Politik/Inland

Kärnten ist ein Albtraum für die Steuerzahler

Da war eine Bagage der Sonderklasse am Werk“: Wenn ein für seine Noblesse bekannter Spitzenbanker in Bassena-Sprache verfällt, muss das Entsetzen außergewöhnlich sein.

Ist es auch. In Zahlen ausgedrückt: Die Hypo Kärnten sitzt auf 11,7 Milliarden an faulen Krediten, das ist ein Drittel ihrer Bilanz- und fast die Hälfte ihrer Kreditsumme. Diese unvorstellbare Menge an derzeit uneinbringlichem Geld ist Folge des Systems Jörg Haider. Dieses System ist die Ursache, dass die Steuerzahler kräftig werden blechen müssen.

Es stimmt schon: Dass Bundesländer Haftungen für ihre Hypothekenbanken übernahmen, war üblich. Mit einem Unterschied: Niederösterreich etwa ging Haftungen lediglich bis zur Höhe seiner Jahreseinnahmen ein, Tirol immerhin bis zum Dreifachen. In Kärnten jedoch herrschte schierer Größenwahn: Das Land haftete für mehr als das Zehnfache seiner Jahreseinnahmen (Tabelle). „Kärnten warf unter Haider den Turbo an – bei Tempo, Summen und Fahrlässigkeit“, sagt ein Branchenkenner. Man erkennt das gleiche Muster wie in der Politik: Postenschacher und der eine oder andere Griff in die Kassa sind auch Rot und Schwarz nicht fremd. Aber im Vergleich, wie die FPÖ an der Regierung hauste, lässt sie die Verfehlungen anderer verblassen (siehe Artikel links).

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Das billige Geld, das die Hypo Kärnten mithilfe der Landes-Bonität auf dem Markt einsammelte, blies sie in kurzer Zeit in Form von Krediten wieder hinaus (Grafik). Und zwar ohne gebotene Risiko-Absicherung. „Auf Teufel komm’ raus wurde Geld eingekauft und wieder verkauft“, sagtRolf Holub,grüner Landesrat und Spezialist für das Kärntner Hypo-Desaster.

Parallel zur Bilanzsumme stiegen die Landes-Haftungen, bis die EU diese Praktiken ab April 2007 abstellte. Eilig vor Inkrafttreten des EU-Verbots schoss Kärnten weitere fünf Milliarden nach. „Aus den Protokollen der Regierungssitzungen geht hervor, dass der Anstieg der Haftungen bekannt war“, sagt Holub. „Aber die meisten Politiker haben zugeschaut und waren zu dumm. Sie dachten wohl, da kann nichts passieren.“

Wie wahr. Auch die SPÖ ließ sich vom smarten damaligen Hypo-Generaldirektor blenden. Wolfgang Kulterer kam eigens in den SPÖ-Klub, um zu erzählen, wie toll die Hypo „performte“. Für Haider war das System sowieso perfekt. Er versorgte die Bank mit Haftungen, die bekam dafür billiges Geld, an dem er sich wieder bediente. Als oberster Eigentümervertreter galt Haider in der Bank als „Chef“. Was er sich wünschte, kriegte er.

Im Dezember 2009 dämmerte die Erkenntnis, dass Landes-Haftungen ein eher gefährliches Brauchtum sind: Im Insolvenz-Fall kosten sie nämlich echtes Geld. Haider hatte die Hypo 2007 zwar an die BayernLB verkauft, aber die Haftungen bei Kärnten belassen. Folge: Als Bayern 2009 drohte, die Hypo in die Pleite zu schicken, hätte Kärnten zahlen müssen. Hatte aber kein Geld. Und weil Österreich es seiner Seriosität schuldete, kein Bundesland bankrottgehen zu lassen (wir sind nicht Griechenland), war die Republik erpressbar. Die Bayern hätte die Insolvenz etwa drei Milliarden gekostet, Österreich runde zwanzig. „Wären die Landes-Haftungen nicht gewesen, hätte man die Bank nicht verstaatlichen müssen“, sagt ein Involvierter.

An diesem Dilemma hat sich bis heute nichts geändert. Die Haftungen für die Anleihen hängen bis zum Ablaufdatum 2017 wie ein Damoklesschwert über den Steuerzahlern. Der Großteil der Haftungen erfasst Anleihen, also Geld, das hauptsächlich Fonds und Versicherungen der Hypo für zumeist zehn Jahre borgten. Die Anleger können im Ernstfall ihr Geld von Kärnten zurück verlangen. Derzeit kann die Hypo ablaufende Anleihen selbst bedienen. Zwischen 2013 und 2017 werden jedoch stattliche zehn Milliarden Anleihen fällig. Ob die Hypo diese Summe wird aufbringen können, steht in den Sternen. „Am Ende wird ein Betrag X übrig bleiben. Günstige Schätzungen gehen von vier bis fünf Milliarden aus“, sagt ein Eingeweihter.

Sobald die Bank die Anleger nicht auszahlen kann, werden die Anleger Kärnten zur Kasse bitten. „Und wir werden sie zum Bund schicken“, sagt Holub mit bitterem Humor. Angenehm sei das nicht. „Wir Kärntner werden Abbitte leisten und schön brav sein müssen.“