Politik/Inland

Steigende Geburtenrate: Warum bekommt man eigentlich Kinder?

„Ihr Kinderlein kommet“, heißt es in einem bekannten Weihnachtslied. Das passt: Bei keinem anderen Fest im Jahr steht die Familie so sehr im Mittelpunkt wie zu Weihnachten.

Und: Die Kinderlein kommen neuerdings auch wieder. 2016 und 2017 wurden erstmals seit 1998 wieder mehr als zehn Kinder pro 1000 Einwohner geboren. Der neue Trend zum Kind beschränkt sich entgegen verbreiteter Mythen nicht auf Migrantinnen. Während die Anzahl der Kinder pro Frau bei Österreicherinnen seit dem Millennium konstant steigt, sinkt sie bei Nicht-Österreicherinnen ebenso konstant (siehe Grafik).

 

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Aber wer sind nun die neuen Baby-Boomer?

Wir sitzen an einem sonnigen Dezembersamstag im Wohnzimmer von Lena und Jakob in Wien-Hernals, und die Pflegemanagerin und der Grafiker denken über eine große Frage nach. Eine Frage, deren Antwort mit blonden Haaren und ausreichend Spielzeug versorgt mit am Tisch sitzt und auf den Namen Janosch hört: Warum eigentlich Kinder?

„Bauchgefühl“

„Ausschlaggebend war ein Bauchgefühl“, erzählt Jakob. „Es ist nicht so, dass man seine Gene weitergeben muss oder jemanden braucht, der einen pflegt, wenn man alt und klapprig ist.“ Mit der einen Antwort auf die Frage nach dem Warum tut er sich aber schwer: „Ich nehme an, dass das einfach reine Biologie ist, und fertig. Dass das Gehirn irgendwann sagt: jetzt.“

Den Stein ins Rollen gebracht haben für die beiden 34-Jährigen zwei befreundete Paare, die schon Kinder bekommen hatten. „Dadurch haben wir dann auch mehr darüber geredet. Und irgendwann habe ich mir dann gedacht, dass ich es mir langsam auch gut vorstellen könnte“, sagt Lena. Bei Jakob war es nur wenig später soweit.

Immer klar

Ganz ähnlich klingt die Geschichte von Maria und Max. Die Bildhauerin und der Kameramann und Musiker haben zwei Töchter im Alter von sieben und elf Jahren – und auch sie können den einen Grund, warum sie sich dafür entschieden haben, eine Familie zu gründen, nicht benennen. „Es war immer klar, dass wir irgendwann Kinder haben wollen. Dann sind sie gekommen, und dann hat es auch gepasst“, erzählt Max.

 

„Vielleicht hat es etwas damit zu tun, wie die eigene Familie mit dem Thema umgegangen ist“, wirft Maria ein. „Meine Eltern haben immer gesagt, es ist ein wichtiger Teil ihres Lebens, und dass es wahnsinnig schön ist, Kinder zu haben.“ Wegen des tradierten Familiensinns war es für Maria immer selbstverständlich, einmal selbst eine Familie zu gründen.

Aber hat man nie das Gefühl, etwas aufgeben zu müssen? Für das Neue zwangsläufig etwas Altes zurückzulassen?

„Überhaupt nicht, und es hat sich auch gar nicht so viel verändert“, meint Max. Berufliche Situation und Freunde wären dieselben geblieben – nur, dass die Freunde mittlerweile auch Kinder haben. Denn waren es bei Lena und Jakob deren Freunde, die als Katalysatoren für die Familiengründung gewirkt haben, haben Maria und Max ihren Freundeskreis sozusagen angesteckt. „Und jetzt feiern wir Nikolo und haben 15 Kinder da herumrennen“, lacht Max.

Alles anders

Auch Lena und Jakob haben nach wie vor denselben Freundeskreis wie vor Janoschs Geburt. Und auch sie haben nicht das Gefühl, für die Familie etwas aufgegeben zu haben. Geändert hat sich aber, je nach Wahrnehmung, vieles (Jakob) bis alles (Lena). „Bei einem ganz kleinen Kind ändert sich das Leben ganz arg, und zwar schlagartig mit der Geburt“, sagt Lena. „Aber je größer es wird, desto mehr kriegt man vom eigenen Leben wieder zurück, weil es selbstständiger wird und sich auch einmal alleine beschäftigen kann.“

Dem stimmt auch Jakob zu. „Man verdrängt ja alles Negative. Aber ich glaube, so muss es auch sein. Sonst würde die menschliche Rasse aussterben.“