent.

Das große Thema am kommenden Sonntag dürften die FPÖ-Zuwächse werden. Aber auch diese sind zu relativieren: die Landes-SPÖ und die Landes-ÖVP können sich die FPÖ auf Landesebene weit vom Leib halten. Bei Bundeswahlen waren die Blauen in der Steiermark hingegen schon Stärkste.

Bis vor wenigen Tagen war es mehr ein Wahl-Spaziergang denn ein Wahlkampf, den wir in der Steiermark erlebt haben“, sagt OGM-Chef Wolfgang Bachmayer. Denn Wähler wie Gewählte „wissen seit Langem, dass sich auch nach dem Wahltag am 31. Mai eine gemeinsame Regierung ausgehen wird.“

Gemeint ist das seit fünf Jahren bestehende Duo Franz Voves und Hermann Schützenhöfer. Sie wollen trotz prognostizierter herber Verluste (zwischen Minus sechs und acht Prozent) und einer schwachen Wahlbeteiligung (vorausgesagt werden unter 70 Prozent) auch nach der Wahl am kommenden Sonntag gemeinsam weitermachen. Sie sind sich ihrer gemeinsamen Sache so sicher, dass die ÖVP statt Schützenhöfer einen Salz- und Pfeffer-Streuer (siehe Bild oben links) plakatiert. Die Steirer sind auch in der Tat mit der rot-schwarzen Reformpartnerschaft, die beispielsweise gegen heftige Widerstände die Zusammenlegung von rund 500 Gemeinden durchsetzte, überwiegend zufrieden.

Den Wahlkampf dominierten die steigenden Asylwerber- und Arbeitslosen-Zahlen – Wahlkampfmunition für die FPÖ. „Die Freiheitlichen setzen in altbekannter und altbewährter Manier darauf. Sie werden ihre Stimmen verdoppeln können“, weiß Bachmayer. Dass deren Spitzenkandidaten, Mario Kunasek, kaum jemand kennt, spiele dabei keine große Rolle – dem Landeshauptmann aber in die Hände. Wäre eine Direktwahl des Landeshauptmannes möglich, gäben 37 Prozent dem Amtsinhaber ihre Stimme. Seinem Stellvertreter Hermann Schützenhöfer wären lediglich 27 Prozent der direkten Wählerstimmen sicher. „Voves hat beim Landesparteirat im April die FPÖ als Lügner, Hetzer und Rattenfänger bezeichnet, diese ausgegrenzt und so auf die SPÖ und sich aufmerksam gemacht. Er muss wie Schützenhöfer in den letzten Tagen vor dem Wahlsonntag den Spagat schaffen, die Themen Asyl und Arbeitsplätze auch, aber anders zu besetzen.“ In der Steiermark von sich reden macht einmal mehr ein politisches Fossil: Die KPÖ kann wie die Grünen mit rund sechs Prozent rechnen. Für die NEOS steht es mit etwa vier Prozent Spitz auf Knopf, ob sie den Einzug den Landtag schaffen.