"Wir alle hätten mehr nachfragen können"
Wie steht es nun um die Finanzen des Landes Salzburg? Morgen, Montag, wird die Landesregierung über den Stand der Erhebungen informiert. Eduard Paulus, der mittlerweile suspendierte Leiter der Finanzabteilung des Landes, erklärt im KURIER-Gespräch: „Wir haben jetzt ziemlich sicher sämtliche Derivate und Wertpapiere erhoben und haben einen Wert von mindestens 1,5 Milliarden Euro feststellen können. Was fehlt sind alle Finanzierungen, die Darlehen bei den Banken.“ Zum Vergleich: Salzburg hat ein Jahresbudget von rund 2,4 Milliarden Euro.
Verluste unklar
Wie hoch der Schaden für das Land ist, bleibt noch offen. Paulus rechnet damit, dass Ende dieser Woche Klarheit herrscht. Die Verzögerung habe damit zu tun, dass Computer und Akten von der Korruptionsstaatsanwaltschaft beschlagnahmt worden sind. „Außerdem haben wir bei allen Banken, mit denen wir je Geschäfte gemacht haben, erheben lassen, wo in den vergangenen zwölf Jahren Kredite aufgenommen wurden und wie der Stand der Rückzahlungen ist“, sagt Paulus zum KURIER.
Er bedauert, dass immer noch nicht alles restlos aufgeklärt ist: „Ich verstehe absolut, dass die Bevölkerung dafür kein Verständnis hat. Ich muss zugeben, dass die Optik verheerend ist. Aber man hätte die ganze Angelegenheit wesentlich professioneller managen können und müssen. Statt dessen hat man sich sofort in die Parteipolitik begeben und überlegt, wie man sich jetzt am schnellsten den Posten des Landeshauptmanns sichern kann.“
Seine Suspendierung sei vor allem von seinen Parteikollegen aus der ÖVP forciert worden, meint Paulus: „Herr Haslauer (Salzburgs VP-Chef und Landeshauptmann-Stellvertreter, Anm.) hat schon seit einigen Tagen von Landeshauptfrau Burgstaller meine Suspendierung verlangt. Burgstaller wollte, dass ich freiwillig gehe, was ich abgelehnt habe. Und nun hat man aus parteipolitischen Gründen im ÖVP-Ressort entschieden, dass der Paulus weg muss.“ Eine Suspendierung sei aber nur dann gerechtfertigt, wenn eine schwere Dienstpflichtverletzung vorliege: „Das ist aber nicht der Fall. Man hat überhaupt nicht mit mir geredet.“
Zu wenig Kontrolle
Unterdessen hat Landeshauptfrau Burgstaller im profil eingestanden, dass die Politik nicht kritisch genug war: „Die gesamte Landesregierung hat einiges gewusst – zugegeben immer nur von Gewinnen und angeblich risikoarmen Geschäften, aber wir alle hätten mehr nachfragen können.“ Sie habe auch „gelernt, dass die Kontrollmechanismen und die Informationspflichten an Regierung und Landtag viel zu schwach waren.“ Burgstaller nimmt aber auch die ÖVP in die Pflicht. Es gebe „keinen Anlass, dass jetzt einer auf den anderen zeigt“.
Spekulationsverbot: "Österreich an EU-Spitze"
Unterdessen ist Österreich laut Staatssekretär Reinhold Lopatka drauf und dran, in der EU einen Spitzenplatz einzunehmen: Diesmal geht es um die Lehren, die aus dem Spekulationsskandal gezogen werden sollen. Vorausgesetzt, es findet sich eine Oppositionspartei, die mitgeht, wird es bald ein gesetzliches Spekulationsverbot für alle Gebietskörperschaften geben.
Lopatka (ÖVP), Staatssekretär im Außenministerium und früher Staatssekretär im Finanzressort, hat Österreich mit anderen EU-Ländern bezüglich solcher Verbote verglichen. Ergebnis des Streifzuges: In Deutschland gebe es eine bundesgerichtliche Judikatur, die solche Geschäfte untersage; Frankreich habe seit 2010 einen Verhaltenskodex für Banken, die Gebietskörperschaften keine Kredite mit variablen und damit riskanten Zinsen anbieten dürfen; Regeln gegen riskante Geschäfte gebe es auch in Italien; aber generell fehlten gesetzliche Bestimmungen. „Kommen in Österreich das verfassungsmäßige Spekulationsverbot und die bundesweit einheitlichen Regeln, dann haben wir Standards, die über das hinausgehen, was in anderen Staaten gilt. Das bringt Österreich in der EU an die Spitze, vor allem, was das Spekulationsverbot betrifft.“ Lopatka geht davon aus, dass die Grünen für die notwendige Verfassungsmehrheit zur Verfügung stehen werden.