Spindelegger: Druck bei Sauberkeitspaket
Von Daniela Kittner
Das Ansehen der Politik ist an einem Tiefpunkt, die ÖVP steckt in der Skandal-Klemme. Vizekanzler Michael Spindelegger spricht über Auswege aus der Politik-Krise.
KURIER: Herr Vizekanzler, die Regierung hat einen eigenen Putztrupp aufgestellt, um in der Politik sauber zu machen. Warum plötzlich?
Michael Spindelegger: Wir brauchen einen Durchbruch für ein Sauberkeitspaket. Ich möchte nicht mehr länger zuschauen, dass die seit zwei Jahren dauernden Verhandlungen weiter zu nichts führen. Es ist ein Paket nötig, das Lobbying, Provisionsverbot, Parteienfinanzierung und Anti-Korruptionsbestimmungen umfasst.
KURIER: Gibt es einen bestimmten Grund, warum Sie die Minister Mitterlehner und Fekter betraut haben?
Ja. Die Parteienfinanzierung betrifft die Parteien. Mitterlehner und Fekter sind meine Stellvertreter als Parteichef.
Haben Sie sichergestellt, dass die ÖVP-Landesobleute die neuen Gesetze mittragen?
Ich habe mich mit meinen Landesobleuten getroffen und das Thema mit ihnen besprochen. Ich habe das volle Pouvoir, mit der SPÖ zu einem Abschluss über das Paket zu kommen. Das heißt aber auch, dass sich nicht jeder Rosinen herauspicken kann – die Grünen, die unbedingt haben wollen, dass Klub, Partei und Akademie und alles ineinanderfließen. Das wird nicht gehen. Es wird auch nicht gehen, dass SPÖ-Vorfeldorganisationen ausgenommen werden. Und auch Spenden aus dem Ausland müssen deklariert und offengelegt werden, von wem sie stammen. Das wird ein ziemlicher Ruck, aber aufgrund dessen, was da alles aufgekommen ist, wird es nicht anders gehen.
Was von dem, was "aufgekommen" ist, wie Sie sagen, finden Sie am ärgsten?
Am belastendsten finde ich, wenn der Vorwurf nahegelegt wird, dass man sich persönlich bereichert hat. Um es konkret zu sagen: Strasser. Das ist für mich empörend. Da denke ich mir: Kann der nicht genug kriegen? Genau so empört mich, wenn sich jemand durch einen Vertrag persönlich pro Monat Tantiemen zahlen lässt wie der SPÖ-Telekom-sprecher Gartlehner.
Wenn es strengere Gesetze gibt – ist ein Verhaltenskodex für die ÖVP dann noch nötig?
Über das Rechtliche hinaus braucht es bei den Fragen des Anstands für ÖVP-Politiker eine Neuordnung. Es muss klar sein, was man darf und was man nicht darf, wie man mit Einladungen und Interventionen umgeht. Das braucht ein Korsett.
Wird öffentlichen Unternehmen verboten, Parteien zu sponsern?
Wir sollten davon Abstand nehmen, dass es Parteienfinanzierung von Unternehmen im Eigentum des Bundes gibt.
Was ist mit Unternehmen in Landeseigentum?
Das werden wir verhandeln. Aber das sind Details, die nun zu klären sind und nach Möglichkeit rechtlich so geregelt werden, dass es keine Zweifel mehr gibt.
Soll es weiter Wahlkampfmillionen aus öffentlichen Unternehmen geben?
Nein. Das ist völlig undenkbar. Es muss auch eine Schranke für ÖVP-Politiker geben, das gar zu verlangen.
Soll es Strafen für das Verschleiern von Parteispenden geben?
Dafür bin ich offen. Es muss in Zukunft glasklar sein, wie sich eine Partei finanziert. Aber man muss den Parteien künftig auch die Existenz ermöglichen. Letztlich sind sie die Träger der Demokratie. In diesem Zusammenhang bin ich empört über die Grünen, die jede Art von Parteiunterstützung kriminalisieren. Sie insinuieren, jeder gebe Spenden nur aus Geschäftsinteresse. Es gibt aber Leute, die bestimmte Werte in der Politik unterstützen wollen.
Die Opposition verbündet sich gegen die Regierung, der Ton in der Politik ist rau wie selten – wie finden Sie das?
Ich bin entsetzt über die Art des Umgangs miteinander. So, in dieser Dimension habe ich das – und ich bin seit 1992 Parlamentarier und Minister – nie erlebt. Die persönlichen Anwürfe, die Geringschätzung des Mitbewerbers, alle gleich als Gauner hinzustellen, das ist so tief, dass es tiefer nicht mehr geht. Wenn ich daran denke, was mir Bürger schreiben – ich hoffe, dass Anonymus diese Mails veröffentlichen wird, damit man sieht, wie entsetzt die Bürger über das tiefe Niveau in der Politik sind. Dieser schlechte Stil ist mit ein Grund, warum Politik so schlecht ankommt.
Und dann kommen die mit der Augenklappe?
Wollen wir das wirklich? Soll wirklich ein Teil des politischen Systems auf Gruppen übergehen, die nichts anderes über sich sagen können, als dass sie Piraten sind? International bekämpfen wir Piraten, Piraten sind keine Aushängeschilder für die Zukunft.
Sie selbst haben keine Fehler gemacht?
Vielleicht haben wir nicht richtig oder nicht schnell genug gehandelt. Mag sein. Ich kann nicht ungeschehen machen, was da und dort einzelne Personen angerichtet haben. Aber ich kann gewährleisten, dass es künftig eine glasklare, saubere ÖVP gibt – von der Parteienfinanzierung bis zum moralischen Verhalten jedes einzelnen ÖVP-Politikers.